Kommunale Verschuldung - Schere geht auseinander

Die Zwei-Klassen-Gesellschaft innerhalb der deutschen Städtelandschaft verfestigt sich: Dank steigender Steuereinnahmen kommen gering verschuldete und wirtschaftsstarke Städte beim Schuldenabbau weiter voran, während ohnehin hoch verschuldete Städte immer tiefer in die Verschuldung geraten: So stieg die Zahl der Großstädte mit einer sehr hohen Pro-Kopf-Verschuldung von mehr als 4 000 Euro zwischen 2010 und 2013 von 14 auf 21 - ihre Pro-Kopf-Verschuldung wuchs allein in den vergangenen drei Jahren um 15 Prozent.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch immer mehr Großstädte mit einer geringen Pro-Kopf-Verschuldung von unter 1 000 Euro: ihre Zahl wuchs seit 2010 von 15 auf 19, ihr Schuldenstand sank um 35 Prozent. Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young), die auf einer Analyse der Verschuldungssituation von Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern beruht.

Problematisch bleibt die Situation aber vor allem in Nordrhein-Westfalen: Die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung der 28 nordrhein-westfälischen Großstädte stieg im vergangenen Jahr von 3 594 auf 3 670 Euro und liegt damit erheblich über dem bundesweiten Durchschnitt von 2 481 Euro. Und von den fünf deutschen Großstädten, deren Verschuldung in den vergangenen drei Jahren am stärksten stieg, liegen vier in Nordrhein-Westfalen. Allerdings gelingt es auch immer mehr Städten, ihren Schuldenstand zu verringern. Konnten 2011 nur 29 der 72 deutschen Großstädte einen Schuldenabbau vorweisen, waren es 2013 schon 40. Der stärkste Schuldenabbau gelang in den vergangenen drei Jahren den Städten München und Stuttgart, die ihre Verschuldung jeweils um 56 Prozent reduzieren konnten. Im Fall Münchens ging der Schuldenstand damit um bemerkenswerte 1,3 Milliarden Euro zurück.

Problematisch an dieser Entwicklung ist, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander geht: Während die große Mehrheit (79 Prozent) der gering verschuldeten Städte zwischen 2010 und 2013 ihre Schulden reduzieren konnte, gelang dies nur 14 Prozent der stark verschuldeten Städte. Die Schwierigkeit: Hoch verschuldete Städte in strukturschwachen Regionen können derzeit kaum von den steigenden Steuereinnahmen profitieren. Diese ungleiche Verteilung der Einnahmen verstärkt wiederum das Auseinanderdriften der Städte, denn wohlhabende Städte haben den nötigen finanziellen Gestaltungsspielraum und können mit attraktiven Angeboten um Unternehmensansiedlungen und Zuzügler werben.

Eine nachhaltige Lösung des Verschuldungsproblems vor allem der westdeutschen Großstädte sei nötig, so die Verfasser der Studie. Hoch verschuldete Städte bräuchten Hilfe bei der Haushaltssanierung. Nachdem allerdings in den vergangenen Jahren sowohl der Bund (Übernahme von Sozialausgaben) als auch viele Länder (mit Kommunalen Rettungsschirmen) bereits substanzielle Beiträge zur finanziellen Unterstützung der Kommunen geleistet haben, müssen nun die Kommunen verstärkt eigene Konsolidierungsbeiträge erbringen. Der Bund will weitere Sozialausgaben erst nach 2018 übernehmen. Verschärfend dürften sich zudem die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse und auch die Regeln des EU-Fiskalpakts auswirken: Um diese Vorgaben einzuhalten, werden einige Bundesländer voraussichtlich ihre Zahlungen an die Kommunen reduzieren, was deren Finanznot dann noch verstärken wird. Und auch die Niedrigzinsphase, von der die Schuldner profitieren, wird nicht ewig anhalten. Red.

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