Projektentwicklungen als Renditebringer

Das Sparbuch ist mit historisch-niedrigen Zinsen knapp über Null nicht mehr attraktiv für Anleger. Noch immer meiden viele Deutsche seit der Finanzkrise den Aktienmarkt. Aufgrund von vergleichsweise guter Renditeerwartungen und vermeintlicher Sicherheit orientieren sich Anleger deshalb hin zu Sachwerten.

Privatanleger, die sich keine Wohnung oder Haus als Anlage leisten können, investieren wieder vermehrt in offene Immobilienfonds. Sie verheißen Renditen von immerhin zwei bis drei Prozent pro Jahr. So wurden laut dem Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) im ersten Quartal dieses Jahres 2,3 Milliarden Euro investiert. Dies ist seit 2010 das beste Quartalsergebnis. Zum Vergleich waren es 2015 im gesamten Jahr 5,3 Milliarden Euro und 3,9 Milliarden Euro 2014.

Für das zweite Quartal wird aber deutlich weniger Neugeschäft erwartet, denn immer mehr Fonds nehmen keine Einzahlungen mehr an. Hierzu gehören die Grundbesitz Fokus Deutschland der Deutschen Bank, die drei offenen Fonds von Union Investment, der Volksbanken-Fondsgesellschaft, Leading Cities Invest von Kanam Grund, Grundbesitz Fokus Deutschland und der Wertgrund Wohnselect. Auch die Zielmarke der Deka-Gruppe für neu anzulegendes Geld soll von den Sparkassen nahezu erreicht sein. Der Grund liegt in der Geldflut bei gleichzeitiger Produktknappheit, die zu deutlich steigenden Immobilienpreisen führt. Wer zu viel Kapital einsammelt, läuft Gefahr, es nicht schnell genug in attraktive Objekte investieren zu können, sondern im Gegenteil bei Negativzinsen teure Liquidität vorhalten zu müssen.

Folgerichtig investieren die Fondsmanager entweder in Immobilien mit einem höheren Risiko, wie zum Beispiel Core-Plus-Objekte und Objekte in schlechteren Lagen oder sie vollziehen einen "Cash-Stopp" und schließen kurzerhand die Anlagemöglichkeit.

Es ist nicht zu erwarten, dass sich an der Situation so schnell etwas ändern wird, zumindest nicht in 2016. Im Zuge der Lehman-Pleite 2008 mussten viele offene Immobilienfonds ihre Objekte schnell verkaufen, weil Anleger ihr Geld abzogen. Zahlreiche Fonds mussten abgewickelt werden. Noch vor zwei Jahren blieb den Anlegern von 15 offenen Immobilienfonds mit einem Fondsvermögen von rund 15 Milliarden Euro der Zugang zu ihrem Kapital verwehrt, weil Liquiditätsprobleme zur Liquidation führten. Anleger warten zum Teil heute noch auf ihr Geld.

Aus einer neuen Studie von Oliver Weinrich und Sandra Kielholz von Drescher & Cie Immo Consult geht hervor, dass es keinem Fonds gelungen ist, seine Objekte während der Liquidation ohne Verluste für die Anleger zu veräußern. Die Verluste bewegen sich seit Ende 2007 zwischen 13 Prozent und 66 Prozent. Um die Wiederholung einer solchen Krise auszuschließen, verschärfte der Gesetzgeber 2013 im KAGB die Vorschriften für diese Assetklasse.

Seitdem müssen Neuzeichner ihre Anteile für mindestens zwei Jahre halten und können sie danach nur mit einer Frist von zwölf Monaten kündigen. Und auch die Kreditaufnahme wurde begrenzt: Das Fremdkapital darf nur noch maximal 30 Prozent des Gesamtverkehrsvolumens betragen. Die Unterschiede zwischen geschlossenen und offenen Immobilienfonds verschwimmen deshalb immer mehr. Dies und die Erinnerung an die Immobilienkrise hat aber offensichtlich weder die Attraktivität der offenen Vehikel nachhaltig beeinträchtigt, noch die der geschlossenen Fonds verbessert.

Geschlossene Immobilienfonds bleiben aus Sicht vieler Anleger verbrannt. Sie ziehen nur einen Bruchteil des Volumens der offenen Wettbewerber an. Das liegt zum einen an der breiteren Risikostreuung und zum anderen lassen sich viele Anleger von der vermeintlichen Flexibilität der offenen Fonds leiten. Diese wird jedoch gegebenenfalls teuer erkauft: Die Liquiditätsquote, die bei offenen Fonds laut Scope durchschnittlich etwa 20 Prozent beträgt, bringt in der Niedrigzins phase nicht nur keine Erträge, sondern kostet unter Umständen sogar Strafzinsen.

Auch geschlossene Fonds stehen vor der Herausforderung, dass attraktive Immobilien derzeit nur zu Höchstpreisen erhältlich sind. Die beim Anleger so beliebte Buy-and-Hold-Strategie ist demnach in der aktuellen Marktphase kaum mehr zur Erzielung von auskömmlichen Renditen geeignet. Eher birgt sie, genauso wie Standort-Ausweichstrategien, zusätzliche Risiken für das Portfolio.

Warum sich plötzlich B-Standorte langfristig besser entwickeln sollen als die Toplagen, erscheint wenig überzeugend. Statt also über Standortwechsel und "ABBA-Theorien" zu sinnieren, kann ein Strategiewechsel helfen, auskömmliche Renditen aus echter Wertschöpfung zu generieren. Wo findet diese heute überzeugender statt als in der Projektentwicklung? Die Entwicklung und Umsetzung einer schlüssigen immobilienwirtschaftlichen Konzeption führt zu nachhaltiger Wertsteigerung und ist derzeit der attraktivste Investmentbereich in der Immobilienbranche.

Kein anderes Segment kann ein derartiges Chancen-/Risikenprofil vorweisen. Der stabile Arbeitsmarkt, der Mangel an Wohnimmobilien und Büroflächen sorgen dafür, dass die Nachfrage nach Neubauten in Deutschland ungebrochen ist. Dennoch sind Projektentwicklungen keine Selbstläufer. Projektentwicklung und deren Finanzierung ist etwas für Experten. Nur wer sich dieser Anforderungen bewusst ist, sollte auch in Projektfinanzierungen investieren.

Moritz Eversmann, Geschäftsführer, Vivum GmbH, Hamburg

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