Immobilien im öffentlichen Interesse

Schwerpunkte der Wohn- und Städtebaupolitik aus Landessicht

Die Anforderungen an die Wohn- und Städtebaupolitik sind stets abhängig von der speziellen Situation der Immobilien- und Wohnungsmärkte in den Bundesländern. Sie gleichen sich jedoch in der Grundsatzaufgabe, eine nachhaltige Bewältigung wirtschaftlicher und demografischer Veränderungsprozesse zu gewährleisten. Und so werden Themen wie Stadtumbau, Innenentwicklung, Energieeffizienz, Sicherung bezahlbaren Wohnraums oder Barrierefreiheit in allen Ländern breit diskutiert.

Vernetztes Agieren der Wohn- und Städtebaupolitik

Vielerorts ist es schwierig, zukunftsfähige Siedlungsstrukturen und stabile Wohnquartiere abzusichern, weil mangelndes Nachfragewachstum und geringe finanzielle Ressourcen die Gestaltungsmöglichkeiten verringern. Aber wenn man die vorhandene planerische Innovationskraft bündelt und mit investivem Engagement und öffentlicher Förderung kombiniert, dann ergeben sich neue Chancen. Es ist Aufgabe der Politik, die hierfür erforderlichen Handlungsmaximen zu benennen und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

Die Zeiten, in denen die öffentliche Hand "Rundum-sorglos-Pakete" vorhalten konnte, sind vorbei. Lebenswerte Städte, starke Gemeinden, attraktive Zentren und Wohnquartiere, mit denen sich die Menschen identifizieren, sind angesichts knapper Kassen nur dann zu gewährleisten, wenn privates und öffentliches Engagement einander zielorientiert ergänzen.

Das setzt allerdings voraus, dass alle Beteiligten über einheitliche Informationen verfügen, und zwar von der Ausgangslage und den Entwicklungsperspektiven über deren Bewertung bis hin zu vereinbarten Entwicklungszielen und koordinierten Maßnahmen. Es setzt auch voraus, dass man miteinander verlässliche Vereinbarungen trifft. Gute Voraussetzungen hierfür bieten kommunale Handlungskonzepte, etwa zum Thema Wohnen, und integrierte Stadtentwicklungskonzepte.

Alle, die an solchen Konzepten mitwirken, verstehen sehr schnell, dass sowohl im Städtebau als auch im Wohnbereich dauerhafte Problemlösungen nur beim gleichzeitigen Blick auf das Einzelgebäude und das gesamte Quartier erreichbar sind, weil die Einzelrentabilität von der Quartiersrentabilität entscheidend beeinflusst wird. Von daher wächst auch die Bereitschaft, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen unmittelbarem Eigennutz und weiterführendem Gesamtnutzen herzustellen.

Einbeziehen aller Beteiligten in die Prozesse

Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die Versorgungsfunktion von Innenstädten aufrechtzuerhalten. Investitionen in den öffentlichen Raum zeigen keine dauerhafte Wirkung, wenn die Grundstückseigentümer und Einzelhändler auf ein ergänzendes finanzielles Engagement in ihre Gebäude verzichten. Strategische Partnerschaften zwischen den Innenstadtakteuren sind dabei ganz zentral: Kommunen, Handel und Gewerbetreibende, Immobilienbesitzer und engagierte Bürger müssen sich bei der Innenstadtentwicklung auf Veränderungsziele verständigen und die erforderlichen Maßnahmen untereinander abstimmen und gemeinsam realisieren.

Informationen, Wissen, Kreativität und Kooperationsbereitschaft werden angesichts der komplexen Zusammenhänge in der Stadtentwicklung, aber auch der Geschwindigkeit, mit der sich die Rahmenbedingungen derzeit ändern, immer wichtiger. Dabei sollte letztlich jede Kommune auch im regionalen Kontext ihren Weg suchen.

Verstetigung privater Investitionstätigkeit

Angesichts der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind wirtschaftliche Impulse durch die öffentliche Hand unverzichtbar. Es hat sich gezeigt, dass Förderangebote im Wohnungs- und Städtebau zu privaten Investitionen anregen und vor allem im mittelständischen Bereich spürbare Wirtschaftseffekte auslösen. So zieht jeder Euro der Wohnraumförderung unmittelbar drei weitere Euro an Bauinvestitionen nach sich, und im Städtebau führt jeder Euro der Förderung zu einem achtmal so hohen privaten Investitionsvolumen.

Aber auch die steuerlichen Rahmenbedingungen sind ein wichtiger Faktor für Investitionsentscheidungen. Deshalb fordern Bauverbände, Wohnungswirtschaft und Experten zu Recht, die degressive AfA wieder einzuführen. Ich unterstütze dieses Anliegen und fühle mich dabei durch die Ergebnisse eines aktuellen Gutachtens bestärkt. Es zeigt eine klare Win-win-Situation auf, wonach die Verkürzung der Abschreibungszeiträume volkswirtschaftliche Wirkungen haben, in deren Folge die steuerlichen Mindereinnahmen kompensiert werden. Unter dem Strich stünde auch für die öffentlichen Haushalte ein positiver Saldo. Für die Wohnpolitik aber ergäbe sich ein wichtiger Gestaltungsspielraum im Spannungsfeld von Bestandserhalt und Ersatzneubau.

Für Standortinitiativen, also Immobilien- und Standortgemeinschaften beziehungsweise Business Improvement Districts, soll das neue Förderangebot des "Verfügungsfonds" den Handlungsspielraum erweitern. In Stadterneuerungsgebieten können die Gemeinden einen solchen Fonds einrichten, der sich je zur Hälfte aus Stadterneuerungsmitteln und aus Eigenmitteln der Standortinitiativen, der Wirtschaft oder aus zusätzlichen Mitteln der Gemeinde speist.

Standortorientierte und nachfragegerechte Förderung

Siedlungsentwicklung und Wohnangebote stehen allerorts auf dem Prüfstand und müssen an veränderte Entwicklungsfaktoren und Nachfragestrukturen angepasst werden. Hierbei gibt es jedoch kein Patentrezept, weil die standortspezifischen Voraussetzungen in einer Region und selbst innerhalb einer Gemeinde sehr unterschiedlich sein können. Wohn- und Städtebaupolitik haben deshalb Förderangebote entwickelt, die es den Gemeinden ermöglichen, die für ihre spezielle Situation angemessenen Entwicklungs- und Verbesserungsschritte zu gehen.

Folgerichtig rückt vielerorts eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bestand in den Mittelpunkt entwicklungsstrategischer Diskussionen. So brauchen etwa vor allem Wohnungsmärkte, die von stagnierender oder sinkender Nachfrage betroffen sind, innovative Kraft für eine qualitative Nachbesserung: Die Wohnungen müssen den Ansprüchen einer alternden Gesellschaft gerecht werden, sie müssen den aktuellen energetischen Anforderungen entsprechen und zusätzlich die gestiegenen Erwartungen der Nutzer berücksichtigen. Auch das Wohnumfeld muss in vielen Stadtquartieren neu gestaltet werden.

Unterstützung der Städte und Gemeinden

Die Städte und Gemeinden müssen diese Anforderungen nicht allein schultern, sondern sie werden dabei in vielfacher Hinsicht unterstützt. So zum Beispiel bei der Innenstadtentwicklung mit gebietsbezogenen Gesamtmaßnahmen über mehrere Jahre hinweg. Nur so ist zu erreichen, dass kein einmaliges Strohfeuer entfacht wird, sondern die Zentren durch ein abgestimmtes Maßnahmenbündel nachhaltig aufgewertet werden. Dies geschieht vor allem im Rahmen des Städtebauförderprogramms "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren". Aber auch weitere Programme wie "Stadtumbau West", "Soziale Stadt" und "Städtebaulicher Denkmalschutz" sind vorhanden.

Die Politik steht in der Verantwortung nicht nur bei sozialen und wirtschaftlichen Fragen, sondern auch beim Thema Energieeinsatz. Wenn man die Energieeffizienz von Wohngebäuden erhöht, dann erschließt man ein großes Potenzial zur Energieeinsparung. Dennoch ist im Einzelfall genau zu prüfen, ob und für welche Bestände eine energetische Modernisierung angezeigt ist.

Das hängt nicht zuletzt auch davon ab, inwieweit aktuelle energetische Qualitäten zur Bestandsverbesserung ausreichen oder ob bei einem Gebäude darüber hinaus umfangreicher Sanierungsbedarf in baulicher und gestalterischer Hinsicht besteht. Möglicherweise sind dann Abriss und Ersatzneubau mit hochenergieeffizienten und zeitgemäßen Ausstattungsstandards wirtschaftlich sinnvoller. Auch in diesem Zusammenhang wären, wie schon angesprochen, verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten ein wichtiger Baustein.

EnEV 2009 erst auswerten vor Standardverschärfung

Problematisch ist eine zusätzliche Verschärfung der energetischen Standards ab 2012 (Energieeinsparverordnung, EnEV, 2012), denn das würde voraussichtlich die Baukosten für Neubau und Bestand erhöhen und damit die wohnungswirtschaftlich notwendigen Investitionen zusätzlich erschweren. Deshalb ist insbesondere die von den wohnungspolitischen Verbänden geforderte Überprüfung der technischen Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit für die nächste Stufe der Energieeinsparverordnung beziehungsweise ihre Zurückstellung bis zu einer Auswertung der EnEV 2009 zu begrüßen.

Wichtige Impulse für ein deutliches Mehr an Energieeffizienz geben die KfW-Förderung und ergänzende Länderangebote, denn die wohnungswirtschaftlichen Investitionsspielräume entsprechen in vielen Fällen nicht den Rentabilitätserwartungen für die Umsetzung der geforderten hohen Standards. Dabei dürfen auch die finanziellen Spielräume von Mietern und Nutzern nicht außer Acht bleiben, also ganz konkret die Höhe von Miete und Nebenkosten nach einer energetischen Modernisierung.

Die föderalen Strukturen in diesen Politikbereichen haben sich im Grundsatz bewährt. Mit Verlagerung der Zuständigkeit für die Wohnraumförderung auf die Länderebene können die Förderziele und Fördervolumen landesspezifisch und bedarfsgerecht festgelegt und umgesetzt werden.

Zur Verstetigung der Förderangebote sollte der Bund über das Jahr 2013 hinaus den Ländern zweckgebundene Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen der Wohnraumförderung zubilligen. Darüber hinaus sollte der Bund seine finanzpolitischen Möglichkeiten zur Ausgestaltung der KfW-Förderprogramme nutzen, diese angemessen ausstatten und die Förderkonditionen bedarfsgerecht und umsetzungsorientiert weiterentwickeln.

Wohn- und Städtebaupolitik als Daueraufgabe

Wohn- und Städtebaupolitik bedingen einander und brauchen eine sinnvolle inhaltliche Koordination. So komplexe Aufgaben wie der Stadtumbau sind nur dann erfolgreich zu meistern, wenn wohnpolitische Maßnahmen in städtebaupolitische Zielvorstellungen eingepasst werden, und städtebauliche Maßnahmen sind nur tragfähig, wenn wohnpolitisches Handeln ihnen nicht zuwider läuft.

Deshalb sind auf Bundesebene verbindliche Aussagen im Städtebaubereich eine wichtige Voraussetzung für koordinierte Entwicklungsplanungen von Ländern und Kommunen. Die in der Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung getroffenen Aussagen zur Wohn- und Städtebaupolitik sind allerdings noch zu vage. Wesentliche Einzelaspekte werden zwar angerissen, aber die damit verbundenen Maßnahmen sind nicht erkennbar. Deshalb müssen die Länder die ihnen wichtigen Handlungs- und Gestaltungsschwerpunkte immer wieder einfordern. Die Wohn- und Städtebaupolitik darf kein verwaistes Politikfeld werden. Sie ist vielmehr ein zentraler wirtschaftlicher und sozialer Faktor, der die Lebenswirklichkeit und das Umfeld der Menschen entscheidend prägt.

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