Impact Investing: Duisburg-Marxloh statt München-Bogenhausen

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Finanz- und Schuldenkrise, Klimawandel, Flüchtlinge, Populismus, Pandemie: Die Einschläge kommen in immer kürzeren Abständen. Sie zu ignorieren ist natürlich längst keine Option mehr, weshalb so ziemlich jede Branche inzwischen konzertierte Anstrengungen zu ihrer Vermeidung oder zumindest Abschwächung unternimmt. In der Immobilienwirtschaft laufen die Fäden diesbezüglich zumeist beim Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft, kurz ICG, zusammen (siehe hierzu auch Beitrag Kotsis/Ockenfels in diesem Heft). Das brandneue Werk trägt den Titel "Social Impact Investing". Es ist ein Begriff, von dem viele Branchenvertreter erst eine vage Vorstellung haben dürften. Frei ins Deutsche übersetzt trifft es wohl "wirkungsorientiertes Investieren" am besten und im Kern geht es darum, dass sich Investoren im Rahmen ihrer Anlageentscheidung an mehr Parametern als lediglich Rendite und Risiko orientieren. Oder, wie es ICG-Vorstandsvorsitzende Susanne Eickermann-Riepe bei der Präsentation des Leitfadens ausdrückte: "Impact Investing gibt dem investierten Kapital einen Sinn."

Ein Beispiel dafür aus dem Immobiliensektor wäre eine ökologisch nachhaltige Quartiersentwicklung in einem Problemviertel, wobei ein signifikanter Anteil an preisgebundenen, kind-, familien- und altersgerechten Wohnraum vorgehalten wird und somit letztlich keine gesellschaftliche Schicht außen vorbleibt. Selbst das Obdachlosenheim ist einem solchen Quartier im Prinzip also ein Muss. Spätestens hier dürfte bei den meisten Branchenvertretern die Angst einsetzen, dass solche sozialromantisch anmutenden Projekte zwangsläufig schwer auf die Rendite drücken. Laut ICG ist das aber eine ungerechtfertigte Pauschalannahme: "Profit und wirkungsorientiertes Investieren sind keine Gegensätze", betont Eickermann-Riepe.

Ein weiteres Argument, mit dem institutionellen Investoren das Thema schmackhaft gemacht werden soll, ist die Herstellung beziehungsweise Aufrechterhaltung eines guten Drahts zu wichtigen Stakeholdern auf den Immobilienmärkten. Gemeint sind insbesondere die Kommunen, die in den vergangenen Jahren bekanntlich immer genauere Vorstellungen davon entwickelt haben, was auf ihren Grundstücken passieren soll, Stichwort "Konzeptvergaben". Dasselbe gilt im Übrigen für die Kirchen, die noch immer bei weitem der größte private Grundbesitzer in Deutschland sind.

Wer da über keine sozial- und umweltverträgliche Anlagestrategie verfügt, könnte schon in wenigen Jahren bei Immobilienprojekten jeder Art gnadenlos abgestraft werden. Stand heute ist das Segment aber noch eine kleine Nische: Auf gerade einmal rund sechs Milliarden Euro wird der Impact-Investment-Gesamtmarkt in Deutschland grob geschätzt. Wieviel davon wiederum auf wirkungsorientierte Immobilieninvestments entfallen, ist unklar, denn systematische Erhebungen existieren bislang nicht. Der ICG-Praxisleitfaden schafft nun aber mit seinen vielen Definitionen und Abgrenzungen einen ersten wichtigen Schritt in Richtung mehr Transparenz - die Grundvoraussetzung für das Gedeihen aller hoffnungsvollen jungen Märkte. Nicht wundern also, wenn in Zukunft deutlich mehr Deals aus Duisburg-Marxloh als München-Bogenhausen vermeldet werden. ph

Noch keine Bewertungen vorhanden


X