Bilanzvergleich der Bausparkassen 2017: Neue Zuversicht

Tabelle 1: Öffentliche Bausparkassen - "relativer" Zinsüberschuss (Angaben in Prozent) Quelle: Geschäftsberichte, eigene Berechnungen

Die Preise auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt kennen lange schon nur eine Richtung: steil nach oben. Nach kräftigem Wachstum in den Vorjahren verteuerten sich Wohnimmobilien laut vdp Research auch im zweiten Quartal 2018 bundesweit um nochmals rund neun Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Fünfjahresprognose des Marktforschungsinstituts deutet zwar auf eine Abschwächung der Preisdynamik hin, der Aufwärtstrend bleibt jedoch erhalten (siehe hierzu auch Beitrag Krois in diesem Heft).

Trotz der unverändert guten Lage am Arbeitsmarkt, steigender Einkommen und historisch niedriger Hypothekenzinsen rückt der Traum vieler Deutscher nach den eigenen vier Wänden somit in immer weitere Ferne. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln bestätigt dies: Die Anzahl der Haushalte, die hierzulande von Mietern zu Eigentümern werden, ist rückläufig. So kauften im Jahr 2016 weniger als 600 000 Haushalte ihre erste Wohnimmobilie, drei Jahr zuvor waren es noch knapp 800 000. Dabei sinkt das Potenzial an Ersterwerbern beziehungsweise neuen Wohneigentümern bereits seit 2007. Die ernüchternde Konsequenz: Deutschland kommt bei der im europäischen Vergleich weit unterdurchschnittlichen Wohneigentumsquote (45 Prozent) einfach nicht vom Fleck. Das IW Köln betont in diesem Zusammenhang auch die überdurchschnittlich hohen Erwerbsnebenkosten etwa in Form steigender Grunderwerbsteuer sowie Notar- und Maklergebühren.

Das fleißige Ansparen von Eigenkapital ist für Eigenheimanwärter angesichts dieser Gemengelage also wichtiger denn je. Das Problem: In dem nicht enden wollenden Niedrigzinsumfeld ist dieses Unterfangen so müßig wie nie zuvor. Dass sich unter den Deutschen zunehmend Zweifel am Sinn und Zweck des langfristigen Sparens breitzumachen scheinen, spiegelt sich auch in der aktuellen Sommerumfrage des Verbandes der Privaten Bausparkassen zum Sparverhalten der Bundesbürger wider: Demnach erweisen sich die galoppierenden Preise für Wohnimmobilien inzwischen als ein echter "Stimmungskiller". Zum zweiten Mal in Folge nennen gerade einmal noch 37 Prozent der 2 000 Befragten "Wohneigentum" als Sparmotiv - ein historischer Tiefstand in der über 20-jährigen Umfragereihe.

Die Zurückhaltung der Bundesbürger bekommen verstärkt auch die Bausparkassen in ihrem Kerngeschäftsfeld zu spüren. Nach einem signifikanten Rückgang des kollektiven Neugeschäfts um neun Prozent im Jahr 2016 fanden die meisten Institute auch 2017 nicht zurück in die Wachstumsspur. Um durchschnittlich 6,22 Prozent sank die über alle 20 Institute aggregierte Bausparsumme des eingelösten Netto-Neugeschäfts auf knapp 84,6 Milliarden Euro und lag somit erstmals seit 2009 wieder unter 90 Milliarden Euro (Tabelle 5 und 6). Während bei den Landesbausparkassen alle Institute Rückgänge verzeichnen mussten, konnten bei den Privaten immerhin drei Institute (Deutscher Ring, Aachener und BKM) dem allgemeinen Markttrend trotzen. Wie Abbildung 3 deutlich macht, ist es den Landesbausparkassen erneut oftmals besser gelungen, ihr Neugeschäft zu geringeren Kosten zu akquirieren.

Rückläufig war 2017 unterdessen auch die Anzahl der abgesetzten Neuverträge: Während die zwölf privaten Bausparkassen rund 1,193 (2016: 1,378) Millionen Neuabschlüsse verzeichneten, waren es für die LBS-Gruppe nur mehr 0,670 (0,779) Millionen neue Verträge. Das sind unterm Strich 13,6 Prozent weniger Abschlüsse als 2016 und ganze 30 Prozent weniger als 2015. Das Positive daran: Bei den Neukunden steht eindeutig wieder das klassische, auf Finanzierung und Zinssicherheit ausgerichtete Bausparen im Fokus, wie beide Bausparkassenverbände in ihrer Jahresrückschau unisono betonen.

Davon zeugt auch der nochmals deutliche Anstieg der durchschnittlichen Bausparsumme im Neugeschäft auf 45 403 Euro (Tabelle 5 und 6). Hier wächst also eine Tarifgeneration heran, die das Verhältnis zwischen kollektivem und außerkollektivem Darlehensgeschäft bei Zuteilungsreife wieder etwas ins Lot bringen dürfte. Wie unausgewogen dieses Verhältnis inzwischen ist, offenbart sich in Tabelle 17 und 18: Zum Jahresende 2017 fiel der Anteil der Bauspardarlehen an den gesamten Baudarlehen im Durchschnitt auf gerade einmal noch 9,5 Prozent, in Relation zu den Bauspareinlagen sind es gar nur noch 7,3 Prozent.

Wie erwartet blieb das Abrufen zuteilungsreifer Altverträge aufgrund günstiger Alternativen am Markt für viele Bausparer auch 2017 unattraktiv, davon zeugen einmal mehr die sehr niedrigen Zuteilungsquoten (Tabelle 5 und 6). Doch bekanntlich bespielen die Bausparkassen mittlerweile die gesamte Klaviatur der Immobilienfinanzierung souverän. So konnte der abermalige Rückgang im kollektiven Darlehensgeschäft dank kräftiger Zuwächse bei den Vor- und Zwischenkrediten mehr als kompensiert werden.

Unterm Strich wuchs der gesamte Bestand an Baudarlehen über alle Institute hinweg um vier Prozent auf knapp 133 Milliarden Euro (Tabelle 13 und 14). Insbesondere Marktführer Schwäbisch Hall legte im außerkollektiven Geschäft merklich zu (plus 11,8 Prozent) und steigerte seinen Marktanteil auf 30,8 Prozent (Abbildung 2b). Insgesamt steigerten die Bausparkassen dank dieser Entwicklung ihren Marktanteil in der Wohnungsbaufinanzierung im vergangenen Jahr auf 10,21 Prozent (Abbildung 1).

Zuversichtlich stimmt erstmals seit Längerem wieder der Blick auf das operative Zahlenwerk der Branche. So konnte vor allem der seit Jahren zu beobachtende Trend abschmelzender Zinsüberschüsse von vielen Instituten gestoppt werden, aggregiert stieg die wichtigste Ertragsquelle der Bausparkassen um gut fünf Prozent auf über 2,6 Milliarden Euro. Auch die Provisionsüberschüsse bewegten sich mehrheitlich in die richtige Richtung, sodass die Roherträge und Jahresüberschüsse 2017 oft freundlicher als in den Vorjahren ausfielen. Die Prophezeiung der deutschen Bankenaufsicht aus dem vergangenen Jahr, wonach sich "die Ertragslage der Bausparkassen bei gleichbleibend niedrigen oder steigenden Marktzinsen im Zeitablauf stabilisiert beziehungsweise erholt", scheint sich also zu bestätigen.

Dahinter steckt zum einen viel Arbeit, der aggregierte Verwaltungsaufwand zum Beispiel stieg 2017 trotz immer ausufernderer Regulatorik, Neuaufstellungen im Vertrieb und Nachholbedarf bei IT-Investitionen nur geringfügig auf knapp 1,9 Milliarden Euro (Tabelle 10 und 11). Zum anderen ist die verbesserte Ertragslage natürlich auch auf mitunter schmerzhafte Entscheidungen zurückzuführen, dazu gehören nicht zuletzt der Abbau von Mitarbeitern und die Kündigung hochverzinster Altverträge. An diesem Kurs werden viele Institute wohl zunächst weiter festhalten müssen, denn längst nicht alle operativen Kennziffern sind zufriedenstellend. Abbildung 5 und 6 etwa zeigen, dass im vergangenen Jahr bei jedem zweiten Institut der Rohertrag nicht ausreichte, um den Verwaltungsaufwand zu decken.

Ein wenig helfen kann hier das Heben von bislang brach liegenden Ertragspotenzialen. So ist es den Instituten seit der Novelle des Bausparkassengesetzes Ende 2015 gestattet, einen Teil der Reserven aus dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung in die eigenkapitalrelevanten Rücklagen nach § 340 g im Fonds für allgemeine Bankrisiken umzuschichten. Davon wird rege Gebrauch gemacht, wie Abbildung 4 sowie Tabelle 15 und 16 belegen: Mehr als die Hälfte der Gelder wanderte allein im vergangenen Jahr aus dem Fonds in eigenmittelrelevante Bilanzposten. Über die Eigenanlage der neuen § 340 g Reserven können zusätzliche Erträge gewonnen werden, was das Gesetz explizit vorsieht. Dass die Institute nun eine spürbar verbesserte Eigenkapitalposition ausweisen, ohne dass es zu echter Substanzstärkung durch neue Mittel gekommen ist, ist da nur ein kleiner Wermutstropfen, muss aber bei einem Vergleich dennoch beachtet werden.

Alles in allem scheint das Schlimmste also hinter der Branche zu liegen. Und es gibt berechtigten Anlass für nachhaltigen Optimismus. Das in Kürze an den Start gehende Baukindergeld ist das von der Branche erhoffte starke Signal für die Stärkung der Wohneigentumsbildung. Des Weiteren plant die GroKo beispielsweise die Wohnungsbauprämie als Instrument zum frühzeitigen Aufbau von Eigenkapital mittels Anpassungen der Einkommensgrenzen und erhöhter Prämiensätze neu zu beleben. Die Lust am Bausparen dürfte dadurch einen frischen Impuls erhalten. Und nicht vergessen werden sollte auch die Tatsache, dass im Herbst 2019 eine neue EZB-Präsidentschaft beginnen wird und damit hoffentlich auch endlich eine andere Geldpolitik. Solange die Zinsen dann langsam steigen, ist alles gut, für die deutschen Banken insgesamt und die Bausparkassen erst recht. ph

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