Baukindergeld: Die Kritiker lagen daneben

Philipp Hafner, Redakteur, Foto: Verlag Helmut Richardi

Zu teuer, kein Beitrag zum Neubau, Preis- und Mitnahmeeffekte: So lauteten die bereits in der Entstehungsphase lautstark von vielen Seiten vorgebrachten Vorwürfe gegen das Baukindergeld. Ausgerechnet das seit Langem erste nennenswerte Zeichen vonseiten der Politik zugunsten von Wohneigentum in Deutschland entwickelte sich zum ultimativen Zankapfel. Nun, knapp zwei Jahre nach seiner Einführung, könnte sich so mancher Kritiker jedoch veranlasst sehen, seine ablehnende Haltung zumindest ein Stück weit zu revidieren.

Denn bei nüchterner Betrachtung der aktuellen KfW-Zahlen zeigt sich, dass das Förderinstrument durchaus die gewünschten Wirkungen zu entfalten scheint. Insbesondere die Befürchtung der Mitnahmeeffekte vonseiten gut situierter Familien, die ohnehin bauen würden, kann mittlerweile als gegenstandslos erachtet werden. So entfielen Stand Ende Mai 2020 satte 62 Prozent der bewilligten Anträge (insgesamt knapp 152 000) auf Familien mit einem jährlichen Einkommen von weniger als 40 000 Euro. Damit gelingt es der Politik tatsächlich, die primär adressierte Zielgruppe (einkommensschwächere junge Familien mit Kind[ern]) bei der Überwindung der hohen Eigenkapitalschwellen auf dem Weg in die eigenen vier Wände zu unterstützen.

Darüber hinaus offenbart die Auswertung, dass das Baukindergeld - wie erwartet - stärker in solchen Regionen nachgefragt wird, wo Immobilienpreis- und Einkommensniveau noch halbwegs im Einklang stehen. So kamen auf 1 000 Familien die meisten Anträge für das Baukindergeld in Brandenburg (39) gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen (jeweils 37). In den Stadtstaaten Hamburg (13) und Berlin (10) wird die Förderung dagegen weit unterdurchschnittlich in Anspruch genommen. Dass das Baukindergeld die Wohneigentumsbildung damit vor allem in ländlichen, teils strukturschwachen Regionen erleichtert, war ebenfalls durchaus politisch gewollt, Stichwort "gleichwertige Lebensverhältnisse". Gleichzeitig wird dadurch zumindest etwas Druck vom Kessel der unter extrem hoher Nachfrage leidenden Metropolen genommen.

Bei der Verteilung zwischen Bestand und Neubau hat sich ebenfalls die erwartete und erhoffte Entwicklung eingestellt: Lag der Neubauanteil an den Baukindergeldzusagen bis Ende 2018 nur bei 14 Prozent, waren es 2019 schon 27 Prozent und in den ersten fünf Monaten des Jahres 2020 nach Berechnungen von LBS Research sogar 32 Prozent. Dieser zeitverzögerte Anstieg des Neubauanteils beruht letztlich darauf, dass das Baukindergeld erst nach dem Einzug beantragt werden kann, zugleich aber die Baugenehmigung nicht vor 2018 erteilt sein darf. Damit hat das Instrument allen Unkenrufen zum Trotz also durchaus auch einen signifi kanten Effekt auf die Schaffung neuen Wohnraums - natürlich kommt das allgemein günstige Umfeld, insbesondere die Niedrigzinsen, an dieser Stelle nicht ungelegen.

Wie geht es nun weiter mit dem Baukindergeld? Nach Zahlen der Bundesregierung wurden seit Programmstart im September 2018 bis Ende Mai 2020 exakt 232 803 Anträge gestellt. Sollten alle davon bewilligt werden, entspräche dies einem Fördervolumen in Höhe von 4,861 Milliarden Euro. Die von der Bundesregierung ursprünglich für das Baukindergeld veranschlagten 9,9 Milliarden Euro wären also erst zur Hälfte ausgeschöpft. Damit drängt sich die Frage, ob es in der nächsten Legislaturperiode zu einer Fortsetzung kommt, förmlich auf. Die GroKo fühlt sich dafür allerdings nicht mehr zuständig. Sie hat diese ebenso wie die Entscheidung darüber, ob zumindest die Fristen zur Beantragung - Stand jetzt kommen nur Häuser und Wohnungen infrage, für die bis Ende 2020 entweder Baugenehmigung oder Kaufvertrag vorlagen - verlängert werden, der kommenden Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben.

Bis dahin soll eine noch umfangreichere Evaluation vorliegen, das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat eine entsprechende Untersuchung Ende Mai ausgeschrieben. Sofern sich nichts mehr Weltbewegendes verändert, dürften die geschilderten Ergebnisse Bestand haben und unterm Strich ein Plädoyer für eine Neuauflage stehen. Allerdings ist das nur die eine Seite der Medaille. Wie die künftigen Machtverhältnisse im Bundestag aussehen, ist derzeit noch offen. Fest steht: Ohne die Fortsetzung des Baukindergelds käme die politische Förderung von Wohneigentum nach gerade einmal drei Jahren schon wieder weitgehend zum Stillstand, ganz zu schweigen vom höchst kontraproduktiven Plan eines faktischen Umwandlungsverbots von Mietin Eigentumswohnungen. Es wäre schade drum, denn gerade die Corona-Krise legt den Schluss nahe, dass die eigene Immobilie immer noch die beste und sicherste private Altersvorsorge ist. ph

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