Das Lied der urbanen Kreativität

Constantin Sepmeier, Gründer und Geschäftsführer, Accom Immobilien GmbH, Gräfelfing
Quelle: Accom Immobilien

Die Zukunft der Arbeit liegt im Herzen Berlins oder Hamburgs. Die jungen, kreativen Menschen wollen alle in die Metropolen und an den Puls der Zeit. Das könnte man zumindest denken, wenn man sich der öffentlichen Meinung der jüngeren Vergangenheit anschließt. Nicht allzu viele Stimmen sind so kritisch wie die Stiftung Baukultur: Das politische und planerische Handeln ist zu sehr auf die Extreme ausgerichtet, also auf die millionenstarken Wachstumsmetropolen und vielleicht noch auf die kleinen, dramatisch schrumpfenden Dörfer. Die mittelgroßen Städte hingegen seien ein weißer Fleck auf der Landkarte für Politik und Co.

Doch sie sind kein weißer Fleck für den überwiegenden Teil der Bevölkerung. Rund sieben von zehn Menschen leben hierzulande nicht in den großen Millionenstädten. Und vor allem arbeiten die meisten Menschen überhaupt nicht in kreativen Bereichen oder Start-ups, sodass sie vermeintlich unbedingt nach Berlin müssen. Nehmen wir doch einmal die Software- und Games-Industrie exemplarisch dafür, wie klein manch kreatives Segmente ausfällt. Mit Software und Spielen für Computer und Konsolen verdienen in Deutschland bestenfalls eine halbe Million Menschen ihr Geld. Zum Vergleich: Das Handwerk ist mit Blick auf die Beschäftigten ungefähr elf Mal so groß. Hier werden 5,4 Millionen arbeitende Menschen gezählt. Das Bundeswirtschaftsministerium, von dem die Zahlen stammen, spricht vom Rückgrat des deutschen Mittelstands. Selbst wenn die gesamte Kreativ- und außerdem die Kulturwirtschaft mitgezählt und addiert wird, bleibt das Handwerk als Jobmotor immer noch dreimal so groß.

Und die zahlreichen nichtkreativen Jobs sind gleichzeitig eben häufig auch nichturban. Natürlich: Es gibt auch Handwerksunternehmen in Berlin und Hamburg. Das gleiche gilt für andere nichtkreative Berufe wie klassische Ingenieure, Techniker oder auch IT-Fachleuten. Aber die wirklich erfolgreichen Unternehmen sitzen erstaunlich oft in den oben genannten mittelgroßen Städten. Ein Beispiel ist Hannover: Vor dessen Toren findet sich die Firma Sennheiser. Sie gilt als führend am Markt für Kopfhörer, Mikrofone und drahtlose Übertragungstechnik. Und sie behauptet sich dabei gegen Unternehmen wie Sony. Kein Einzelfall.

Es steht außer Frage, dass Städte wie Berlin anziehend bleiben - gerade für junge Menschen. Aber es darf eben auch nicht übersehen werden: Viele Menschen (auch junge) sehnen sich nach Stabilität. Und gerade solche Mittelständler, die in ihrem Segment führend sind, sind erstaunlich oft mit ihrem Standort verbunden und verwurzelt - und bleiben ihrer Stadt mit ihren Arbeitsplätzen dauerhaft treu. Solche Unternehmen prägen ihren Standort und sorgen auch in Krisenzeiten für Stabilität. Wir sollten vor diesem Hintergrund nicht von weißen Flecken reden, auch nicht von mittelgroßen Städten, sondern von Mittelstandsstädten. In ihnen liegt erstaunlich viel Zukunft der Arbeit - mit den entsprechenden Implikationen gerade auch für Immobilieninvestments.

Constantin Sepmeier, Gründer und Geschäftsführer, Accom Immobilien GmbH, Gräfelfing

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