Unternehmensimmobilien: (k)ein Klotz am Bein?

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Deutsche Unternehmen legen in Immobilienfragen traditionell großen Wert auf Unabhängigkeit. So befinden sich noch immer rund 70 Prozent der Liegenschaften, die hiesige Firmen für ihre Unternehmungen nutzen, im Eigentum. Zum Vergleich: Im angelsächsischen Raum beträgt die Quote mittlerweile nur mehr 30 bis 40 Prozent. Diese Unabhängigkeit kostet allerdings einen hohen Preis: Zum einen wird dadurch enorm viel Kapital gebunden, unterschiedlichen Hochrechnungen zufolge summiert sich der dem Corporate Real Estate zuzurechnende Marktwert auf 2,7 bis 3,0 Billionen Euro - das entspricht gut einem Drittel des gesamten Immobilienvermögens in Deutschland. Und zum anderen verursacht die operative Bewirtschaftung der Liegenschaften hohe laufende Kosten. Laut CBRE fielen dafür im Jahr 2014 alleine bei den 30 Dax-Konzernen rund 30 Milliarden Euro an.

Angesichts solcher Größenordnungen sollte man eigentlich davon ausgehen dürfen, dass bei solchen Unternehmen ein professionelles Corporate Real Estate Management (CREM) mittlerweile höchste Priorität genießt. Eine aktuelle Untersuchung von Drees & Sommer ("Trendstudie Real Estate Management") legt diesbezüglich jedoch einen anderen Schluss nahe. Von wenigen Ausnahmen abgesehen fungiere die Immobilie zumeist nach wie vor lediglich als notwendige "Hülle" zur Ermöglichung des eigentlichen Kerngeschäfts, kommentierte Thomas Häusser, Partner bei Drees & Sommer, die Studienergebnisse bei der Präsentation in Frankfurt am Main. Nachholbedarf sieht er insbesondere mit Blick auf die Tatsache, wonach das Immobilienmanagement bei mehr als jedem dritten befragten Corporate noch immer dezentral - teils über Kontinente hinweg - organisiert ist. Als Folge dessen fehlte in solchen Fällen schlicht die nötige Transparenz zu den einzelnen Objekten sowie der Überblick über das Gesamtportfolio. Ein Umstand, der das Heben nennenswerter Flächen- und Kostensynergien natürlich erheblich erschwert. Häusser appelliert angesichts dieser oftmals über Jahrzehnte gewachsenen, unvorteilhaften Strukturen an die Konzerne, der Immobilie endlich "eine Stimme zu geben".

Probleme tun sich darüber hinaus auch an anderer Stelle auf. So geben ein Drittel der befragten Immobilienmanager an, dass die von ihnen betreuten Unternehmensimmobilien bezüglich Technik, Substanz und Konzeption nicht mehr zeitgemäß seien. Der naheliegende Grund dafür: Im Zuge der Digitalisierung (Stichwort "Industrie 4.0") erhöhen sich die Ansprüche an Unternehmensimmobilien laufend, insbesondere bei produktionsnahen Objekten werden Aspekte wie Flexibilität und Multifunktionalität der Flächen immer mehr zum Zünglein an der Waage. Will man hier Schritt halten, werden die deutschen Unternehmen ihren Immobilienbeständen künftig also deutlich mehr Aufmerksamkeit - strategisch wie finanziell - widmen müssen. Es sei denn, man trennt sich doch von den Liegenschaften, um den Fokus ausschließlich auf das jeweilige Kerngeschäft richten zu können. Der Zeitpunkt für diese Variante wäre jedenfalls günstig. Laut dem Marktbericht der "Initiative Unternehmensimmobilien" ist das Interesse institutioneller Investoren an dieser Assetklasse seit Jahren sehr groß und übertrifft das Angebot bei weitem. ph

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