Bestellerprinzip nimmt Immobilienkäufern ihren fachkundigen Berater

Dr. Wulff Aengevelt, Geschäftsführender Gesellschafter, Aengevelt Immobilien
Quelle: Aengevelt

Bundesjustiz- und Verbraucherministerin Katarina Barley (SPD) begründet die Einführung des Bestellerprinzips auch beim Immobilienkauf damit, dass "Maklergebühren die Kosten beim Wohnungsoder Hauskauf explodieren lassen" (siehe RP Online vom 25. Oktober 2018). Hier wird der absolut unrichtige Eindruck erweckt, die Maklerprovision hätte sich erhöht. Tatsächlich treiben Bund und 14 der 16 Bundesländer (Ausnahmen: Bayern und Sachsen) die Kaufnebenkosten mit wiederholten ungerechtfertigten Grunderwerbsteuerhöhungen auf bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises. Vor allem aber ist das Bestellerprinzip keineswegs im Interesse des Verbrauchers, sondern massiv verbraucherschädigend: Die einseitige "Bestellung" des Maklers durch den Verkäufer schafft den klassischen, im BGB und in der Rechtsprechung seit 120 Jahren fest verankerten ehrlichen Makler als fairen Transaktionsbegleiter beider Parteien ab.

Hierdurch verliert der Immobilienkäufer schlagartig den Makler als unabhängigen, markt- und sachkundigen Berater, während der Verkäufer (Besteller) einen zukünftig nur noch allein seine Interessen vertretenden Vertriebler gewinnt. Dieses Modell wäre eine einseitige Begünstigung des Verkäufers bei gleichzeitiger Schlechterstellung des Immobilienkäufers und damit eine massive Beeinträchtigung seiner legitimen Verbraucherschutzinteressen: Der "Normalkäufer" ist in der Regel vergleichsweise sachunkundig. Allein schon deshalb ist es ratsam, sich fachlich vor Kaufvertragsabschluss unabhängig beraten und schon in der frühen Phase der Objektprüfung die baugenehmigten und schlussabgenommenen Pläne kompetent einsehen und hinsichtlich eventuellen Abweichungen (zum Beispiel nicht genehmigte Aus- und Anbauten, Nichtbeachtung von Bauauflagen et cetera) überprüfen zu lassen.

Wer sieht aber nach dem Bestellerprinzip für den Kaufinteressenten die Bauakten ein? Wer beschafft die diversen Behördenbescheide? Wer klärt ihn über Grundbuch, Baulasten, Altlasten, Erschließungskostenabrechnung et cetera auf? Das alles machen weder der Notar, noch Internet, noch der einseitig "Bestellte" des Verkäufers. Natürlich kann der Kaufinteressent hierfür einen Anwalt, Architekten oder vereidigten Sachverständigen beauftragen - für teure Stundensätze plus Mehrwertsteuer im dreistelligen Eurobereich. Diese Kosten muss er aber in jedem Falle zahlen, auch, wenn er das Haus beziehungsweise die Wohnung gar nicht erwirbt oder bekommt! In der Praxis bedeutet das eine ansehnliche Aktenlage zu nicht gekauften Objekten und ein abgemagertes Konto. Die Maklerprovision wird dagegen nur im Erfolgsfall, also Zug um Zug mit tatsächlichem Erwerb, fällig.

Die Konsequenz: Kauf "auf Verdacht" mit der naiven Annahme, dass alles in Ordnung ist, und mit der Folge oftmals böser Überraschungen und möglicher gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die nächste bundesweite Prozesslawine lässt grüßen! Wenn die Bundesregierung durch das Bestellerprinzip diesen fundamentalen Systemumbruch herbeiführt und zukünftig Immobilienkäufer beratungslos, unsystematisch aufgeklärt und mit einer nur fragmentarischen Dokumentation in den Notarvertrag schickt, dann ist das nicht nur einmalig in Europa. Es entsteht auch ein gigantischer Vermögensschaden für die deutsche Käuferschaft und ein Vertrauensschaden, der den gesamten Immobilienmarkt trifft. Zusammen mit der von den Grünen im Bundestag beantragten, den Immobilienkäufern ebensowenig dienenden Festsetzung der Maklerprovision auf 2 Prozent inklusive Mehrwertsteuer lässt sich klar feststellen: Die "Wegbestellung und Wegdeckelung" des Maklers bedeutet nicht Verbraucherschutz, sondern einen immensen Verbraucherschaden!

Dr. Wulff Aengevelt, Geschäftsführender Gesellschafter, Aengevelt Immobilien GmbH & Co. KG, Düsseldorf

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