Bestandsentwicklung: zurück auf die große Bühne

Frank Wojtalewicz; Quelle: Deutsche Invest Immobilien GmbH

Bereits seit einer Weile kann man in der Immobilienbranche den Eindruck bekommen, dass Bestandsimmobilien gegenüber Neubau an Popularität verloren haben. Kaum ein Immobilienunternehmen will sich heutzutage noch mit Bestandsentwicklung beschäftigen; Neubau und insbesondere Forward Deals erfreuen sich mittlerweile schlicht und einfach eines besseren Images am Markt. Dadurch wird die professionelle Bestandsentwicklung aus dem Scheinwerferlicht gedrängt - zu Unrecht. Denn Bestandsimmobilien sind nicht nur im Ankauf in der Regel günstiger als Neubauten, auch müssen sich Bestandsinvestoren keine Sorgen wegen langer Bauzeiten und Baurisiken machen. Vom ersten Tag an erfolgen Mieteinnahmen, ergänzt wird das Gesamtpaket durch einen gewachsenen Standort und ein bereits erprobtes Marktumfeld.

Damit diese Rechnung aber aufgeht, ist von zentraler Bedeutung, dass die im Zuge einer fachmännischen Sanierung genutzte Finanzierung professionell abgewickelt wird. Nur dann sind über energetische Modernisierungen bedeutende Wertsteigerungen und umfassende Renditeoptimierungen möglich. Parallel können über die gesteigerte Energieeffizienz und die Inanspruchnahme von Fördermaßnahmen höhere Nebenkosten für den Mieter verhindert werden. Der Usus, die Mieterträge über Modernisierungsmaßnahmen zu steigern, gilt als klassisches Instrument von Wohnimmobilieninvestoren. Mittlerweile jedoch kommt sozialen und ökologischen Aspekten im öffentlichen Diskurs ein so hoher Stellenwert zu, dass sich Investoren neben der reinen Renditeoptimierung auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung widmen müssen.

Im Hinblick auf das Investment in Bestandsimmobilien heißt das, den Fokus auf Energie- und Kosteneinsparungen zu legen, die neben dem Investor auch dem Mieter zugutekommen. Abhängig vom jeweiligen Zustand der zu sanierenden Wohnimmobilie lassen sich durch energetische Investitionen 10 bis 30 Prozent der Nebenkosten einsparen. Dazu gehört auch, die Kosten für Versorgung und Dienstleistungen - Entsorgung, Gas, Strom, Verwaltung - neu zu verhandeln und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln. Grundsätzlich sollten Immobilienunternehmen die aktuellen Diskussionen zum Anlass nehmen, über die Einführung einer Sozialcharta nachzudenken, um den fairen und nachhaltigen Umgang mit Mietern zu garantieren - eine logische Konsequenz angesichts der zunehmenden Signifikanz von ESG-Kriterien.

Stichwort ESG-Kriterien: Kaum ein Immobilienunternehmen oder -investment kommt mittlerweile noch ohne den Verweis auf ihre Erfüllung aus. Dies wird häufig als Argument für den Neubau genutzt, da dort bereits von Baubeginn an sämtliche Nachhaltigkeitsanforderungen integriert werden. Auf den ersten Blick mag das nachvollziehbar erscheinen, auf den zweiten lässt sich jedoch anführen: Ist es nicht um ein Vielfaches nachhaltiger, das Bestehende zu optimieren, als immer mehr Ressourcen für die Schaffung von Neuem aufzuwenden? Zugegeben: Wird ausschließlich der Energieverbrauch im laufenden Betrieb betrachtet, erscheint der Neubau im Vergleich mit einem vielleicht sanierungsbedürftigen Altbau zunächst als die ökologischere Variante. Allerdings wird dabei außer Acht gelassen, dass Neubauten mit großem Energie- und Ressourcenaufwand errichtet werden müssen.

Demgegenüber stellt sich ein auf den aktuellen Stand der Technik sanierter beziehungsweise modernisierter Altbau im direkten Vergleich dann doch als klimafreundlicherer dar. Hinzu kommt, dass gerade Altbauten bei Mietern ausgesprochen beliebt, aber im Angebot limitiert sind. Die entsprechend hohe Nachfrage schlägt sich wiederum in langfristigen Wertsteigerungen nieder - auch das ganz im Sinne des Investors.

Frank Wojtalewicz, Geschäftsführer, d.i.i. Deutsche Invest Immobilien GmbH, Wiesbaden

Frank Wojtalewicz , Vorsitzender des Vorstands , d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG, Wiesbaden
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