Bankstrategie

"Wir sehen unsere Beratung eher als Coaching"

Die Pax-Bank wurde 1917 gegründet. Ist das Selbstverständnis von damals noch das heutige? Im Kern ist die Pax-Bank noch das Kreditinstitut, das vor 90 Jahren gegründet wurde. Aber natürlich bestand schon damals der Anspruch einer Entwicklungsfähigkeit. Wir haben 1917 als Selbsthilfeeinrichtung für Priester begonnen. Entsprechend einfach war die Produktpalette, die im Wesentlichen aus Giro- und Sparkonten sowie Immobilienkrediten bestand. In den fünfziger Jahren wurde entschieden, finanzielle Lösungen systematisch auch für die Aufgaben der Kirche anzubieten. Seitdem zählen zum Beispiel Bistümer, Caritas-Einrichtungen und Pfarrgemeinden zur Zielgruppe. Ferner wurde der Kundenkreis auch auf die Mitarbeiter der Katholischen Kirche und der Caritas ausgedehnt. Vor wenigen Jahren erweiterte die Bank ihren Aktionsradius nochmals und bietet heute Produkte an, die der christlichkatholischen Werteorientierung entsprechen. Wir verstehen uns heute als katholische Bank für Christen. Darüber hinaus haben wir uns für Sozialeinrichtungen geöffnet, die auch ohne konfessionellen Auftrag unterwegs sind. "Pax et Pecunia" - wie passt beides zusammen? Marktwirtschaftliches Handeln ist nicht per se unethisch. Denn nicht nur was ich tue, sondern wie ich es tue, ist moralisch zu hinterfragen. Wir sind uns dieses Spannungsverhältnisses durchaus bewusst. Für uns stellt sich das Verhältnis als ein Dreieck dar. P An erster Stelle steht das ökonomische Handeln. Die Pax-Bank ist ein marktwirtschaftlich ausgerichtetes Kreditinstitut. P Das Zweite ist der "kirchliche Auftrag", für die Kirche Geldgeschäfte bereitzustellen, damit diese ihre Aufgaben wahrnehmen kann. P Das Dritte ist das ethische Verhalten, das durchaus in einem Spannungsfeld zum ökonomischen Handeln stehen kann. Aber: Vor dem Handeln steht die Motivation. Wir achten bei unseren Mitarbeitern auf die innere Einheit von unternehmerischer Verantwortung und ethischer Verpflichtung. Daraus entsteht unsere Mission, die wir im Finanz- und Ethikkodex festgeschrieben haben. Demnach ist die Pax-Bank eine Universalbank, bei der neben den Bankgeschäften die Förderung sozialer Belange im Fokus steht. Ein spezielles Geschäftsfeld ist zum Beispiel die Fördermittelberatung für institutionelle Kunden, für die nicht nur die Möglichkeiten staatlicher Unterstützung in Deutschland ausgelotet werden, sondern auch nach EU-Förderungen gesucht wird. Zudem wird sondiert, ob es Spender, Stifter und vermögende Personen oder Institutionen geben mag, die bereit sind, konkrete soziale Projekte finanziell zu unterstützen. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wo die Bank hinsichtlich der Akquisition von Förder- und Spendengeldern mehr tut als andere? In der Regel wird die Kirche bei der Sanierung und Erhaltung von Kirchengebäuden, die von hohem öffentlichem Interesse sind, nicht allein gelassen. Für den Kölner Dom gibt es beispielsweise Unterstützung von den Kommunen, vom Land, vom Bund, von Bürgervereinigungen wie dem Zentralen Dombauverein. Dazu haben wir auch Fördermittel der EU akquirieren können. Und schließlich hat der Dom sich selbst über die Dombaulotterie Mittel organisiert. Unser Ansatz ist, Finanzierungen zu vermeiden oder zu begrenzen, indem zunächst Fördermittel, Spenden und Zuwendungen berücksichtigt werden. Aber wo verdienen Sie dann? Auf die Dauer verdient ein Partner am besten, wenn er die Partnerschaft fair lebt. Der Dom ist nicht nur die bauliche Hülle, sondern dahinter steckt auch ein Vermögensstock, der notwendig ist, um dieses Bauwerk zu unterhalten und dem Domkapitel Handlungsspielraum zu geben. Hier sind ebenfalls Bankgeschäfte nötig. Dabei sind wir Partner und wollen das auch bleiben. Wie weit dürfen Sie gewinnorientiert sein? Wir sind nicht gemeinnützig. Wenn wir im Markt bestehen wollen, müssen wir Gewinne erwirtschaften. Wir dürfen nicht teurer sein als die Wettbewerber, denn unsere Kunden sind nicht weniger preissensibel als andere. Doch nicht nur dem Kunden fühlen wir uns verpflichtet, wir sind es auch den Eigentümern gegenüber. Seit langen Jahren zahlt die Pax-Bank sieben Prozent Dividende. Das ist günstig im Vergleich zu den Wertsteigerungen, die eine als Aktiengesellschaft organisierte Bank oftmals verspricht. Wer sind die Genossen? Die 1 800 Miteigentümer sind sehr heterogen. Zehn große katholische Institutionen, allen voran Bistümer, halten die Mehrheit am Kapital der Bank. Die restlichen Genossen sind viele Privatpersonen, darunter Priester, Ordensgemeinschaften und Kirchengemeinden, aber auch die Organmitglieder der Bank. Das Genossenschaftsgesetz verlangt, dass jeder Genosse genau eine Stimme hat - gleich wie viele Genossenschaftsanteile jeweils gehalten werden. Wie gehen die Eigentümer mit dieser Heterogenität um? In der Tat sitzen bei den Generalversammlungen die Vertreter großer Bistümer mit Privatpersonen an einem Tisch. Dabei sind die Interessen nicht immer gleich gelagert. Gefragt ist gegenseitige Rücksichtnahme. Doch die Eigentümer sind seit neun Jahrzehnten miteinander gut ausgekommen. Welche Geschäfte will und darf die Pax-Bank mit dieser Eigen tümerstruktur nicht machen? Bei den Produkten brauchen wir uns nicht einzuschränken. Die erste Frage ist vielmehr, mit wem möchte die Bank zusammenarbeiten und mit wem nicht. ten uns nicht für jeden hübsch machen. Uns sind Menschen und Institutionen willkommen, die sich - bildlich gesprochen - in den weiten Hallen und Gängen der katholischen Kirche wohlfühlen. Für unsere Zielkunden stellen wir grundsätzlich jedes Produkt bereit. Wir verkaufen Baufinanzierungen und Sparanlagen genauso wie Girokonten und Versicherungen. Aber die Produkte müssen so ausgestaltet sein, dass sie im Einklang mit der christlich-katholischen Werteorientierung stehen, die Menschenwürde nicht verletzen, Freiheits- und Lebensrechte nicht einschränken und nicht die Geschlechtergerechtigkeit infrage stellen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Nachhaltigkeit. Das heißt auf kurzfristige Gewinne ausgerichtete, spekulative Produkte bieten wir ebenso wenig aktiv an, wie Anlagen, deren Rendite sich vom Werteverzehr speist. Wir fördern allerdings Produkte, die soziale oder ökologisch sinnvolle Maßnahmen betreffen, mit denen sich aber dennoch attraktive Renditen für unsere Anleger erzielen lassen. Das sind zum Beispiel Klimaschutzprojekte oder Mikrokredite Welche Rolle spielt die Immobilienfinanzierung im Geschäftsmodell der Pax-Bank? Die Pax-Bank hat einen Geschäftsumfang (der teils in der Bilanz wiederzufinden ist, teils aber auch nicht) von deutlich über vier Milliarden Euro. Davon entfallen rund 20 Prozent auf das Immobiliengeschäft. Das beinhaltet in erster Linie die Immobilienfinanzierung - etwa gleichgewichtig die Finanzierung von Privatimmobilien auf der einen Seite und Sozialimmobilien auf der anderen Seite. Private Baufinanzierungen stellen wir selbst dar, sofern die Zinsbindungsdauer zehn Jahre nicht übersteigt. Was darüber hinaus geht, wird an genossenschaftliche Hypothekenbanken, vor allem die Münchener Hyp, vermittelt. Dies ist allerdings nur ein einstelliger Prozentanteil am gesamten Neugeschäft in der privaten Baufinanzierung der Pax-Bank. Beim Bausparen kooperieren wir mit Schwäbisch Hall, doch spielte dieses Produkt bisher nur eine untergeordnete Rolle. Indem jetzt auch das Bausparen riesterfähig wird, könnte das Produkt eine größere Bedeutung erlangen, weil auch unsere Kunden zunehmend das Wohnen im Eigentum als bewussten Teil ihrer Altersvorsorge entdecken. Zurückhaltung legen wir uns bei der Finanzierung gewerblicher Immobilien auf. Denn wir wollen uns zuerst, gemäß unserem Auftrag, auf unsere kirchliche Klientel konzentrieren. Ganz anders verhält es sich dagegen bei kirchlichen Immobilien. Wenn es um die Restaurierung einer Kirche oder die Modernisierung eines Gemeindezentrums geht, haben wir sicherlich mehr Expertise als nicht-kirchliche Banken. Beispielsweise wissen wir, dass bei der Instandsetzung eines Kirchendachs in der Kreditkalkulation mit einem gewissen Spendenumfang zu rechnen ist. Diese weiche Komponente passt bei vielen Kreditinstituten in kein Produktmodell, erst recht nicht, wenn der Spendenumfang noch gar nicht bekannt ist. Besondere Erfahrung haben wir bei der Finanzierung von Sozialimmobilien. Die Pax-Bank hat deutlich mehr als 100 Krankenhäuser finanziert. Bei den Altenheimen ist die Kundenzahl sogar noch größer. Wir kennen uns mit den Fallpauschalen und Investivkostenanteilen aus. Wichtig ist, diese Kunden, die zumeist gemeinnützige Träger sind, nicht in ihrer Risikofähigkeit zu überfordern. Dieses Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Kunden, vermisse ich gelegentlich bei einigen Instituten. Die Kirche ist einer der größten Immobilienbesitzer. Doch nicht alle Liegenschaften sind effizient bewirtschaftet. Wie können Sie helfen? Neben der Finanzierung ist die Immobilienberatung für institutionelle Kunden seit zwei Jahren ein weiteres Geschäftsfeld der Bank. Die Leistungspalette umfasst dabei sowohl die betriebswirtschaftliche Optimierung der Objekte als auch die Neuausrichtung und Umnutzung von Liegenschaften. Wir verstehen uns allerdings nicht als Makler. Wie viele Beratungsmandate hat die Bank? Derzeit begleiten wir etwa 100 Projekte. Wo liegen die Schwachstellen der kirchlichen Immobilien? Den Begriff "Schwachstellen" verwenden wir nicht so gerne. Wir sprechen lieber von Potenzialen. Zunächst gilt es, zwischen Zweckimmobilien wie Kirchen oder sozialen Einrichtungen auf der einen Seite und gewerblich, wohnwirtschaftlich oder landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften auf der anderen Seite zu unterscheiden. Es muss allerdings betont werden, dass die Optimierung der zweckgebundenen Immobilien ein seit zwei Jahren intensiv diskutiertes Thema in der Kirche ist, doch haben wir es dabei mit einer überschaubaren Fallzahl zu tun und keinesfalls mit einem Massenphänomen. Meistens stellt sich die Frage erst bei oder nach der Fusion von Kirchengemeinden, wenn entschieden werden muss, was aus dem zweiten Gemeindezentrum oder dem zweiten Pfarrheim werden soll. In der Öffentlichkeit wird dann schnell der Verlust bestimmter Leistungen oder Qualitäten befürchtet, nüchtern betrachtet ist es aber eine gesunde Standortoptimierung. Hier gilt es langfristig zu planen, denn schon heute ist bekannt, wie sich die Demografie in Deutschland und in einzelnen Regionen in drei Jahrzehnten entwickelt. Die Weichen können und müssen aber jetzt gestellt werden. Fehlt oftmals die Einsicht in wirtschaftliche Notwenigkeiten? Wir sehen nie eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Unsere Philosophie ist es nicht, auf kirchliche Gruppierungen zuzugehen und ihnen zu sagen, was sie zu tun hätten. Wir halten lediglich ein Beratungsangebot vor, das aber von den Gemeinden abgefragt werden muss. Den Weg können wir nicht vorgeben, aber wir können ihn gemeinsam mit der Kirchengemeinde suchen. Dieser Prozess kann durchaus mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Wir sehen unsere Beratung daher eher als Coaching. Wie viel kostet dieser Service? In diesem Geschäftsbereich steht der Fördergedanke im Vordergrund. Die Beratung ist kein Profitbereich, hier arbeiten wir lediglich zu Selbstkosten. Die Leistungen können allerdings auch nur unsere Kunden in Anspruch nehmen. Letztlich profitiert die Bank davon, dass ein Kunde, der sich von uns gut beraten fühlt, in der Regel auch weitere Geschäfte mit uns tätigt. Bei welchen Objekten besteht der meiste Beratungsbedarf? Wir unterscheiden nicht nach Objekten, sondern sehen Projekte. So gibt es Themen, die sehr viele Immobilien betreffen, wie zum Beispiel die energetische Gebäudesanierung, bei der wir zum Teil nur auf günstige Förderkredite und Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz verweisen. Bei den Fusionen von Gemeinden muss über die Zukunft einiger Gemeindezentren gesprochen werden. In einigen Fällen geht es um Umnutzung, in anderen Fällen um Vermarktung, aber ganz selten sind es Kirchengebäude. Die Schließung von Kirchen ist eher in einzelnen Bistümern ein Thema. Wen empfinden Sie als Wettbewerber der Bank? Wir haben Mitbewerber in den Reihen der anderen Kirchenbanken, anderer Bistümer. Im Privatkundengeschäft stehen wir in Konkurrenz zu den Sparkassen, den Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie zunehmend den Direktbanken. In der Regel besitzt der private Haushalt heute nicht nur eine Bankverbindung. Auch unsere Angebote müssen sich mit allen anderen im Markt messen lassen. Aber wenn wir vergleichbare, wettbewerbsfähige Konditionen offerieren, dann können wir dem Kunden auch vermitteln, dass die Pax-Bank besondere "Mehr-Werte" zu bieten hat. Im institutionellen Geschäft konkurrieren wir nicht zuletzt mit den Großbanken. In letzter Zeit haben wir diese Wettbewerber allerdings im Kreditgeschäft weniger gespürt. Bei den Kapitalanlagen sind die Institute aber nach wie vor gern im Geschäft. Nehmen Sie die Aachener Grundvermögen im Fondsgeschäft als Wettbewerber oder Produktlieferant wahr? Die Aachener Grundvermögen ist eine befreundete "Schwester" im Raum der Katholischen Kirche. Sie ist entwickelt worden, um Immobilienbesitz planvoll und wertorientiert zu verwalten. Der Fonds investiert grundsätzlich nur im Inland, was man vor einigen Jahren bedauert haben mag, inzwischen dürfte sich diese Meinung, insbesondere für gemeinnützige Anleger, wieder geändert haben. Wir arbeiten mit dem Aachener Grundfonds in vielfacher Weise zusammen. Wir beraten zum Beispiel dabei, einzelne Immobilien aus kirchlichem Vermögen zu veräußern, und im Gegenzug Anteile an dem diversifizierten Portfolio des Fonds zu erhalten. Entsprechend den Statuten des Aachener Grundfonds vertreiben wir die Anteile ausschließlich an katholische Einrichtungen. Fühlt sich die Pax-Bank in der Genossenschaftsorganisation gut aufgehoben? Wo kann sie der BVR unterstützen? Der BVR ist Heimat für viele Sonderinstitute, zu denen auch die Kirchenbanken zählen. Insofern hat die Organisation eine jahrzehntelange Erfahrung bei der Berücksichtigung der speziellen Interessen. Entsprechend wohl fühlen wir uns im BVR. Wir wünschen uns, dass die genossenschaftlichen Prinzipien - Subsidiarität und Solidarität - auch in Zukunft im Bundesverband weitergelebt werden, und, dass die punktuelle Besonderheit der Kirchenbanken weiterhin respektiert wird. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im Verband? Der BVR steht heute an einer sehr interessanten Stelle. Die Genossenschaftsorganisation muss sich entscheiden, welchen Weg sie künftig einschlagen will. Die Strukturfrage der genossenschaftlichen Banken manifestiert sich in der Fusion der beiden genossenschaftlichen Zentralbanken WGZ Bank und DZ Bank. Auf der einen Seite finden wir ein sehr klassisches, subsidiäres Geschäftsmodell, in dem die WGZ neben der Union Investment, neben der R+V und neben der Bausparkasse Schwäbisch Hall ihren Platz sucht. Auf der anderen Seite steht die DZ Bank für ein durchaus auch erfolgreiches Konzern-Holding-Modell, das historisch so Einzug in die Genossenschaftswelt gefunden hat. Wir wollen uns stärker dem genossenschaftlichen Gedanken annähern: Also das machen, womit wir uns gut auskennen, ohne zu versuchen, Kopien von dem zu sein, was andere Bankengruppen in ihrem Bereich und aus ihrem Selbstverständnis heraus erfolgreich praktizieren. Die Vergangenheit und die Zukunft der Bankengruppe liegen in der genossenschaftlichen Organisations- und Mitgliederstruktur.

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