Pfandbriefbanken

Das überarbeitete tschechische Insolvenzrecht

Zum 1. Januar 2008 ist in der Tschechischen Republik das neue Insolvenzgesetz Nr. 182/2006 Slg. über den Vermögensverfall und dessen Lösungsmöglichkeiten (zákon o úpadku a zpu° sobech jeho rcešení) in Kraft getreten und hat das bis dahin bestehende Gesetz Nr. 328/1991 Slg. über den Konkurs und Vergleich (zákon o konkursu a vyrovnání) abgelöst.

Nach dem veralteten Konzept hatten die Gläubiger und der Gläubigerausschuss nur unzureichende Befugnisse. Die Verfügungsbefugnisse und Kompetenzen der Insolvenzgerichte waren viel zu stark ausgeprägt, und die Stellung des Insolvenzverwalters war nur unzureichend geregelt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gegenwärtig noch keine Rechtsprechung zum neuen Insolvenzrecht vorliegt. Es gilt abzuwarten, wie die tschechischen Insolvenzgerichte das neue Gesetz in der Praxis auslegen werden.

Einleitung und Rechtswirkungen des Insolvenzverfahrens

Nach dem neuen wie auch nach dem alten Insolvenzgesetz befindet sich der Schuldner im Vermögensverfall, wenn er zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Neu sind jedoch in diesem Zusammenhang der sogenannte drohende Vermögensverfall und die sogenannte Überschuldung.

Beim drohenden Vermögensverfall sind die Voraussetzungen für die Anmeldung erfüllt, wenn damit zu rechnen ist, dass der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner finanziellen Verbindlichkeiten nicht ordnungsgemäß und termingerecht erfüllen kann. Bei der Überschuldung sind alle Verbindlichkeiten des Schuldners maßgebend, also nicht nur die fälligen Verbindlichkeiten wie bisher.

Nach § 97 Abs. 3 Insolvenzgesetz (InsG) können sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Der Antrag ist gemäß § 97 Abs. 1 InsG beim zuständigen Gericht zu stellen. Zuständig ist nach §§ 9 Abs. 3 lit. s, 84, 85 tsch. ZPO1) das Kreisgericht (krajský soud) am Sitz des Schuldners. Bei drohendem Vermögensverfall "úpadek"2) kann der Antrag nur durch den Schuldner gestellt werden, da ihm zu diesem Zeitpunkt eine bessere Einschätzung der Situation zugeschrieben wird.

Nach der neuen Gesetzeslage hat das Insolvenzgericht gemäß § 101 InsG die Einleitung des Insolvenzverfahrens spätestens zwei Stunden nach Erhalt des Insolvenzantrages im Insolvenzregister zu verkünden. Bis zur Entscheidung über den Vermögensverfall nach § 136 InsG kann das Gericht vorläufige Maßnahmen treffen, etwa einen vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 112 InsG bestimmen oder dem Schuldner nach § 113 InsG Verfügungsverbote auferlegen.

Die Einleitung des Insolvenzverfahrens hat ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe im Insolvenzregister gemäß § 109 z unter anderem zur Folge, dass Forderungen gegen den Schuldner nicht mehr im Wege einer Klage, sondern nur noch im Wege der Forderungsanmeldung durchgesetzt werden können. Zudem kann das Recht auf Befriedigung aus einer Sicherheit, die am Eigentum oder dem übrigen Vermögen des Schuldners besteht, nur unter den in diesem Gesetz bestimmten Voraussetzungen durchgesetzt oder neu erworben werden.

Im Vergleich zur alten Rechtslage, bei der die Rechtswirkungen erst mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Konkurses entfaltet wurden, ist es ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe im Insolvenzregister nun zum Beispiel nicht mehr möglich, in das Eigentum des Schuldners zu vollstrecken oder ein Pfandrecht an diesem zu begründen.

Einfluss des Insolvenzverfahrens auf Pfandbriefinhaber

Gemäß § 250 InsG wird die Forderung mit der Eröffnung des Konkursverfahrens fällig, und der Inhaber des Hypothekenpfandbriefs wird gemäß § 375 InsG aus der Hypothekenmasse gesondert befriedigt. Die mit der Verwaltung und Verwertung der Hypothekenmasse verbundenen Aufwendungen werden bevorzugt befriedigt, die Eigentümer der Hypothekenpfandbriefe erst nach der Verwertung der Hypothekenmasse.

Ist eine vollständige Befriedigung nicht möglich, werden die verbleibenden Beträge zu den sonstigen Forderungen hinzugenommen. Gemäß § 57 InsG müssen die Gläubiger, die Hypothekenpfandbriefe besitzen, im Gläubigerausschuss vertreten sein. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die Hypothekenmasse nur für solche Gläubiger eingerichtet wird, die Hypothekenpfandbriefe besitzen, die aufgrund des tschechischen Gesetzes über Schuldverschreibungen ausgegeben wurden. Für ausländische Hypothekenpfandbriefe gilt das Verfahren nicht.

Stellung der Gläubiger

Die Stellung der Gläubiger im neuen Insolvenzrecht hat sich im Vergleich zu der bis zum 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage deutlich verbessert.

- Aussonderungsberechtigte Gläubiger: Ein Gläubiger, der wegen eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass ein Gegenstand nicht zur Konkursmasse gehört, kann innerhalb von 30 Tagen nach Benachrichtigung über die vom Insolvenzverwalter aufzustellende Vermögensübersicht (soupis majetkové podstaty) im Klageweg den Ausschluss (vylouccení) des Gegenstandes aus der Masse bei der Verteilung (rozvrh) der Konkursmasse nach § 255 InsG beziehungsweise nach altem Recht nach §§ 19 Abs. 2, 31 ZKV verlangen.

- Gesicherte Gläubiger: Gesicherte Gläubiger, die durch ein Pfandrecht, ein Zurückbehaltungsrecht, eine noch wirksame Immobiliarverfügungsbeschränkung3), eine Sicherungsübereignung, ein ausländisches Recht oder eine sicherungsweise Abtretung von Forderungen oder sonstigen Rechten gesichert sind, haben lediglich ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Sicherungsgegenstand nach §§ 2 lit. g, 298 Abs. 1 InsG. Überraschend ist, dass das sogenannte Unterpfandrecht hier nicht erfasst ist.

Das neue Insolvenzgesetz gewährt nach § 167 Abs. 1 InsG den gesicherten Gläubigern die nahezu 100-prozentige abgesonderte Befriedigung aus dem Sicherungsgegenstand. Die Rangfolge der Gläubiger richtet sich nach dem Prioritätsprinzip, sofern die Sicherungsnehmer nichts Abweichendes vereinbaren. Die Sicherheit geht mit Verwertung des Sicherungsgegenstandes nach § 299 Abs. 1, 2 InsG unter. Bei der Antragstellung müssen die Gläubiger beachten, dass sie keine überhöhte Forderung angeben, da sie sich sonst nach § 178 InsG schadensersatzpflichtig machen.

Eine Bank, die zur Sicherung eines Darlehens ein Grundpfandrecht wie zum Beispiel eine Hypothek oder eine Grundschuld an einer Sache hat und gegen den Schuldner im Rahmen des Insolvenzverfahrens vorgehen möchte, weil der Schuldner sein Darlehen nicht vertragsgemäß beglichen hat, kann einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen oder ihre Forderung im Sinne des InsG anmelden. Die Bank ist dann im Insolvenzverfahren als sogenannter gesicherter Gläubiger anzusehen. Bei der Veräußerung der Sache ist neuerdings auch der Insolvenzverwalter an die Weisungen des gesicherten Gläubigers gebunden.

Bei der Frage, inwiefern über den Emittenten des Hypothekenpfandbriefs ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden kann, muss zwischen einer inländischen4) und einer ausländischen5) Hypothekenbank unterschieden werden. Ebenso muss zwischen inländischen und ausländischen Banken unterschieden werden, wenn über den Inhaber des Hypothekenpfandbriefes ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Hypothekenpfandbrief

Eine Bank mit Sitz in der tschechischen Republik kann, nachdem sie von der Tschechischen Nationalbank die Lizenz dazu erhalten hat, Hypothekenpfandbriefe ausstellen. Eine Regelung bezüglich der Befriedigung der Pfandbriefgläubiger enthält nunmehr § 375 Abs. 2 InsG. Für den Fall, dass die tschechische Bank insolvent ist, werden ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung sowohl alle Forderungen gegen die Bank - auch Pfandbriefe - als auch alle Forderungen der Bank gegen andere Parteien fällig.

Hinsichtlich der Hypothekenpfandbriefe sind diesbezüglich zwei Konstellationen zu unterscheiden: Im Fall der Insolvenz der emittierenden Bank entstehen gemäß § 375 II InsG grundsätzlich zwei verschiedene Insolvenzmassen. Die in den Deckungsregistern eingetragenen Deckungswerte sind in diesem Fall nämlich nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen, sondern werden von einem vom Gericht zu ernennenden Sachwalter als Sondervermögen zur vorrangigen Befriedigung der Pfandbriefgläubiger verwaltet. Damit wird insbesondere das Befriedigungsrecht der Pfandbriefgläubiger uneingeschränkt fortgeführt.

Die Gläubiger eines Hypothekenpfandbriefes können sich daher aus dem Erlös der Deckungsmasse jederzeit befriedigen. Werden sie durch den Erlös voll befriedigt, fließt der darüber hinausgehende Betrag in die Insolvenzmasse über und wird zur Befriedigung der anderen Forderungen verwendet. Reicht der Erlös aus der Deckungsmasse nicht aus, um alle Forderungen der Gläubiger der Hypothekenpfandbriefe zu befriedigen, so werden sie anteilig beglichen. An einem etwaigen Insolvenzverfahren über das übrige Vermögen der Pfandbriefbank können die Pfandbriefgläubiger nur insoweit teilnehmen, als sie im Rahmen des Insolvenzverfahrens über die Deckungsmasse nicht befriedigt wurden. Der nicht befriedigte Teil der Forderungen reiht sich dann unter die anderen Forderungen im Insolvenzverfahren ein.

Von dieser Konstellation ist der Fall zu unterscheiden, dass nicht die Bank, sondern der Darlehensschuldner insolvent ist. Hat der Darlehensschuldner seinen Kredit zum Beispiel durch zwei Banken abgesichert, von denen eine einen Hypothekenpfandbrief emittiert hat, und geht der Darlehensschuldner insolvent, so können sich die beiden Banken gleichrangig als gesicherte Gläubiger befriedigen, soweit deren Darlehen durch

Grundpfandrechte gesichert wurden und diese gleichrangig sind. Das Bestehen des Hypothekenpfandbriefes hat in diesem Verhältnis auf die Gläubigerstellung der Bank keine Auswirkung. Im Zweifel entscheidet hierüber jedoch die zwischen den Banken bestehende Konsortialvereinbarung.

An dieser Stelle ist zudem darauf hinzuweisen, dass in dem Hypothekenpfandbrief auch ausländische Forderungen aus dem Gebiet der Europäischen Union nach § 28 Abs. 2, 3 des Gesetzes über Schuldverschreibungen6) verzeichnet werden können. Das bedeutet, dass Hypothekennehmer bei einem "tschechischen" Hypothekar auch aus Deutschland kommen können. Wird über den Emittenten in Tschechien das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist das tschechische Gesetz als streitentscheidende Gesetzgebung maßgeblich.

Über eine ausländische Bank ohne Sitz in Tschechien kann hier das Insolvenzverfahren nicht eröffnet werden. Es muss vielmehr ein Antrag auf Insolvenzeröffnung in dem Mitgliedsstaat gestellt werden, in dem die Bank den Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit hat.

Wird ein Insolvenzverfahren über einen Schuldner eröffnet, der Inhaber eines Hypothekenpfandbriefes ist, so geht der Hypothekenpfandbrief als Teil des Vermögens des Schuldners in die Insolvenzmasse über. Hier gilt wiederum, dass über eine ausländische Bank, die Inhaber eines Hypothekenpfandbriefs ist, kein Insolvenzverfahren in Tschechien eröffnet werden kann.

Die Mietparteien im Insolvenzverfahren

Wird über den Mieter das Insolvenzverfahren eröffnet, ist der Vermieter als Massegläubiger anzusehen. Die Mietzinsforderung kann damit nach der gerichtlichen Entscheidung über den Vermögensverfall jederzeit direkt geltend gemacht werden und muss in voller Höhe befriedigt werden. Nach der Entscheidung über den Vermögensverfall ist es nicht möglich, den Mietvertrag wegen Zahlungsverzugs oder der Verschlechterung der Vermögenssituation des Schuldners zu kündigen oder von diesem zurückzutreten.

Ist der Schuldner Vermieter und der Gläubiger Mieter, nimmt der Insolvenzverwalter die Stellung des Schuldners als Vermieter im Insolvenzverfahren ein. Gemäß § 256 InsG ist der Insolvenzverwalter berechtigt, für die jeweilige Partei, deren Stellung er einnimmt, das Mietverhältnis zu kündigen. Dies gilt auch dann, wenn das Mietverhältnis für eine bestimmte Zeit eingegangen wurde. Kündigt er das Mietverhältnis als Insolvenzverwalter des Vermieters, so kann der Mieter gegen die Kündigung einen Antrag auf Aufhebung stellen, wenn er durch die vorzeitige Kündigung unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.

Dafür muss er innerhalb von 15 Tagen nach Zustellung der Kündigung einen Antrag auf Aufhebung der Kündigung an das Gericht stellen. Sofern keiner von beiden eine Kündigung des Mietverhältnisses beantragt, läuft dieses weiter. Damit hat das Insolvenzverfahren auf das Mietverhältnis als solches keinen Einfluss, außer dass auf einer Seite der Insolvenzverwalter, sofern einer vom Insolvenzgericht bestellt worden ist, die Geschäfte und Verrichtungen übernimmt.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen neben die anderen Forderungen als gleichrangige Forderung ohne gesonderten Charakter einreihen. Tritt der Vermieter seine Mietansprüche an die Bank zur Sicherheit ab, so genießt die Bank als gesicherter Gläubiger eine bevorzugte Befriedigung.

Großer Schritt Richtung Europa

Das Insolvenzrecht ist nun umfangreicher, was die gesetzlichen Regelungen betrifft. Dies stellt sich als positiv im Vergleich zur vorherigen Gesetzeslage heraus, da man nun nicht mehr unbedingt Insolvenzvorschriften in anderen Spezialvorschriften suchen muss. Hinsichtlich der Gläubiger des Hypothekenpfandbriefes und der gesicherten Gläubiger ist im Zusammenhang mit dem neuen Insolvenzrecht festzuhalten, dass sich die Position des Gläubigers im Vergleich zur vorherigen Gesetzeslage erheblich verbessert hat. Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass durch das neue Insolvenzgesetz die Tschechische Republik einen großen Schritt in die Richtung eines modernen und europagerechten Insolvenzrechts gemacht hat.

Dr. Ernst Giese , Rechtsanwalt und Partner, Giese & Partner
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