Bilanzvergleich der Bausparkassen 2018: Wieder auf Wachstumskurs

Tabelle 1: Öffentliche Bausparkassen - "relativer" Zinsüberschuss (in Prozent) Quelle: Geschäftsberichte, eigene Berechnungen der I & F

Spricht man dieser Tage mit Vertretern der Bausparbranche, so wird immer wieder auf einen wichtigen Aspekt hingewiesen: Das Thema Bausparen hat in der öffentlichen Wahrnehmung verlorenes Terrain zurückgewonnen. Und tatsächlich sind die in den vergangenen Jahren ergriffenen unpopulären Bestandsmaßnahmen der Bausparkassen mittlerweile kaum noch Gegenstand medialer Berichterstattung. Stattdessen rücken, vermutlich auch aufgrund der vielerorts angespannten Wohnungsmärkte in Deutschland, endlich wieder die unbestreitbaren Vorteile des Bausparens in den Fokus - beispielsweise als wesentlicher Eckpfeiler der Wohneigentumsbildung oder als Zinssicherungsinstrument.

Das Argument Zinssicherung unterstellt dabei aber immer doch auch die Erwartung einer gewissen Zinsänderung. Und hier deuten alle gegenwärtigen Entwicklungen keineswegs auf eine Abkehr von der expansiven EZB-Geldpolitik mit Liquiditätsspritzen, Null- und Strafzinsen hin. Im Gegenteil: Die EZB-Maßnahmen tragen mehr und mehr keynesianische Züge, indem versucht wird, frei nach dem Motto "Sparen verboten!" Menschen und Unternehmen zu Konsum und Investition anzuregen. Dabei galt Keynes doch schon lange als widerlegt und überholt. Nun aber muss man sich mindestens noch auf fünf weitere Jahre mit solchen Zinsen und Sparerunfreundlichen Rahmenbedingungen einstellen, meint unter anderem BVR-Präsidentin Marija Kolak.

An den Bausparkassen beziehungsweise deren Geschäftsentwicklung geht das zumindest im Neugeschäft glücklicherweise inzwischen wieder vorbei. Denn nach zwei Jahren eines branchenweit rückläufigen Abschlussvolumens im Kerngeschäftsfeld Bausparen fand die Mehrzahl der noch 20 Spezialkreditinstitute im Jahr 2018 zurück in die Wachstumsspur: Bausparverträge über eine Gesamtsumme von netto 87,2 Milliarden Euro wurden neu eingelöst - immerhin 3,1 Prozent mehr als im Vorjahr (siehe Tabelle 5 und 6). Und die jüngsten Pressemitteilungen verschiedener Institute zum ersten Halbjahr 2019 legen den Schluss nahe, dass sich dieser positive Trend im laufenden Jahr noch fortsetzt. Es ist eine wahrlich bemerkenswerte Leistung, schließlich leben wir in Zeiten negativer Zinsen, in denen Schuldner hofiert und Sparer drangsaliert werden. Die konsequente Ausrichtung des Tarifangebots auf die aktuelle Marktsituation und dabei insbesondere auf finanzierungswillige Kunden - die durchschnittliche Bausparsumme im Neugeschäft stieg abermals kräftig auf nunmehr knapp 50 000 Euro! - trägt allen Widrigkeiten zum Trotz Früchte und belegt einmal mehr die Wandlungsfähigkeit sowie ungebrochene Popularität des Produkts.

Prozentual betrachtet haben im vergangenen Jahr insbesondere die Alte Leipziger (plus 22,39 Prozent), die LBS Schleswig-Holstein-Hamburg (plus 15,22 Prozent), die DB Bauspar (plus 11,04 Prozent) und die LBS Südwest (plus 9,41 Prozent) ihre Vertriebsaktivitäten stark intensiviert. Signifikante Rückgänge mussten hingegen sowohl die Aachener Bausparkasse (minus 19,81 Prozent) als auch die Signal Iduna Bauspar (minus 10,88 Prozent) hinnehmen. Bei Ersterer war es vor allem die lange Zeit herrschende Unklarheit bezüglich der Zukunft des Instituts, die für Zurückhaltung bei den Vertriebspartnern und Kunden sorgte. Erst Mitte Dezember 2018 wurde bekannt, dass die Wüstenrot Bausparkasse das im Übrigen auch ertragstechnisch strauchelnde Institut übernimmt. Man darf gespannt sein, ob Wüstenrot bei der dritten Akquisition im Bausparbereich innerhalb des letzten Jahrzehnts (Vereinsbank Victoria Bauspar AG (2009), Allianz Dresdner Bauspar AG (2010)) abermals den richtigen Riecher bewiesen hat.

Dasselbe gilt für die österreichische Bawag PSK, die mit der Übernahme der Deutschen Ring Bausparkasse (neuer Name: "start:bausparkasse AG") im September 2018 ihre Präsenz und Kundenbasis in Deutschland auszuweiten gedenkt. Die dritte große Veränderung im privaten Bausparkassensektor ist natürlich der Mitte Mai dieses Jahres vollzogene Zusammenschluss von BHW Bausparkasse und DB Bauspar. Gemessen am Bausparbestand in Höhe von rund 125 Milliarden Euro ist das künftig unter der Marke "BHW" agierende Institut nunmehr die zweitgrößte Bausparkasse in Deutschland. Von der Bündelung der Kräfte im Bauspargeschäft verspricht sich die Mutter Deutsche Bank ab 2022 Nettoeinsparungen in Höhe von rund 25 Millionen Euro pro Jahr.

Die "Bündelung der Kräfte" ist bekanntlich auch im Sparkassensektor ein gern bemühtes Stichwort, allerdings ist es diesbezüglich bei den acht verbliebenen Landesbausparkassen seit Längerem bemerkenswert ruhig. So haben es beispielsweise die Eigentümer von LBS West und LBS Schleswig-Holstein-Hamburg, die Anfang 2018 immerhin eine Absichtserklärung über den Zusammenschluss unterschrieben, ganz offensichtlich nicht eilig. Und auch die eigenständige Zukunft der lange Zeit mit Problemen kämpfenden LBS Hessen-Thüringen wird derzeit nicht infrage gestellt.

Ein Blick auf die Ertragsrechnung im vergangenen Jahr könnte erklären, woran das liegt (siehe Tabelle 9 und 11): So konnte beim aggregierten Zinsüberschuss erstmals seit Jahren wieder ein Anstieg (2,78 Prozent) für die LBS-Gruppe verzeichnet werden. Gepaart mit einer hohen Kostendisziplin (Verwaltungsaufwand: minus 2,38 Prozent) und geringer Risikovorsorge (minus 66,90 Prozent) stiegen die (Teil-)Betriebsergebnisse 2018 im öffentlich-rechtlichen Lager mehrheitlich. Allem Anschein nach haben sich die Landesbausparkassen also recht gut gerüstet für die vermutlich noch mehrere Jahre währende Niedrigzinslandschaft - keine Selbstverständlichkeit, wie die deutlich heterogenere Entwicklung bei den privaten Bausparkassen zeigt. Grundsätzlich bleiben die extrem niedrigen Zinsen natürlich eine enorme Belastung für die Ertragslage der gesamten Bausparkassenbranche. So weisen gleich mehrere Institute in ihren Geschäftsberichten darauf hin, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren aufgrund des Zinsniveaus mit signifikant steigenden Kosten im Rahmen der Zuführung zu den Pensions- und Beihilferückstellungen zu rechnen sei.

Dass innerhalb der LBS-Familie eine größere Homogenität besteht, offenbart sich unterdessen auch beim Vergleich der Profitabilität. Dabei liegen hinsichtlich des Provisions- und Personalaufwands zum Neugeschäft gleich fünf LBS vor dem ersten Vertreter aus dem privaten Lager (siehe Abbildung 3). Zieht man hingegen die Kosten-Ertrag-Relation heran, so arbeitet weiter die Deutsche Bank Bauspar AG mit großem Abstand am günstigsten (siehe Abbildung 5 und 6). Der Gesamtbestand an Baudarlehen über alle Institute hinweg wuchs im vergangenen Jahr um 4,7 Prozent auf 139,2 Milliarden Euro.

Erneut konnte somit der Rückgang im kollektiven Darlehensgeschäft dank kräftiger Zuwächse bei den Vor- und Zwischenkrediten sowie sonstigen Baudarlehen überkompensiert werden (siehe Tabelle 13 und 14). Über die gesamte Branche hinweg stieg der Anteil des außerkollektiven Geschäfts Ende 2018 damit auf ein neues Allzeithoch von knapp über 91 Prozent. Das größte Wachstum in diesem Segment konnte einmal mehr die Bausparkasse Schwäbisch Hall verzeichnen, deren Marktanteil im außerkollektiven Darlehensgeschäft inzwischen fast ein Drittel beträgt (siehe Abbildung 2b). In dem gerade einmal noch 12,1 Milliarden Euro Gesamtvolumen umfassenden Kollektivgeschäft (siehe Abbildung 2a) haben derweil weiter die Landesbausparkassen die Nase vorn (24,2 Prozent), gefolgt von Schwäbisch Hall (19,4) und Wüstenrot (14,6 Prozent).

Insgesamt fiel der Marktanteil der Bausparkassen in der Wohnungsbaufinanzierung im vergangenen Jahr leicht auf 10,05 Prozent (Abbildung 1). Damit sind sie unverändert die viertstärkste Kraft hinter den beiden großen Verbundgruppen, die 2018 erneut jeweils Marktanteilsgewinne verzeichnen konnten, und den bereits seit mehreren Jahren bei gut 23 Prozent stehenden Kreditbanken. ph

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