Mietendeckel: Politikversagen mit Ansage

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Wohnungsmarkt Berlin. Mehr noch als andere Städte kämpft die Bundeshauptstadt mit sozialen Spannungen aufgrund immer teurer werdender Wohnungen. Die rot-rot-grüne Berliner Koalition hat reagiert und vor etwas mehr als einem Jahr das Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung (MietenWoG Bln) beschlossen. Nach einem Jahr fällt die Bilanz mehr als bescheiden aus. Zwar hat der Mietendeckel zu sinkenden Preisen auf dem Immobilienmarkt der Hauptstadt geführt. Laut einer Untersuchung von Immobilienscout24 sind die Angebots mieten für freie Wohnungen, die von der Regelung betroffen sind, innerhalb der vergangenen zwölf Monate von 10,46 Euro pro Quadratmeter auf 9,64 Euro gesunken. Um davon zu profitieren müssten die Interessenten aber erst einmal eine Wohnung finden. Und das wird immer schwieriger. Denn innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Bewerber pro Objekt von durchschnittlich 128 im Januar 2020 auf 214 im Januar 2021 gestiegen. Das Problem: Der Mietendeckel führt zwar zu leicht sinkenden Mieten, aber auch zu einem stark rückläufigen Angebot an Mietwohnungen. Dieses ging für ganz Berlin betrachtet im vergangenen Jahr um 19 Prozent zurück, bei den Wohnungen, die unter den Mietendeckel fallen, hat es sich sogar um 30 Prozent verringert. Es ist also all das eingetreten, was Kritiker der Berliner Politik befürchtet haben. Der Versuch, die steigenden und für immer weniger Menschen bezahlbaren Mieten mit einer Obergrenze zu versehen, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Denn die hohen Mieten werden in den allermeisten Fällen von der Knappheit verursacht.

Doch auch an dieser Stelle steht die Bundeshauptstadt nicht gut da, für GdW-Präsident Axel Gedaschko hat es die rot-rot-grüne Koalition sogar "komplett versemmelt". Denn zwischen 2007 und 2018 habe Berlin gerade einmal 12 880 Sozialwohnungen geschaffen, das nur halb so große Hamburg dagegen 28 500. Man mag zu Gute halten, dass das nicht nur ein Berliner Phänomen ist. Bundesweit hat sich die Anzahl der Sozialwohnungen seit 2007 laut Statista fast halbiert. Die Gründe für diese Entwicklung werden gleich mit angeführt: Der soziale Wohnungsbau in Deutschland wird von Unternehmen der Immobilienwirtschaft größtenteils als unattraktiv wahrgenommen, die im Vergleich zum frei finanzierten Wohnungsbau geringere Rendite, Mietpreisbindungen und eine abschreckende Wirkung des sozial schwachen Mieterklientels lassen viele Investoren zögern. Es zeigt sich wieder einmal: Nicht alle staatlichen Eingriffe, mögen sie auch noch so sozial gedacht sein, führen zum ge wünschten Ergebnis. Und manchmal sollte man auf die Experten hören. Es wird spannend sein zu beobachten, wie die Verantwortlichen auf diese erste Jahresbilanz reagieren. Hoffentlich nicht gar nicht. P.O.

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