Schwerpunkt Alternative Finanzierungen

Die Zukunft des gewerblichen Immobilienfinanzierungsmarkts

Der gewerbliche Immobilienfinanzierungsmarkt befindet sich in einem systemischen Wandel. Die Landschaft der möglichen Finanzierungspartner ändert sich. Neben dem bekannten Rückzug ausländischer Banken vom deutschen Markt und dem Wegfall einiger deutscher Adressen tätigen seit rund zwei Jahren auch (wieder) Versicherungen und Versorgungswerke gewerbliches Immobilienfinanzierungsgeschäft. Als Vorreiter dieser Gruppe lassen sich die Allianz sowie als zweiten Anbieter die Bayerische Versorgungskammer benennen. Die Allianz konnte mit der Finanzierung der Deutsche-Bank-Türme in Frankfurt am Main sowie mit der Finanzierung des Centro Oberhausen bereits größere Meilensteine als First Mover setzen. Letztere Finanzierung war umso bemerkenswerter, da sich erstmalig Banken (Aareal Bank und Helaba) mit einer Versicherung zu einem Finanzierungskonsortium zusammengetan haben.

Diese Kombination wird in den nächsten Jahren noch öfter zu sehen sein, denn sie verbindet die Stärken beider Kreditgebergruppen: Die Versicherer oder Versorger können - auch langfristig zugesagt - hohe Summen an Fremdkapital bereitstellen. So lag der Anteil der Allianz bei der Finanzierung des Centro bei 325 Millionen Euro - die Hälfte des ausgereichten Darlehens. Die Banken wiederum können sich mit passenden eigenen Tranchen engagieren und bieten, sofern dies nicht in-house durch die andere Seite abgedeckt wird, eine entsprechende Kompetenz- und Abwicklungsplattform und letztendlich auch Zugang zum Geschäft durch ihr Niederlassungsnetzwerk.

Kreditfonds als neues Lösungsmodell?

Ist das vorgenannte Modell beziehungsweise die direkte Kreditvergabe durch die institutionelle Adresse nun passend und ein Zukunftsmodell für die gesamte Branche der deutschen Assekuranz? Eher nein, denn die meisten dieser Adressen verfügen weder über entsprechende Teams zur Abwicklung des Finanzierungsgeschäfts noch macht es für diese unter dem Gesichtspunkt der Vermögensallokation und dem damit verbundenen maximalen Finanzierungsvolumen Sinn, dies eigenständig aufzubauen.

Eine Lösung können für diese Adressen die Kreditfonds, wie zum Beispiel der von der Münchener iii-Investments konzipierte Spezialfonds, sein, welche als Kapitalsammelstelle das notwendige Management übernehmen und über die auch kleinere Kapitaltranchen potenzieller Investoren diversifiziert in Fremdkapital investiert werden können. Hier befinden sich Fonds von weiteren Adressen wie Lasalle oder AEW in Planung. Eine echte Finanzierung unter Beteiligung einer der neuen Seniordarlehensfonds konnte bisher nicht vermeldet werden. Die Vorteile aus Sicht der Versicherer und Versorger, sich im Finanzierungsgeschäft zu engagieren, liegen auf der Hand: Die neuen Kapitalunterlegungsvorschriften nach Solvency II machen das indirekte Immobilieninvestment durch Fremdkapital interessanter als das Direktinvestment. Je nach Art des vergebenen Darlehens muss dieses mit deutlich weniger Eigenkapital unterlegt werden (in der Spitze etwa zehn bis 15 Prozent) als bei direkten Investments mit den geforderten 25 Prozent.

Welche Hürden gibt es unter anderem für die Kreditfonds? Die notwendige Banklizenz und der Zugang zu qualitativ passendem Finanzierungsgeschäft. Beides kann auch hier in der Zusammenarbeit mit Banken gelöst werden: Der Fonds stellt der Bank das Kapital zur Verfügung und diese beteiligt sich anteilig mit eigenem Geld, liefert zuerst die Akquisition des Deals und stellt in erster Linie die Abwicklung und das Management/Reporting über die Darlehenslaufzeit dar.

Objektauswahl nach klassischem Muster

Was suchen die "neuen" Finanzierer? Von diesen ist oft die Aussage zu hören: "Wir finanzieren nur das, was wir auch kaufen würden", also für institutionelle Investoren wie Versicherer und Versorger als Kreditgeber in erster Linie Core-Immobilien an den Top-7-Standorten. B-Lagen, auch bei guter Mikrolage, bleiben in der Regel außen vor. Es werden hauptsächlich Büro, Einzelhandel und Wohnimmobilien finanziert. Komplexere Finanzierungsthemen wie Betreiberimmobilien (Hotel, Pflegeheime) oder Studentenapartments werden von den neuen Finanzierern derzeit nicht unterstützt. Dies bezieht sich auch auf die Kreditfonds, welche sich auf die Erstrangfinanzierungen fokussieren. Auch managementintensive Assets wie Wohnportfolios mit erhöhtem Leerstand und Capex-Themen werden von den neuen Geldgebern ungern finanziert.

Welche Qualität haben die Immobilienportfolios, die zur Refinanzierung anstehen? Diese sind in der Regel nicht Core oder Core-Plus, nicht nur an den Top-7-Standorten oder in Großstädten gelegen und haben teilweise erheblichen Managementbedarf oder erhöhte Leerstandsquoten. Deshalb finanzieren Versicherer, Versorgungswerke oder Senior-Darlehensfonds auch in diesen Fällen nur ungern oder gar nicht.

Wie nachhaltig wird das Engagement der institutionellen Adressen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung sein? Bereits Ende der achtziger Jahre waren die Versicherer ein gern und oft gesehener Anbieter von Immobilienfinanzierungen, bis diese von den Banken durch entsprechend geringe Margen und deren Bereitschaft zu höheren Finanzierungsrisiken wieder verdrängt wurden. Die Risiken wurden mittels Verbriefung aus der Bankbilanz gehoben, womit auch die Möglichkeit deutlich höherer Finanzierungsausläufe gegeben war. Diese Preise und Risiken sind die in der gewerblichen Immobilienfinanzierung aktiven institutionellen Investoren auch heute noch nicht bereit zu tragen.

Aufgrund der Marktverwerfungen in den letzten vier Jahren passen die Parameter nun übereinander. Durch die regulatorischen Anreize und das aktuell nach wie vor niedrige Zinsniveau beschäftigen sich weitere Versicherer und Versorgungswerke mit dem Thema gewerbliche Immobilienfinanzierung, sodass die Anzahl der Anbieter in den nächsten zwölf bis 18 Monaten steigen wird und so zu einer Angebotsverbreiterung im konservativen, klassischen Finanzierungssegment führen wird.

Es überrascht hierbei nur auf den ersten Blick, dass sowohl in USA als auch in Großbritannien dieser Markt deutlich weiter entwickelt ist und die institutionellen Anleger dort einen größeren Marktanteil beanspruchen. So verfügt die Allianz nach eigenen Angaben in den USA über ein gewerbliches Immobilienkreditbuch von rund sechs Milliarden US-Dollar. Des Weiteren sind mit verschiedenen häufig dreistelligen Millionenbeträgen pro Finanzierung weitere Adressen wie Met Life, Pacific Life oder auch New York Life Insurance Company in den USA seit längerer Zeit aktiv.

In Großbritannien liegt laut einer Umfrage von Henderson der Anteil der Versicherer und Pensionskassen an der gewerblichen Immobilienfinanzierung inzwischen bei rund 14 Prozent. Ein Anteil, welcher auch mittel- bis langfristig im deutschen Markt vorstellbar ist. Im Vereinigten Königreich kündigte jüngst der viertgrößte britische Versicherer Legal & General an, ebenfalls im Gewerbekreditgeschäft aktiv werden zu wollen. Die französische Axa ist nach eigenen Angaben der größte Versicherungskonzern in der gewerblichen Immobilienfinanzierung innerhalb Europas und peilt ein Kreditbuch (auch unter der Beteiligung externen Kapitals) von rund fünf Milliarden Euro in diesem Jahr an.

Dass die neuen Anbieter noch nicht in der Breite aktiv sind, mag teilweise auch daran liegen, dass die Finanzierungskriterien - sei es Objektqualität oder Cash-Flow - dem deckungsstockfähigen Geschäft der Banken ähneln und somit der Kreditfonds durch seine Pricing-Kriterien nur dann einspringen kann, wenn die benötige Finanzierung nicht bei Hypothekenbanken platzierbar ist. Bei der Auswahl der Assetklassen werden ebenfalls die Klassiker wie Wohnen, Gewerbe und Einzelhandel bevorzugt. Auch die Kreditfonds legen den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten auf die Finanzierung von Immobilienbeständen mit existierendem Cash-Flow. Die Finanzierung von managementintensiven Objekten oder Projektentwicklungen werden von diesen nicht oder ebenfalls nur zu einem geringen Teil abgedeckt. Gerade hier besteht jedoch Potenzial.

Das "FAP-Barometer für gewerbliche Immobilienfinanzierung" zeigt: Risikoarme Assetklassen wie Wohn- und Büroimmobilien sowie Shoppingcenter sowohl im Bestand als auch in der Projektentwicklung werden von den Kreditgebern am ehesten finanziert. Auf den Rängen vier und fünf folgen Logistik- beziehungsweise Hotelimmobilien, wobei Projektentwicklungen in diesen Segmenten deutlich schwieriger zu finanzieren sind. Dagegen besteht für die Finanzierer Potenzial in der jungen Assetklasse Mikro-Apartments: Hier werden Projektentwicklungen eher finanziert als Bestände. Ein neuer Finanzierer hätte die Chance, sich in diesen Segmenten zu positionieren und durch die Finanzierungsknappheit entsprechend höhere Margen durchzusetzen.

Zunehmende Finanzierung der Eigenkapitalseite

Wird die Einbindung eigenkapitalähnlicher Finanzierungsinstrumente wie Mezzanin-Kapital oder Ähnliches in den nächsten Jahren zunehmen, um die Eigenkapitalanforderungen bei Investments oder Projektentwicklungen erfüllen zu können? Grundsätzlich kann man dies mit einem klaren Ja beantworten, da Investoren und Projektentwickler auf kurz oder lang an ihre eigenen Eigenkapitalgrenzen stoßen werden. Das "FAP-Barometer für gewerbliche Immobilienfinanzierung" zeigt ein breites Spektrum der LTV-Werte (Loan to Value): Sie beginnen bei 50 Prozent und reichen bei entsprechenden Produkten bis zu 100 Prozent, der Schwerpunkt liegt aktuell zwischen 61 und 73 Prozent bei Bestandsfinanzierungen. Die Margen bewegen sich zwischen 25 und 220 Basispunkten, mit einem Schwerpunkt zwischen 180 und 190 Basispunkten.

Höher sind die Margen bei Projektentwicklungen. Hier beginnen sie bei 100 Basispunkten und reichen zum Teil deutlich über 300 Basispunkte, der Schwerpunkt liegt bei rund 220 Basispunkten. Insgesamt schlagen sich die erhöhten Risikoaufschläge nieder. Gleichzeitig ist die Bandbreite der gewährten LTC-Werte (Loan to Cost) mit 55 bis 90 Prozent enger als bei Bestandsfinanzierungen. Der Schwerpunkt liegt zwischen 69 und 78 Prozent - und damit höher als in der Bestandsfinanzierung.

Sowohl im Segment Bestands- als auch im Segment Projektfinanzierung hat sich in den vergangenen Jahren ein Markt etabliert, welcher kapitalergänzende Mittel in Form von Mezzanin, Joint Venture oder ähnlichen Strukturen zur Verfügung stellt. Nationale und internationale Fonds, direkte Kapitalgeber wie Versicherer, Family Offices und andere haben hier ein breites Angebot geschaffen. Kapital oberhalb der klassischen Bankenfinanzierung lässt sich heutzutage bereits erfolgreich für Immobilien mit den Nutzungsarten Wohnen, Büro, Handel, selektiv Hotel und Logistik sowohl für Bestandsfinanzierungen als auch für Projektentwicklungen einwerben. Allerdings muss ein Exitszenario innerhalb von drei bis fünf Jahren bei Bestandsinvestments respektive nach Fertigstellung bei Projektentwicklungen ableitbar sein, da sich in der Regel keiner der Kapitalgeber als langfristiger Co-Kapitalgeber versteht.

Die Gesamtverzinsung auf die Laufzeit befindet sich bei Projektentwicklungen in einer Bandbreite von zwölf bis 20 Prozent per annum auf Basis der Internal Rate of Return (IRR), bei Beständen zwischen neun und 15 Prozent per annum, wobei sich die anteilige jährliche Verzinsung von bestehenden Immobilien in einem Rahmen von sieben bis neun Prozent per annum auf den bereitgestellten Kapitalbetrag beläuft. Bei Bestandsfinanzierungen sind aktuell Beleihungen zwischen 75 und 85 Prozent LTV mit diesen zusätzlichen Kapitaltranchen möglich. Bei Projektentwicklungen stellen die Eigenkapitalgeber im Durchschnitt bis zu 90 Prozent des geforderten Eigenkapitals bereit.

Das niedrige Zinsniveau beschert dem Finanzierungsmodell von Beständen mit Cash-Flow hierfür auch nach Abzug der Annuität der Erstrangfinanzierung entsprechenden Gestaltungsspielraum. Kapitaltranchen von inländischen Adressen sind hauptsächlich in einer Größenordnung von drei bis zehn Millionen Euro möglich, während sich ausländische Kapitalgeber auf Tranchen von mehr als zehn Millionen Euro fokussieren. Auch dieser Markt wird sich weiter etab lieren und ausweiten. Potenzial für einen neuen respektive weiteren Anbieter besteht aber noch bei Kapitaltranchen zwischen einer und fünf Millionen Euro pro Projekt, wenn sich auch an mutmaßlich risikoreichere Themen wie Betreiberimmobilien oder managementintensive Assets (zum Beispiel Erwerb eines Wohnportfolios mit hohem Leerstand und Modernisierungsbedarf als Turnaround-Situation) herangewagt wird.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Art der Finanzierer in den nächsten Jahren weiter auffächern wird. Die Banken werden jedoch immer den Hauptteil des Finanzierungsgeschäfts stemmen. Der Markt der Erstrangfinanzierer wird ergänzt werden durch eine größere Anzahl von Versicherern und Versorgern - sowohl inländische als auch ausländische Adressen - und mehreren Kreditfonds. Diese werden mittelfristig einen Marktanteil von zehn Prozent erreichen. In Bezug auf eigenkapitalersetzende Formen wird es üblich werden, eine dritte Partei zwischen Fremdfinanzierer und Sponsor hinzuzunehmen.

Curth-C. Flatow , Managing Partner , FAP Invest GmbH, Berlin
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