Büroinvestments: gute Chancen abseits der ausgetretenen Pfade

Philipp Hafner Leitender Redakteur, Foto: Verlag Helmut Richardi GmbH

Bei der Betitelung ihrer 5-Prozent-Studie flüchtet sich Bulwiengesa von Jahr zu Jahr ein wenig mehr in Galgenhumor: "Notfalls ohne Rendite" wurde das jüngste Werk getauft. Es bringt damit eindrücklich zum Ausdruck, dass die zu Pandemiebeginn durchaus verbreitete Hoffnung auf "Immobilienschnäppchen" nicht Realität geworden ist. Stattdessen ist und bleibt der deutsche Immobilienmarkt Investors' Darling, Ausdruck findet dieser anhaltend intensive Wettbewerb vor allem im Core-Bürosegment der sieben A-Städte: Die dort zu erzielenden Nettoanfangsrenditen beziffern die Researcher auf eine Spanne von gerade einmal noch 0,2 bis 2,9 Prozent.

Gut möglich, dass damit für den ein oder anderen institutionellen Investor so langsam die Stunde schlägt, sich nach Alternativen abseits der ausgetretenen Pfade umzusehen. Und glücklicherweise verfügt Deutschland ja - anders als etwa Großbritannien oder Frankreich - über einen ausgesprochen polyzentrisch strukturierten Immobilienmarkt. Darmstadt, Kassel, Wuppertal - das mag wenig glamourös klingen, es handelt sich hierbei aber nicht zuletzt um die Heimat vieler berühmt-berüchtigter "Hidden Champions" aus dem deutschen Mittelstand.

Ihr konkretes Büroimmobilien-Potenzial hat Bulwiengesa nun in einer weiteren Studie im Auftrag der Demire Mittelstand Real Estate AG unter die Lupe genommen. Und siehe da, die Fundamentaldaten der 35 analysierten Sekundärstandorte sind durchaus vielversprechend und müssen den Vergleich mit den "Großen" keineswegs scheuen. So konnte in der Zehnjahresbetrachtung (2011 bis 2020) mit Ausnahme von Schwerin und Trier an allen Sekundärstandorten eine Zunahme der Bürobeschäftigten verzeichnet werden. Die Spitzenreiter Münchner Umland (plus 27 Prozent), Wolfsburg (25 Prozent) und Leipzig (21 Prozent) übertrumpften hier sogar die Performance der A-Städte (plus 19 Prozent). Entsprechend positiv fällt auch der Blick auf die Entwicklung der Leerstandsquoten aus: An 32 der 35 analysierten Standorten war diese im Beobachtungszeitraum rückläufig. Gleich sechs Städte - darunter Leipzig mit einem Leerstandsabbau von 12,6 Prozent - konnten diesbezüglich die A-Städte (minus 5,6 Prozent) hinter sich lassen.

Anders ist das Bild dagegen bei den Mieten: Hier behielten die A-Städte im Zehnjahresvergleich mit einem Wachstum von durchschnittlich 57 Prozent klar die Oberhand. Das Plus bei den Sekundärstandorten bewegt sich in einer Spanne von 4 (Darmstadt) und 48 Prozent (Leipzig). Das ist somit also etwas weniger dynamisch, aber summa summarum noch immer eine sehr stabile Wachstumsstory. Die Frage nach der Stabilität ist freilich auch die entscheidende mit Blick auf die kommenden Jahre. Und hier könnte den Büromärkten der Mittelstädte eines ihrer Kernmerkmale zugutekommen, wie Bulwiengesa-Vorstand Sven Carstensen bei der Studienpräsentation betonte: "Im Gegensatz zu den A-Städten ist im überwiegenden Teil der Sekundärstandorte die Bautätigkeit bedarfsorientiert ausgerichtet, sodass neue Büroflächen nur im geringen Umfang spekulativ entwickelt werden. Dies verringert die Wahrscheinlichkeit von Marktverwerfungen."

Gerade vor dem Hintergrund der noch nicht gänzlich abschätzbaren Effekte der Pandemie (Stichwort "Homeoffice") muss dies weiter genau beobachtet werden. Laut Studie ist mit Einsetzen der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 in den A-Standorten jedenfalls bereits eine deutlich geringere Vermietungsleistung zu registrieren gewesen, wovon vor allem die B-Städte profitierten: 2020 konnten diese erstmals 25 (zehnjähriges Mittel: 21) Prozent des bundesweiten Büroflächenumsatzes auf sich vereinen. Klar ist aber auch: Das Auffinden solcher unentdeckten Perlen ist mit nicht zu unterschätzendem Aufwand verbunden. Denn gerade bei Investments in kleineren Städten ist es wichtig, die Funktionsweise dieser Märkte genau zu verstehen. Das impliziert in aller Regel viel mühsame Handarbeit, denn die relevanten Daten sind bedeutend schwieriger aufzutreiben als in den großen Städten. Umso wichtiger sind Studien wie diese von Bulwiengesa und Demire, um mehr Transparenz zu schaffen. ph

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