Logistik: Sicherer Hafen oder Risiko-Spielfeld?

Matthias Pink, Head of Research Germany, Savills Deutschland, Frankfurt am Main

Kaum ein Immobiliensegment wächst derart rasant wie das der Logistikimmobilien. Jedes Jahr entstehen derzeit etwa 4 Millionen Quadratmeter neue Logistikfläche. Zu diesem Wachstum tragen wir als Konsumenten maßgeblich bei. Wir gewöhnen uns so langsam daran, dass unsere Einkäufe zu uns kommen und nicht umgekehrt. Und da der Onlinehandel einen etwa drei Mal höheren Logistikflächenbedarf als der stationäre Einzelhandel hat, ist das Logistikflächenwachstum geradezu unausweichlich. Keine Frage: Viele von uns werden auch künftig nicht auf ihren Einkaufsbummel am Ku´damm, an der Kö oder Zeil verzichten wollen. Aber es ist eben nur noch eine Form des Einkaufens, und selbst hier stellt sich die Frage, ob wir uns die gekauften Sachen nicht lieber am selben Tag nach Hause liefern lassen, statt sie mit uns rumzutragen. So oder so: Logistikimmobilien gewinnen im Wettbewerb mit Geschäftshäusern, Shoppingcentern und Co. deutlich an Boden und wandeln sich von einer sogenannten alternativen zu einer etablierten Assetklasse. Noch finden sich die Logistikimmobilien vorwiegend in den Portfolios von spezialisierten Investoren wieder. Früher oder später wird der Bedeutungsgewinn dieser Immobilienart aber auch die Entscheidungen der Portfoliomanager von breiter ausgerichteten Kapitalsammelstellen bei der Allokation ihrer Anlegergelder auf die Assetklassen beeinflussen. Das absehbare Ergebnis: Logistik wird stärker gewichtet, der Anteil an Einzelhandelsimmobilien reduziert.

Aber so wenig, wie man ein Geschäftshaus am Neuen Wall mit einem Fachmarktzentrum in Goslar vergleichen kann, darf man ein multimodales Logistikzentrum in Bad Hersfeld mit einem innerstädtischen Lager für die Warenzustellung auf der sogenannten "letzten Meile" in einen Topf werfen. Denn mit dem Wachstum des Logistikimmobilienmarktes geht auch eine starke Ausdifferenzierung dieses Immobilientyps einher. Präsentestes Beispiel ist die City-Logistik: Mit den Serviceversprechen der Amazons, Zalandos oder Ottos rückt die Logistik immer näher an uns Konsumenten heran. Themen sind same day, same hour und last mile delivery - erst recht, wenn der Onlinehandel mit Lebensmitteln Fahrt aufnimmt.

Doch für Logistik in der Stadt - zumal in einem bisher noch nie gekannten Umfang - gibt es noch kein etabliertes Konzept. Von mehrgeschossigen urbanen Logistikzentren über zu virtuellen Lagern zusammengefasste Flächen in Kellerräumen oder Parkhäusern bis hin zu wohnortnah aufgestellten Containern, aus denen Fahrradkuriere die Waren für die Zustellung an den Konsumenten abholen, sind zahlreiche Konzepte im Gespräch und in der Erprobung. Für risiko averse Investoren ist dieser Teil des Logistikimmobilienmarktes noch nicht reif genug. Das ist eher ein Spielfeld für Risikokapital und die Nutzer selbst. Schließlich handelt es sich hier um strategisch wichtige Standorte, die über Erfolg oder Misserfolg eines gesamten Geschäftsmodells entscheiden können. Diese raren Flächen wollen Amazon & Co. möglicherweise lieber komplett unter ihre Kontrolle bringen und nicht nur mieten.

Anders sieht es bei großformatigen Logistikhallen vor den Toren der Stadt aus, deren Zahl ebenfalls rasant steigt. Ein Großteil hiervon wird von internationalen Projektentwicklern nach weltweit ähnlichen Standards gebaut. Damit sie für den institutionellen Kapitalmarkt interessant sind, wird auch auf eine Drittverwendungsfähigkeit der Objekte geachtet. Hier können Investoren ihr Geld vergleichsweise sicher in langfristig an bonitätsstarke Unternehmen vermietete Objekte anlegen. Klar, auch hier hinterlässt der technologische Wandel seine Spuren und Immobilien, die gestern noch modern waren, sind morgen möglicherweise schon wieder veraltet. Dies betrifft aber längst nicht nur Logistikimmobilien: Viele der einst stolzen Warenhäuser sind längst Geschichte und manches Shoppingcenter wird wohl eine kürzere Restlebensdauer genießen können als viele Logistikzentren. Insofern lautet die Botschaft: Wer sich mit Verweis auf ihr geringes Risiko Einzelhandelsimmobilien ins Portfolio holt, sollte auch zu Logistikimmobilien nicht mehr pauschal Nein sagen.

Matthias Pink, Head of Research Germany, Savills Deutschland, Frankfurt am Main

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