Hypothekenprocessing

Wunsch und Wirklichkeit automatisierte Kreditvergabe

Kreditinstitute haben einen erheblichen Nachholbedarf bei der IT-Geschäftsprozessoptimierung. So könnte man die Studie des Analysten Capgemini aus dem Jahr 2009 auf den Punkt bringen, bei der im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 165 Entscheidungsträger in Privatbanken, Direktbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen online befragt wurden.

Mehr als 60 Prozent der Befragten gaben an, für die Geschäftsprozessoptimierung per IT ein Budget von über einer Million Euro einzusetzen. Dabei handelt es sich nicht um einfache Organisationsberatungsprojekte, wie die vergleichsweise hohen Zahlen veranschaulichen, sondern um größere Implementierungsvorhaben.

Während die Verantwortlichen der Geschäftsprozessoptimierung einen hohen Stellenwert beimaßen, erklärte sich nicht einmal ein Viertel der Befragten (23 Prozent) in den Kreditinstituten mit der IT-Unterstützung als sehr zufrieden. 33 Prozent beklagten eine fehlende effektive Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereich. Und 25 Prozent gaben zu, dass die Datenqualität im eigenen Kreditinstitut eine Baustelle sei - entweder aufgrund fehlerhafter oder fehlender Daten.

Schnelligkeit und Transparenz gefordert

Bei der Automatisierung der Geschäftsprozesse in den Kreditinstituten besteht nach oben hin offensichtlich noch Luft. Der Zwang zur Automatisierung wird auch durch die internationalen Regularien wie etwa Basel II und Basel III verschärft. Basel II bezog erstmals das operationelle Risiko in das Kalkül mit ein, also jenes Risiko direkter oder indirekter Verluste, die sich durch unzulängliche oder ausfallende interne Verfahren, Mitarbeiter und Systeme ergeben. Das neue Regelwerk Basel III sieht eine weitere Verschärfung der Bestimmungen vor.

Beispiel Realkreditvergabe: Hier stehen die Kreditinstitute vor der Herausforderung, die entsprechenden Vergabeprozesse möglichst schnell, einfach, transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Eine Möglichkeit, Geschäftsabläufe zu straffen und zu optimieren, bieten Software-Lösungen. Insbesondere im Kleindarlehensgeschäft sollten Sachbearbeiter und Kundenberater mit wenigen Mausklicks eine zuverlässige und belastbare Aussage über den Markt- und Beleihungswert einer bestimmten Immobilie machen können. Auf diese Weise wissen die Kundenberater bereits im ersten Kundengespräch, ob für den gewünschten Kredit ausreichende Sicherheit besteht.

Worauf müssen die Banken bei dem Einsatz einer solchen Software achten? Ganz wichtig ist die Anwenderorientierung der Lösung. Viele gute und funktionale Softwaretools sind im Einsatz in Unternehmen und Institutionen daran gescheitert, dass sie für die Zielgruppe zu kompliziert aufgebaut waren, zu viel Fachkenntnis in der Bedienung erforderten und infolgedessen von den Anwendern ignoriert wurden. Die Anwendung muss selbsterklärend sein, auf "Fachchinesisch" verzichten; Eingabefehler müssen durch Plausibilitätskontrollen verhindert und ausgeschlossen werden.

Schnelligkeit ist das A und O - und Zuverlässigkeit in der Übermittlung. Natürlich soll darunter nicht die Zuverlässigkeit der Daten leiden; schließlich soll die Arbeit des Kundenberaters gegenüber der bankinternen Marktfolge und etwaigen Revisionen durch Wirtschaftsprüfer Bestand haben. Mindestens ebenso entscheidend wie die Erfahrungen des Soft-ware-Anbieters in Sachen Technik ist das Know-how auf dem Gebiet der Immobilienbewertung. Je größer die Expertise des Anbieters und je größer der Bestand an fundierten Marktdaten, desto sicherer ist ein solches System. Anbieter entsprechender Anwendungen geben Aufschluss über die Herkunft ihrer Daten. Mit den Anwendungen lassen sich einzelne Objekte, aber auch ganze Immobilienportfolios bewerten.

Warum Zertifizierung?

Eine Zertifizierung der Software durch Wirtschaftsprüfer gibt den Anwendern zusätzliche Revisionssicherheit und beschleunigt etwaige Prüfungsverfahren. Für die Wirtschaftsprüfer bedeutet eine zertifizierte Software Arbeitserleichterung. Und die Anwender haben den Vorteil, mit einem Instrument zu arbeiten, das ihnen neben der Kreditsicherheit auch Sicherheit bei den anstehenden Jahresabschlussprüfungen bietet.

Bei einem Zerfizierungsverfahren prüft der Zertifizierer, meist eine Wirtschafsprüfungsgesellschaft, das System auf "Herz und Nieren", in diesem Fall auf Vollständigkeit, Richtigkeit, Zeitgerechtheit, Nachvollziehbarkeit und Unveränderbarkeit. Weitere Schwerpunkte der Prüfung sind die Verarbeitungsfunktionen, die Software-Sicherheit, die Dokumentation und die Entsprechung zu den maßgeblichen Regularien (BelWertV, SolvV et cetera).

Die Deutsche Bausparkasse Badenia setzt beispielsweise das von der DGR-Wirtschaftsprüfung zertifizierte Sprengnet-ter-Tool Ten-2-click ein, das komplett in die Kreditbearbeitungssoftware der Bausparkasse integriert worden ist. Über die Integration der Anwendung wird das Risiko doppelter Datensätze vermieden. Die Bausparkasse führt mit der Software über 40000 Immobilienbewertungen

pro Jahr durch. Sie nutzt das System bereits seit 2007. Der Aspekt Prozessoptimierung, der im Fokus steht, drückt sich auch in den hohen Anforderungen der Service Level Agreements (SLA) aus: So fordert beispielsweise eine große deutsche Direktbank eine 99,9-prozentige Verfügbarkeit der in zwei Rechenzentren betriebenen Anwendung und ein Ergebnis in spätestens fünf Sekunden Reaktionszeit. Bei der Badenia setzen rund 300 Innendienst- und Vertriebsmitarbeiter die Software ein. Die Ausweitung über diesen Kreis hinaus ist geplant, wird aber die Stabilität der Prozesse nicht beeinträchtigen.

Objektbesichtigungen trotz niedriger Margen

Gerade für überregional tätige Banken und Universalbanken sind Objektbesichtigungen eine häufige Herausforderung bei der Realkreditvergabe. In manchen Fällen - dann, wenn es sich zum Beispiel nicht um Standardimmobilien handelt - ist es unumgänglich, sich den Zustand des Objekts anzusehen. Für Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die regional verankert sind, ist das kein Problem.

Wenn jedoch der Kundenberater in München sitzt, sich das Kaufobjekt aber in Leipzig befindet, ist das bei vergleichsweise niedrigen Durchschnittsmargen von oft knapp 2 000 Euro für einen Realkredit keine einfache Aufgabe. Zwar erledigen örtliche Dienstleister diese Aufgabe, doch muss der Kundenberater prüfen, ob der Dienstleister den Anforderungen genügt und ob er bereit ist, die Objektbesichtigung zu einem nicht allzu hohen Preis vorzunehmen.

Eine gute Immobilienbewertungsanwendung sollte daher die Möglichkeit zu Objektbesichtigungen anbieten. Für den Anwender ergeben sich damit Kosten- und Zeitvorteile: Als online-basierte und per Schnittstelle in die Bewertungssoftware integrierte Portallösung bietet sie den Kreditinstituten eine automatisierte Auftragserledigung, Informationen über den Status der Auftragsbearbeitung, Fotos, Protokolle und Wertplausibilisierungen sowie die Sicherheit, geeignete Personen zu einem vorher vereinbarten Fixpreis einzusetzen. Auch der Service-Level lässt sich vorher zwischen dem Dienstleister und dem Kunden vereinbaren. In einem solchen Fall trägt also die Integration von Dienstleistungen rund um Objektbesichtigungen zur weiteren Automatisierung der Geschäftsprozesse bei der Realkreditvergabe bei.

Gerade wenn es gilt, ganze Immobilienportfolios zu betrachten und zu bewerten, können entsprechende Anwendungen entscheidende Hilfestellung leisten. Bei der Beurteilung des Beleihungsrisikos spielt der Standort der jeweiligen Immobilien eine zentrale Rolle - vor allem die Frage, wie sich der Standort in Zukunft aller Voraussicht nach entwickeln wird. Hier hilft das La-gescoring-Verfahren den Anwendern in Kreditinstituten weiter.

Wie bei einem normalen Scoring werden je nach Standort der Immobilie Punkte vergeben. Je höher die Punktzahl, desto besser wird sich der Standort entwickeln und desto niedriger ist das Besicherungsrisiko. Auch in diesem Fall hängt alles von der Qualität der zur Verfügung stehenden Daten ab - sowohl der amtlichen Kommunaldaten, die Auskunft über die wirtschaftlichen und soziodemografischen Perspektiven einer bestimmten Region geben, als auch der immobilienmarktspezifischen Kennzahlen.

Beim Lagescoring von Sprengnetter handelt es sich um Kennzahlen, die auf sogenannten Transaktionsdaten beruhen, also auf Kaufpreisauswertungen von mehreren Tausend Objektbesichtigungen pro Jahr. Die seit 30 Jahren bestehende Datengrundlage wird monatlich aktualisiert, sodass die Anwender immer à jour sind.

Idealerweise ist das Lagescoring-Verfahren in das Monitoring der Kreditinstitute integriert und zeichnet sich wie die Immobilienbewertungssoftware durch Schlankheit und Anwenderorientierung aus. Das Verfahren kann als weichenstellend angesehen werden, da es mit relativ niedrigem Aufwand Kreditausfallrisiken minimiert, den subjektiven Faktor bei der Kreditvergabe beseitigt und damit auch den Kreditbearbeitern Rechtssicherheit verschafft. Aufgrund seiner Schnelligkeit ist das Verfahren auch zur Beurteilung ganzer Immobilienportfolios geeignet.

Klares Anforderungsprofil

"Das Bessere ist der Feind des Guten", schrieb Voltaire. Für Kreditinstitute lassen sich Optimierungen in Realkreditvergabeprozessen relativ einfach erreichen. Die Vorteile sind straffere Prozesse, niedrigere Kosten, geringere Ausfallrisiken und mehr Sicherheit für die Nutzer. Die Voraussetzung ist ein klares Verständnis, welches Anforderungsprofil die Soft-ware-Lösungen erfüllen müssen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X