EU Green Bonds: Hilfe oder Bärendienst?

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Bei ihrem Amtsantritt Ende 2019 hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den "European Green Deal" mit der Mondlandung verglichen. In den vergangenen Wochen hat ihre Behörde nun eine ganze Reihe weiterer essenzieller Bauteile der dafür benötigten Rakete vorgestellt. Dabei muss sich auch die Finanzindustrie mit diversen neuen Regelungen im Kontext des "Sustainable Finance Action Plans" auseinandersetzen. Dazu gehört insbesondere der am 6. Juli veröffentlichte Vorschlag für einen "European Green Bond Standard (EUGBS)". Das ambitionierte Ziel der Kommission: Der Markt für grüne Anleihen soll mithilfe einheitlicher Standards weiter angekurbelt, und Investoren zugleich noch besser vor Greenwashing geschützt werden. Ob der EUGBS das am Ende tatsächlich tun wird, steht allerdings noch in den Sternen. Wie komplex eine Würdigung zum jetzigen Zeitpunkt ist, zeigt sich exemplarisch am ESG-Segment für hypothekarisch besicherte Bankschuldverschreibungen (Covered Bonds). Hier wächst dank marktseitiger Initiativen (ICMA, vdp et cetera) seit 2014 ein hoffnungsvolles ESG-Pflänzchen heran, das mittlerweile immerhin ein Marktvolumen von rund 43 Milliarden Euro bei 70 ausstehenden Emissionen (nur Benchmarks) umfasst.

Im Kern baut der EUGBS auf ebendiesen etablierten Markt standards auf, ergänzt diese aber zugleich um die Anforderungen der neuen EU-Taxonomie. Für den Immobiliensektor impliziert dies unter anderem, dass ein neu erworbenes Objekt über einen Energieausweis der Klasse A ver fügen, oder alternativ zu den Top-15-Prozent der energieeffizientesten eines Landes gehören muss. Außerdem gilt es stets sicherzustellen, dass die Gebäude keine schädlichen Nebenwirkungen auf andere im Rahmen der Taxonomie definierten Umweltziele (sogenannte "Do not significant harm-Kriterien", DNSH) haben. Nur wenn diesen (und diversen weiteren) Prämissen Rechnung getragen wird, kann eine Liegenschaft also in einen EUGBS-Deckungspool eingebracht werden. Hört man sich in der Pfandbrief-Community um, vermag noch niemand so recht einzuschätzen, wie anspruchsvoll die Um stellung auf das neue Label letztlich sein wird. Grundsätzlich sind die Regeln des EUGBS noch nicht in Kraft und er bleibt darüber hinaus ein freiwilliger Standard - es steht den Covered-Bond-Emittenten theoretisch also frei, an ihren bestehenden ESG-Programmen festzuhalten. In der Praxis ist jedoch davon auszugehen, dass der EUGBS in Europa mittelfristig zur Benchmark für die Emission neuer grüner Anleihen werden wird.

Die frühzeitige Auseinandersetzung ist somit ratsam. Höhere Anforderungen setzt der EUGBS beispielsweise in den Bereichen Transparenz und Reporting. Von Drittparteien geprüfte Factsheets oder detaillierte Allokationsberichte sind hier nur zwei von vielen Schlagwörtern, die die Banken und ihre Nachhaltigkeitsagenturen auf Trab halten werden - vor allem wenn die Verfügbarkeit der dafür notwendigen Gebäudedaten mangelhaft ist. Deutschland ist diesbezüglich leider an vorderster Stelle zu nennen. Interessant wird auch, wie die Banken mit den DNSH-Kriterien umgehen werden: Welches Institut hat zum Beispiel schon jemals den Wasserverbrauch von Dusche oder Toilette beim Underwriting berücksichtigt?

Alles in allem scheint die hiesige Bankenwelt ihren Frieden mit dem Projekt geschlossen zu haben. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) etwa betonte, dass die Festlegung von Standards auf EU-Ebene richtig sei. Explizit gelobt wurde, dass aufgrund der Freiwilligkeit der EUGBS etablierte Marktstandards weiter zulässig sind und darüber hinaus ein Grandfathering für Produkte, die nach dem zum Emissionszeitpunkt anerkannten Stand der EU-Taxonomie emittiert wurden, geschaffen wurde. Gerade letzteren Aspekt muss man sich nämlich immer vergegenwärtigen: Die Taxonomie und damit auch die EUGBS unterliegen fortlaufenden Anpassungen und Ergänzungen, die eine ab schließende Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt schlicht unmöglich machen. Oder, um es in den Worten von Ursula von der Leyen auszudrücken: Es ist noch ein langer, steiniger Weg bis zur Mondlandung. ph

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