Kleinere Wohnungen bleiben ein wertvolles Asset

Michael Dinkel; Quelle: Savvy Group

Was geschieht nach der Pandemie? Kaufen oder verkaufen? Opportunität oder Schwarzer Schwan? Fast scheint es, als sei Corona für manchen ein willkommener Anlass, um sich zu profilieren. Dabei sollte man gerade im Wohnsegment keine allzu großen Erwartungen an eine Revolution haben - sie wird nicht stattfinden. Denn die Entwicklungslinien beim Wohnen sind gesellschaftlich geprägt, und die Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Menschen verändern sich so gut wie nie disruptiv, sondern in der Regel graduell.

Seit Langem sind deshalb die sozialen Megatrends die wichtigste Leitplanke für jede strategische Überlegung. Und so bedauerlich es auch für all jene ist, die eher spekulativ agieren und auf plötzliche Umschwünge auf den Märkten hoffen: An den Megatrends wird auch Corona aller Voraussicht nach nichts Substanzielles ändern. Ein gutes Beispiel ist die Pro-Kopf-Wohnfläche. Seit Beginn der Pandemie ist oft die These zu hören gewesen, die Flächennachfrage werde nun deutlich wachsen. Schließlich wechselten nun viele Menschen dauerhaft ins Homeoffice - und das Leben auf dem Land werde plötzlich wieder viel attraktiver.

Kurzfristig mag das in Einzelfällen sogar zutreffen. Doch mittelfristig wird Covid-19 nicht den Einfluss haben, den mancher vorhersagt. Megatrends wie der weltweiten Urbanisierung und der zunehmenden Tendenz zu mehr Ein-Personen-Haushalten liegen selbstverständlich jeweils mehrere interdependente Entwicklungen zugrunde. Allein bis 2030 soll etwa die Zahl der Haushalte in Deutschland um etwa eine halbe Million wachsen. Gerade in den urbanen Zentren, die schon heute von einem Wohnungs- und Bauflächenmangel betroffen sind, lässt sich die daraus entstehende Nachfrage nur auf eine Art lösen: Das Angebot an Wohneinheiten mit aus heutiger Sicht unterdurchschnittlicher Wohnfläche muss wachsen.

Doch die Deutschen werden deswegen in Zukunft nicht schlechter wohnen als heute. Denn zweifellos bleiben Faktoren wie Lage, Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und die Freizeit- und Versorgungsangebote im direkten Umfeld weiterhin entscheidende Kriterien für die subjektive Bewertung des Wohnwerts. Es ist also nur logisch, dass es Wohnungen in den lebendigen Kiezen der Metropolen sind, die in diesen Standortkategorien Bestwerte erzielen. Und was sollte Corona dauerhaft daran ändern, dass man ein quirliges und abwechslungsreiches Umfeld vor allem in zentrumsnahen Lagen findet? Die wichtigste Herausforderung liegt deshalb darin, den knappen innerstädtischen Baugrund so auszunutzen, dass gute Wohnungen für möglichst viele Menschen entstehen. Der Fehler läge also wie so oft darin, auf einen großen Wurf statt auf solide Arbeit zu setzen: Es sind weiterhin Projektentwickler und Architekten gefragt, die mit durchdachter Architektur und cleveren Designs eine hohe Wohnqualität bieten.

Die Nutzer selbst suchen schon länger selbst nach kreativen Lösungen, gerade im Hinblick auf eine nachhaltigere Lebensweise. Im In- und Ausland stellen sich immer mehr Designer, Architekten und Hochschulen der Frage, wie auf kleiner Fläche ein hoher Wohnkomfort geschaffen werden kann. Eines der meistgenannten Argumente: Sowohl hinsichtlich der Gesamtenergiebilanz pro Kopf als auch bei der sozialen Nachhaltigkeit punkten kleine Wohnungen. Denn wenn Wohnraum dort entsteht, wo bereits Vereine und Bildungsinstitutionen, medizinische Einrichtungen und ein abwechslungsreiches Gastronomie- und Einzelhandelsangebot existieren, bleiben die ökonomischen und gesellschaftlichen Folge kosten gering. Realistischerweise ist dies nur mit kleineren Wohnflächen umzusetzen - und diese bleiben somit ein attraktives Feld für ambitionierte, aber bodenständige Geschäftsmodelle.

Dr. Michael Dinkel, Geschäftsführer, SAVVY Group GmbH, München

Michael Dinkel , Geschäftsführer, SAVVY Group GmbH, München
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