Trotz niedriger Zinsen waltet die Vernunft

Europas Immobilienmärkte boomen. Ihre gute Verfassung ist auch an der Entwicklung der Ratings von Immobiliengesellschaften abzulesen. Bei keiner der von der Ratingagentur S & P insgesamt 28 bewerteten Gesellschaften zeigte der Daumen in diesem Jahr nach unten. Ein Drittel der Unternehmen freute sich sogar über Hochstufungen. In diesen Fällen profitieren vor allem die bereits investierten Anleger, haben sie doch beispielsweise Bonds auf Basis der früher niedrigeren Ratings gekauft und freuen sich jetzt über bonitätsbedingte niedrigere Risikoaufschläge. Für neue Investoren, die noch auf den Erfolgszug Immobilien-Gesellschaften aufspringen wollen, zeigt sich dagegen die Kehrseite der Medaille, weil es aufgrund der höheren Ratings nun geringere Renditen zu verdienen gibt. Wichtig für Investoren ist nun, dass die Hochstufungen von Dauer sind und die Analysten nicht bei Veränderungen des wirtschaftlichen Umfeldes sofort wieder die Daumen senken. Generell positiv ist zu werten, dass vor allem die großen Unternehmen ihre strategische Finanzpolitik neu ausrichten. Es werden häufig konservativere Zielgrößen verabschiedet, beispielsweise für den Verschuldungsgrad (debt leverage). Dies ist vor dem Hintergrund der historisch niedrigen Zinsen durchaus eine Überraschung, denn nur allzu häufig verleitet billiges Geld zum Aufbau von Leverage. Mit dieser Strategie sichern die Unternehmen ihr Investment- Grade-Rating ab, was im Interesse der Investoren liegt, denen häufig Stabilität und Überraschungsarmut über alles geht.

Für die allgemeine Marktentwicklung ist Standard & Poor´s generell optimistisch, in den nächsten Jahren werden keine starken Veränderungen erwartet. Allerdings könnte es positive Impulse von ausgewählten Übernahmetransaktionen geben, die Größenvorteile (economies of scale) bringen beziehungsweise zu einer deutlichen Optimierung der geografischen Diversifizierung führen. Darüber hinaus ist das Risiko, dass es zu negativen Wertveränderungen bei den Wohnimmobilien kommt, aus Sicht der Analysten relativ gering. Dies zeigt sich auch daran, dass die erzielbaren Renditen - trotz der rekordniedrigen Geld- und Kapitalmarktzinsen - weiterhin relativ hoch sind und damit auf eine eher konservative Bewertung hinweisen.

Unter den deutschen Gesellschaften stufte S & P inzwischen die in den Dax aufgerückte Vonovia, (noch unter dem alten Namen Deutsche Annington), die Deutsche Wohnen und Grand City Properties hoch. Deren Ratings liegen mittlerweile im soliden Investment-Grade-Bereich von "BBB bis A+" und verfügen alle über einen stabilen Ausblick. In der Ratingsprache heißt das, dass die Bewertungen mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln in den kommenden beiden Jahren unverändert bleiben. Erfreulicherweise sorgten in den meisten Fällen Verbesserungen der finanziellen Verfassung und des Risikoprofils für die Hochstufungen. Bei Vonovia trug auch die Übernahme von Gagfah für eine bessere Einstufung durch die Analysten von Standard & Poor's bei. Noch keine Berücksichtigung konnte bislang der gerade erst angekündigte Zusammenschluss von Deutscher Wohnen und LEG zu einem weiteren deutschen Schwergewicht unter den europäischen Wohnimmobilienunternehmen finden. Dem bisherigen Trend folgend dürften die Rater das eher positiv denn negativ werten. ber

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