Geschlossene Fonds

Das zweite Ende der Steuerorientierung

Die Reduktion von steuerlichen Freibeträgen für ausländische Immobilieninvestoren in Österreich, in Holland und nunmehr wahrscheinlich auch bald in Italien wird dazu führen, dass die Steuerorientierung bei Auslandsinvestitionen zunehmend in den Hintergrund gerät. Denn die häufig kolportierte These, die Abkehr von der Steuerorientierung deutscher Immobilieninvestoren sei bereits in den letzten Jahren vollzogen worden, ist unrichtig. Vielmehr steht diese Abkehr erst noch bevor.

Ein Blick zurück

Über viele Jahre war der deutsche Immobilienmarkt durch eine extreme Steuerorientierung geprägt. Immobilieninvestments wurden nicht dort getätigt, wo die Märkte am aussichtsreichsten waren, sondern dort, wo es die höchsten Steuervorteile gab. In den neunziger Jahren waren dies bekanntlich die neuen Bundesländer. Mit dem Auslaufen des Fördergebietesgesetzes, dem 5. Bauherrenerlass und schließlich dem Ende vergangenen Jahres eingeführten Paragrafen 15b des Einkommensteuergesetzes wurde den hohen Verlustzuweisungen, die die Basis der Steuerorientierung darstellten, sukzessive der Boden entzogen.

In der Immobilien- und Fondsbranche hieß es, die Steuerorientierung sei nunmehr der Renditeorientierung gewichen. Dies ist jedoch nur teilweise richtig. Investitionen wurden zunehmend vom Inland in das Ausland verlagert, aber der Weg, den die Kapitalströme nahmen, war wiederum weitgehend von steuerlichen Gesichtspunkten bestimmt. Es ist kein Zufall, dass bis vor wenigen Jahren über 95 Prozent aller Geschlossenen Auslandsimmobilienfonds in den USA und in Holland investierten, weil dort die steuerlichen Rahmenbedingungen besonders günstig waren. Hohe Freibeträge und niedrige Steuersätze konnten von den Anlegern im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen genutzt werden.

In den letzten Jahren investierten die Fonds zunehmend auch in anderen Ländern, aber die Steuerorientierung blieb bestehen. Es ist ebenfalls keineswegs ein Zufall, dass vor einigen Jahren deutsche Fonds Österreich als Investitionsstandort entdeckten und eine Flut von Geschlossenen Österreich-Fonds auf den Markt kam. In unserem Nachbarland waren die Freibeträge für Anleger besonders hoch bis sie im vergangenen Jahr für Ausländer deutlich reduziert wurden. Als nächstes Investitionsziel wurde von den Fondsinitiatoren Großbritannien entdeckt, wo die Freibeträge für ausländische Investoren sogar noch höher sind als in den USA.

Dagegen gab und gibt es beispielsweise kaum Geschlossene Immobilienfonds, die in Spanien oder in der Schweiz investieren, weil in den Doppelbesteuerungsabkommen mit diesen Ländern nicht die Freistellungs- sondern die Anrechnungsmethode gilt. Dies führt faktisch dazu, dass das Steuerniveau bei Investitionen in diesen Ländern der Höhe der Belastung in Deutschland entspricht. Auch ein Land wie Italien blieb über viele Jahre unbeachtet. Erst als es im vergangenen Jahr für deutsche Fonds möglich wurde, den hohen Freibetrag von 3 000 Euro zu nutzen, begannen die Investoren, sich stark für den italienischen Markt zu interessieren und es wurden die ersten Fonds aufgelegt. Die Ankündigung, dass für ausländische Investoren der Freibetrag bald abgeschafft werden könnte, führte in der Fondsbranche sofort dazu, dass Italien als weniger interessant eingestuft wurde - obwohl ein Markt wie Mailand unter immobilienwirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgesprochen aussichtsreich ist.

Steuerorientierung noch immer vorherrschend

All diese Beispiele belegen, dass die Steuerorientierung deutscher Investoren keineswegs ein Phänomen der Vergangenheit ist. Der Begriff der "DBA-Fonds" für Geschlossene Fonds, die in anderen Ländern investieren, ist bezeichnend und verrät die Dominanz der Steuerorientierung. Wenn künftig mehr Staaten - so wie Österreich, Holland und Italien - die steuerlichen Rahmenbedingungen für ausländische Anleger verschlechtern, dann mag dies von der Fondsbranche beklagt werden. Aber aus professioneller Immobiliensicht hat dies auch positive Wirkungen.

Zwar ist es legitim, dass bei Anlageentscheidungen auch die Frage der Steuerbelastung mit berücksichtigt wird, da diese einen Einfluss auf die Rendite eines Investments hat. Schädlich wird die Steuerorientierung jedoch in dem Moment, in dem sie zum dominierenden Faktor für eine Anlageentscheidung wird. So wurden über viele Jahre Chancen in dem sehr liquiden und transparenten französischen Immobilienmarkt von deutschen Geschlossenen Fonds vor allem deshalb nicht wahrgenommen, weil die steuerlichen Rahmenbedingungen dort ungünstiger waren - und bislang auch noch sind.

Erwachsen geworden ist die deutsche Immobilien- und Fondsbranche erst dann, wenn die Frage der steuerlichen Rahmenbedingungen nur noch eine von vielen Aspekten bei einer Investitionsentscheidung ist und die Einsicht sich durchsetzt, dass die wirtschaftlichen Perspektiven eines Investitionsstandortes für den Erfolg oder den Misserfolg eines Investments viel wichtiger sind als die Höhe von Freibeträgen und die Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen.

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