Studenten bestreiten alles

Neue und ungewöhnliche Investitionsmöglichkeiten fluten bekanntlich derzeit den Markt. So mancher entwächst da seinem Nischendasein, andere überspringen quasi diese anfängliche Randexistenz und mausern sich direkt zum Geheimtipp unter den Investorenlieblingen. Ein Paradebeispiel des Letztgenannten: der Studentenwohnungsmarkt.

Die Ausgangssituation: Es gibt immer mehr Studenten, laut einem entsprechenden Marktbericht von Savills 36 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Gleichzeitig steigen in vielen deutschen Hochschulstädten die Mieten, sodass die für Studenten erschwinglichen Wohnungen rar werden. Die Folge: Die Studierenden werden zunehmend vom freien Wohnungsmarkt verdrängt. Auch die öffentlich geförderten Wohnplätze, wie beispielsweise von Studentenwerken, können das mengenmäßig nicht auffangen. Laut des Marktberichtes stieg die Zahl solcher Plätze in den vergangenen Jahren nur geringfügig, womit die bundesweite Versorgungsquote seitens der öffentlichen Einrichtungen in den letzten Jahren konsequent auf unter 10 Prozent abgenommen hat.

Hier kommen nun also die privat betriebenen Wohnanlagen ins Spiel, die es bis vor wenigen Jahren kaum gegeben hat. Lediglich 12 000 Plätze privater Träger gab es im Jahr 2010 in den 30 größten deutschen Hochschulstädten; sie standen über 1,2 Millionen Studenten gegenüber. Eine Versorgungsquote von unter einem Prozent. Eine Angebotslücke, die die Privaten gerne füllen. Mittlerweile hat sich der private Bestand auf 25 000 Plätze verdoppelt und die Savills-Prognose zeigt steil nach oben. Im Fokus der Privaten stehen insbesondere die großen Hochschulstädte mit angespannten Wohnungsmärkten, auf denen es für Studenten kaum mehr möglich beziehungsweise erschwinglich ist, eine vom Großteil präferierte 20 bis 25 Quadratmeter große Einzimmerwohnung zu finden. 2020 gehen die Analysten unter Berücksichtigung aller in Planung und Bau befindlichen Objekte von einer weiteren Verdopplung auf 41 000 Plätze aus. Der Marktanteil privater Betreiber wird damit von 6 Prozent im Jahr 2000 auf voraussichtlich rund 22 Prozent im Jahr 2020 steigen.

Die Transaktionsvolumina erhöhen sich aktuell entsprechend rasant. Wo es vorher kaum etwas zu investieren gab, wurden im vergangenen Jahr Studentenwohnanlagen für über 220 Millionen Euro gehandelt - das entspricht dem Doppelten des Vorjahreswertes. Zunächst steht und fällt die Zahl mit Projektentwicklungen; knapp 90 Prozent des Transaktionsvolumens entfielen auf Objekte, die sich - neben zahlreichen anderen - in der Pipeline befinden.

Der rasant wachsende investierbare Bestand lässt demnach langfristig noch wesentlich höhere Transaktionsvolumina erwarten, was natürlich auch eine Diversifikation der Investoren nach sich zieht. So traten letztes Jahr erstmals auch Pensionskassen und Versicherungen als Käufer auf die Bildfläche. Die institutionellen Investoren haben studentische Luft geschnuppert, und auch die Ausländer machen sich langsam bereit, aufs deutsche Studentenparkett zu treten.

Kein Wunder: Die durchschnittlich gezahlten Preise auf Investorenseite bewegen sich in einer Spanne zwischen 3 000 und 5 000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Dafür gibt es dann eine Bruttoanfangsrendite von 5,5 bis 6,5 Prozent bei Wohnanlagen mit Generalmietvertrag. Für Objekte mit Einzelmietvertrag können sogar mehr als 7 Prozent erzielt werden. Und je größer die Stadt, desto geringer ist dabei das Risiko: Als sicher gilt ein Investment in den Metropolen; in Berlin, Frankfurt am Main, München oder Hamburg werden die Unterkünfte auch gebraucht, wenn die Studentenzahl mal wieder abnehmen sollte.

Bei all dem Jubel, der zurzeit auf dem Studentenwohnmarkt herrscht, fehlt nur noch - auch und vor allem im Sinne des lebendigen Geistes, der am Ende dieser Prozesse steht - Wohnraum im mittleren Preissegment. Was nützt es, Studentenboom hin oder her, wenn sich am Ende nur eine Handvoll der in die Städte drängenden Studiosi ein Apartment in einer privaten Neubau-Wohnanlage leisten kann? Gerade in Freiburg, Frankfurt am Main und München, wohin es doch die meisten Studierwilligen drängt, dürfte das mit durchschnittlichen Mieten für Einzelapartments von 650 Euro, 637 Euro beziehungsweise 563 Euro schwierig werden. Denn bekanntlich bestreiten Studenten alles, nur nicht ihren Lebensunterhalt. mb

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