Proptechs: Keine Gefahr!

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Deutschland ist bemüht. Egal welche Talkshow man einschaltet, egal welche Rede man sich anhört oder mit welchem Verantwortungsträger man sich unterhält - ein Begriff kommt neben Nachhaltigkeit derzeit immer vor: Digitalisierung. Auch wenn sich nur wenige so richtig vorstellen können, was sich hinter diesem Deckmantel für alles Neue, für alles Disruptive wirklich verbirgt, redet jeder darüber und hofft auf eine positive Wirkung. Allein 73 Mal findet sich das Wort Digitalisierung im gerade mal wieder auf der Kippe stehenden Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung. Der Wille ist also da.

In Sachen Umsetzung hinkt Deutschland dagegen nach wie vor hinterher. Laut dem Digital Economy and Society Index (DESI) 2018 der EU-Kommission landet die Bundesrepublik gerade mal auf dem 14. Platz der 28 Mitgliedsstaaten. In dem Report werden die digitale Konnektivität, digitale Fertigkeiten im Internet, Digitalisierung von Unternehmen und digitale öffentliche Dienste verglichen. Dabei liegen die Probleme nicht nur bei der öffentlichen Hand, sondern vor allem auch bei den Unternehmen selbst. Der aktuellen Untersuchung von Riverbed zufolge sind 92 Prozent der Befragten aus deutschen Unternehmen davon überzeugt, dass eine Digital-Strategie grundsätzlich nötig wäre, um im Wettbewerb nicht weiter zurückzufallen und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. Allerdings haben erst 53 Prozent der Firmen bislang eine eigene Digital-Strategie definiert. Weitere 24 Prozent wollen dies erst in den kommenden zwölf Monaten erledigen. "Deutschland ist deshalb kein Antreiber in der Digitalisierung, weil in der Bevölkerung eine große Verunsicherung und Angst vor der Digitalisierung herrschen", sagte die für die Digitalisierung zuständige Staatsministerin Dorothee Bär.

Auch die Immobilienwirtschaft tut sich nach einschlägigen Untersuchungen bislang eher schwer mit der technischen Veränderung und sieht mehr Gefahren als Chancen. Das lässt Raum für innovative Eindringlinge in den Markt. Die Anzahl von Unternehmen, die sich als Proptech bezeichnen, ist Catella zufolge in Deutschland auf mittlerweile mehr als 300 angestiegen. Gleichwohl ist diese Zahl nur eine Stromgröße, da noch immer keine umfassende Definition oder Abgrenzung eines Proptechs aufseiten der Immobilienbranche beziehungsweise deren Verbände existiert. Die durchschnittliche Mitarbeitergröße bei Proptechs liegt aktuell in der Spanne zwischen 13 und 16 Mitarbeitern, die im Schnitt 29 Jahre alt sind. Lediglich 30 Prozent der Mitarbeiter haben vor ihrer jetzigen Position in der Immobilienwirtschaft gearbeitet und nur 21 Prozent haben ein immobilienwirtschaftliches Studium oder eine entsprechende Ausbildung absolviert. Insgesamt, so Catella, hat sich der vor einigen Jahren noch sehr heterogene Markt deutscher Proptech-Unternehmen inzwischen spürbar sortiert: Neben Proptechs, die sich mit innovativen Geschäftsmodellen auf bestimmte Teile der Wertschöpfungskette der Immobilienwirtschaft konzentrieren, findet sich die Digitalisierung auch in Branchen wie dem Property Management, dem Asset Management oder Data Services.

Und die etablierten Unternehmen? Verharren so ein bisschen wie das Kaninchen vor der Schlange. Und das ohne Grund, wie Catella festgestellt hat. Denn die Bereitschaft der Proptechs zu Kooperationen ist laut Umfrage sehr hoch und kann für die zögerlichen Platzhirsche ein guter und effizienter Mechanismus sein, um die digitale Transformation anzugehen. Proptechs sind keine Gefahr, sondern eine Chance. P.O.

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