Im Blickfeld

Trügerische Sicherheit

Nun ist es also soweit: Zum ersten Mal prognostizieren die Marktforscher von GfK ein Umsatzminus im stationären Einzelhandel. Stark gewachsen war dieser schon lange nicht mehr, jetzt macht sich der Strukturwandel im Handel erstmals negativ für die Ladengeschäfte bemerkbar. Zwar erwarten die Experten für den gesamten Einzelhandel im Jahr 2014 einen nominalen Mehrumsatz von 1,2 Prozent, allerdings wird dieser allein durch den E-Commerce getragen. Für das stationäre Geschäft prognostiziert GfK einen Umsatz von 408 Milliarden Euro - und damit einen Rückgang um ein Prozent.

Ist der gesamte stationäre Einzelhandel also durch das Internet bedroht? Verschiedene Studien belegen den steigenden Einfluss vor allem in Bereichen wie Mode oder Unterhaltungselektronik. Während der Umsatzanteil des E-Commerce dort binnen weniger Jahre auf nahezu ein Drittel ansteigen wird, gelten Produkte wie Lebensmittel und Baumarktartikel als sichere Bank. Hier wird der im E-Commerce erzielte Anteil am Umsatz auch in Zukunft im einstelligen Bereich verharren. Bei Investoren entsprechend gefragt sind deshalb gerade Fachmarktimmobilien, Verbraucher- und Supermärkte, deren Mietern die wachsende Konkurrenz aus dem Netz vergleichsweise wenig auszumachen scheint.

Die Sicherheit, die Investoren hier erkannt zu haben meinen, ist jedoch eine trügerische. Auch Fachmärkte haben nur so lange eine Zukunft, wie die Unternehmenskonzepte ihrer Betreiber zeitgemäß sind und dem Käufer das bieten, was er erwartet. Das zeigt nicht zuletzt die Praktiker-Pleite im vergangenen Jahr. Nur weil diese Konzepte weniger stark vom E-Commerce bedroht sind, bedeutet das nicht, dass sie weniger Innovationen benötigen, um den Kunden zu überzeugen und zu halten.

Die gute Nachricht: Gerade im Bereich Lebensmitteleinzelhandel sind die Händler sehr gut auf den E-Commerce vorbereitet. Sei es mit Online-Bestellservice, Click & Collect-Stationen oder digitalen Assistenzsystemen im Ladengeschäft - den Händlern gelingt es bereits heute, ihre Kunden auch im digitalen Zeitalter abzuholen. Hier haben sie einen großen Vorteil gegenüber den Elektronik- und Textil-Retailern: Letzteren bleibt schlichtweg weniger Zeit, einige werden die Umstellung wohl auch nicht mehr schaffen. Dass sie derzeit so hart vom E-Commerce getroffen werden, liegt daran, dass sie das Internet unterschätzt und viele der Einzelhändler zu spät auf den Online-Trend reagiert haben. Diesen Fehler gilt es nun in anderen Bereichen zu vermeiden.

Für Investoren, die auf Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser, Supermärkte oder Fachmarktimmobilien setzen, bedeutet dies: Neben den klassischen Ankaufkriterien wie Standort, Kaufkraftkennziffern, Dauer des Mietvertrages und Bonität des Mieters sollten sie insbesondere darauf achten, dass die jeweiligen Mieter zukunftsfähige - das heißt E-Commerce-kompatible - Konzepte erarbeitet haben.

Oliver Herrmann, Geschäftsführer, Redos Real Estate GmbH, Hamburg

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