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Schuldnerschutz bei der Ablösung und Übernahme von Hypotheken

Am 22. November 2007 verabschiedete das spanische Parlament die endgültige Fassung des Reformpakets rund um das spanische Hypothekendarlehen (préstamo hipotecario), welches auf das Gesetzesreformvorhaben vom Spätherbst 2006 zurückgeht1) und während des parlamentarischen Verfahrens zahlreiche Änderungen erfuhr.

Reformpaket zur Modifizierung des spanischen Hypothekenrechts

Das Hypothekenrechtsreformgesetz Nr. 41/2007, vom 7. Dezember, in Kraft seit dem 9. Dezember2), das vor allem die bisherigen hypothekenrechtlichen Bestimmungen selbst, aber auch andere Begleitbestimmungen im steuerlichen und sozialrechtlichen Bereich teilweise weitreichend neu regelt, führt unter anderem komplett neue Verfahrensbestimmungen im Falle der Löschung (cancelación) und Übernahme (subrogación) von hypothekarisch gesicherten Krediten durch andere Banken ein. Auch wird der Anwendungsbereich der sogenannten modifizierenden Novation (novación modificativa) entscheidend zugunsten des Darlehensschuldners erweitert. Grundsätzlich sollen dem Schuldner vor allem kostengünstigere und verfahrenstechnisch vorteilhafte Optionen bei gleichzeitiger Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Bank eingeräumt werden.

Die genannten Änderungen sind auch vor dem Hintergrund eines der erklärten Hauptziele des Reformvorhabens zu sehen, nämlich die spürbare Senkung der mit Hypothekenkrediten im Allgemeinen verbundenen hohen Nebenkosten. Wichtig zu beachten ist, dass sämtliche der reformbedingten Änderungen ausschließlich für Hypotheken zur Anwendung kommen, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes bestellt werden.

Neues Verfahren bei vorzeitiger Tilgung

Gesenkt werden die bisherigen Vertragsstrafen bei vorzeitiger Tilgung (amortización anticipada; in Deutschland vergleichbar mit der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung) von Hypothekenkrediten, das heißt sofern es vor dem Zeitpunkt des vertraglich vereinbarten Darlehensablaufs zur vorzeitigen Ablösung desselben und damit zur Darlehensrückführung kommt. Umfasst werden hierbei sowohl vollständige als auch teilweise Tilgungen.

Die Möglichkeit der vorzeitigen Tilgung des Kreditvertrags oder des Hypothekenkredits steht dem Darlehensnehmer auch dann zu, wenn diese nicht gesondert vereinbart war, wobei das Gesetz diesbezüglich den Fall der reinen Ablösung (cancelación) mit derjenigen der Ablösung aufgrund Übernahme (cancelación subrogatoria) gleichstellt. Das neue Verfahren findet sowohl bei Finanzierungen im wohnungswirtschaftlichen als auch im gewerblichen Bereich Anwendung. Die Hypothekenrechtsreform führt für die genannten Fallgestaltungen ein duales System von Tilgungsprovisionen ein. Zu diesem Zweck wird auch die Gesetzessprache beziehungsweise -technik entscheidend geändert: Zukünftig wird klarstellend nicht mehr von Vertragsstrafen, sondern von Tilgungsprovisionen (compensaciones por amortización anticipada) gesprochen. Die Erhebung anderweitiger Gebührenarten oder sonstiger Abgaben wird diesbezüglich ausdrücklich untersagt. Rechtstechnisch gesehen werden somit die bisherigen Vertragsstrafen als Entschädigungszahlungen ausgestaltet. Nach den neuen eigens geschaffenen Vorschriften gliedert sich der Anspruch der Bank auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gemäß den Regelungen der Art. 7 ff. des HRG in zwei verschiedene Arten auf:

- Tilgungsprovision wegen vorzeitigem Rücktritt vom Darlehensvertrag (compensación por desistimiento) im Sinne einer pauschalen Aufwandsentschädigung für die mit der Kreditgewährung generell verbundenen Aufwendungen. Das Gesetz legt in diesem Zusammenhang allerdings Höchstbeträge beziehungsweise -prozentsätze fest, wobei die Vereinbarung günstigerer oder gleichlautender Konditionen zugunsten des Kreditnehmers stets zulässig und für die Bank dann auch verbindlich ist.

- Tilgungsprovision wegen des sich bei einem vorzeitigen Ablösungsbegehren gegebenenfalls realisierenden Zinsrisikos (compensación por riesgo de tipo de interés). Freigestellt von dieser Art der Tilgungsprovision sind hingegen alle diejenigen Kreditverträge oder Hypothekenkredite, deren vertraglich bestimmter Zinsrevisionszeitraum nicht mehr als zwölf Monate beträgt. Sofern der Bank die Löschung gar zum finanziellen Vorteil im Sinne eines Gewinns gereichen würde, besteht generell kein Anspruch auf Zahlung dieser Art der Tilgungsprovision. Mit anderen Worten: Bei den überwiegenden Hypothekenkrediten auf dem spanischen Finanzmarkt kommt die Tilgungsprovision wegen Zinsausfalls der Bank bereits deswegen nicht zur Anwendung, da regelmäßig kürzere Zinsrevisionszeiträume als zwölf Monate vorgesehen sind. In jedem Fall ist stets erforderlich, dass der Bank durch die vorzeitige Tilgung tatsächlich ein finanzieller Nachteil entsteht. Dies soll allgemein dann der Fall sein, wenn sich eine positive Differenz zwischen der noch nicht zurückbezahlten Darlehensvaluta und dem Marktwert des Kredits zum Ablösungszeitpunkt unter Berücksichtigung des marktabhängigen Zinssatzes in Verbindung mit den vertraglich festgelegten Bestimmungen ergibt.

Die Übernahme (subrogación) des Hypothekenkredits durch andere Kreditinstitute war bisher bereits durch das "Gesetz 2/1994, vom 30. März, bezüglich Übernahme und Modifizierung von Hypothekenkrediten"3) eingeführt worden. In der Praxis war das System bisweilen auslegungsbedürftig, funktionierte aber im Allgemeinen gut. Auch wurde für die Banken bereits 1994 eine Beschränkung der Vorfälligkeitsentschädigung auf maximal ein Prozent festgesetzt.

Weitere Bestimmungen

Die durch das HRG hervorgerufene gesetzliche Neuregulierung schützt vor allem die bisherige Bank, und zwar anhand der Einführung einiger redaktioneller Änderungen des zuvor genannten Gesetzes 2/1994 vom 30. März: Die Änderungen beziehen sich im Wesentlichen auf den Zeitpunkt, in dem die bisherige Bank die sogenannte "oferta vinculante" (verbindliches Angebot) von dem übernahmeinteressierten Bankinstitut erhält und sich "entscheidet"4), das ausstehende Darlehenssaldo mittels Bankzertifikat zu bescheinigen.

Nach der Gesetzesneufassung hat die bisherige Bank nach erfolgter Bescheinigung 15 Tage - gerechnet seit der Zustellung der entsprechenden Aufforderung - Zeit, die Übernahme abzuwenden, indem sie vor dem Notar erscheint und verbindlich ihre Bereitschaft erklärt, dem Darlehensnehmer ein gleich gutes oder ein besseres Angebot zu machen. Während dieses Zeitraums muss allerdings - entgegen der bisherigen Bankenpraxis - keinerlei erneute Kommunikation mit dem Kreditnehmer, das heißt keine weitere "Überzeugungsarbeit" seitens der Bank mehr stattfinden. Vereinzelte Kritiker befürchten nun, dass hiermit unter Umständen die Vorteile einer kostengünstigen Übernahme von hypothekarisch gesicherten Krediten erschwert werden könnte, indem der Kreditnehmer quasi zur diesbezüglichen teureren Variante der Ablösung und Neubestellung der Hypothek gedrängt werde.

Sofern aber die bisherige Bank "gleichzieht" oder sogar ein besseres Angebot unterbreitet, hat der Kreditnehmer zwar in der Tat die mit dem gescheiterten Übernahmeversuch verbundenen höheren Nebenkosten zu tragen, erhält dafür aber im Gegenzug ein Darlehen mit für ihn regelmäßig günstigeren Konditionen. Der hiermit verbundene Kostenaufwand wird sich für den Darlehensnehmer also insgesamt rechnen. Das HRG erweitert entscheidend den Anwendungsbereich der modifizierenden Novation (novación modificativa), die ebenso wie die Übernahme keine vorherige Löschung sowie anschließende Neubestellung des Hypothekenkredites erfordert und somit regelmäßig kostengünstiger ist. Die Gesetzesreform fasst den Begriff der modifizierenden Novation der ursprünglich vereinbarten Finanzierungskonditionen eines bestehenden Kreditverhältnisses nun wesentlich weiter:

Zulässig sind diesbezüglich eine Erweiterung oder Reduzierung des Darlehenskapitals oder die Änderung der Laufzeit, der Zinssätze sowie sämtlicher weiterer Finanzierungskonditionen. Die anfallenden Nebenkosten beschränken sich dann auf die anfallenden Notariats- und Registergebühren, die im Zuge der Reform gleichermaßen spürbar gesenkt werden. Im Zusammenhang mit den zuvor beschriebenen gesetzlichen Neuerungen und Änderungen der Verfahrensarten bei

Ablösung, Übernahme und Novation von Hypothekenkrediten führt der Art. 10 HRG die im Fortgang vereinfacht dargestellten Nebenkostenreduzierungen vor:

- Hypothekenlöschung (cancelación): Die zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung bei einer Hypothekenlöschung (üblich bisher bis zu einem Prozent, obwohl Obergrenze) wird nach mehr als fünf Jahren Laufzeit auf 0,25 Prozent, davor auf 0,5 Prozent gesenkt beziehungsweise begrenzt. Die Löschung einer Standardhypothek von 150 000 Euro würde somit Kosten von 375 Euro, anstatt wie bisher von maximal 1 500 Euro, mit sich bringen.

- Übernahme (subrogación): Bei Übernahme einer Hypothek würden gleichermaßen im günstigsten Fall 0,25 Prozent berechnet respektive - dem obigen Beispiel folgend - eine Vorfälligkeitsentschädigung von nur 375 Euro anfallen. Eine weitergehende Vorfälligkeitsentschädigung wegen Zinsausfalls ist in den vorgenannten Fällen nur bei einem tatsächlich bestehenden finanziellen Nachteil für die Bank zulässig, aber in der Praxis wohl kaum zu erwarten.

- Notariatsgebühren: Diese werden in den beiden vorgenannten Fällen, sowie hinsichtlich der modifizierenden Novation (novación modificativa), grundsätzlich auf einen Pauschalbetrag in Höhe von 30 Euro im Gegensatz zum bisherigen Gebührensystem festgesetzt, nach dem abhängig vom jeweiligen Hypothekenwert ein Minimalbetrag von 90 Euro vorgesehen war.

- Eigentumsregistergebühren: Die bisherige Vergünstigung von 90 Prozent, die zuvor nur bei Übernahme (subrogación) und Novation (novación) einer Hypothek zum Tragen kam, sofern von einem variablen zu einem Festzinssatz gewechselt wurde (im übrigen lag die Reduzierung bei 75 Prozent), kommt nunmehr allgemein und auch im Löschungsfalle zum Tragen und wird zudem auf sämtliche Hypothekenkredite ausgedehnt. Die Vergünstigung beschränkt sich mithin nicht auf den wohnungswirtschaftlichen Bereich. Demzufolge zieht die Löschung der genannten Standardhypothek diesbezüglich 52,50 Euro im Gegensatz zu den bisher zu zahlenden 300 Euro an Registergebühren nach sich.

Sachgerechte Reform

Insgesamt erscheint es sachgerecht, dass das Reformgesetz von 1994 weiter verbessert worden ist. Die Kostenbegrenzung und Möglichkeit der Übernahme war 1994 erstmalig durch die damalige Regierung unter dem Ministerpräsidenten Felipe González eingeführt worden und sollte dem Darlehensnehmer in der seinerzeitigen Hochzinsphase die Möglichkeit an die Hand geben, die Bank zu wechseln. Die jetzige, seit dem 9. Dezember 2007 in Kraft befindliche, weitergehende Reform des spanischen Hypothekenrechts hat anerkennenswerterweise diesen Weg weiter verfolgt und einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der auch der bisherigen Bank einen sachgerechten Schutz zukommen lässt, wenn die Hypothek als unerlässliches Sicherungsinstrument auf dem spanischen Realkreditmarkt nicht an Bedeutung verlieren soll.

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