Widersprüchliches zur Erschwinglichkeit von Wohnraum

Die seit Jahren kontrovers geführte Debatte über die Erschwinglichkeit von Wohnraum in Deutschland ist seit Juni um zwei interessante Untersuchungen reicher. Zum Glätten der Wogen werden sie allerdings wohl nicht beitragen. So veröffentlichte zunächst ein Forschungsteam um den Stadtsoziologen Dr. Andrej Holm von der Humboldt-Universität eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie zur Mietbelastung in hiesigen Großstädten, die alles in allem ein ziemlich düsteres Bild zeichnet. Demnach zahlen fast die Hälfte (49,2 Prozent) der rund 8,4 Millionen Mieterhaushalte, die in Deutschlands Städten mit mindestens 100 000 Einwohnern wohnen, mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Bruttowarmmiete.

Da die Mietbelastungsquote mit sinkendem Einkommen steigt, zahlen laut Studie rund 25,9 Prozent der Haushalte in den 77 deutschen Großstädten mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Warmmiete. Fast 12 Prozent aller Mieter müssten sogar über 50 Prozent ihres Einkommens für die Wohnkosten entrichten. Dabei seien eventuelle Sozialtransfers und Wohngeld schon berücksichtigt, die Ausgaben für die steigenden Strom- und CO2-Preise dagegen nicht. "Die Mietbelastung in deutschen Städten bleibt zu hoch - fast die Hälfte aller Mieter zahlen mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommen für ihre Warmmiete und sind damit finanziell überlastet. Wir brauchen dringend einen Mietenstopp, bis sich die Situation auf den Wohnungsmärkten beruhigt hat", kommentiert die Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes (DMB), Dr. Melanie Weber-Moritz, die Ergebnisse.

Doch folgt man dem beinahe zeitgleich erschienen Accentro-Wohnkostenreport in Zusammenarbeit mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW), so ließen sich die Probleme der ächzenden Mieterschaft letztlich viel einfacher lösen als mit einem Mietenstopp: Sie müssen lediglich ins Wohneigentum wechseln, denn laut Studie lebten Selbstnutzer 2020 in 399 von 401 deutschen Kreisen günstiger als Mieter - selbst in den Metropolen. Im Bundesdurchschnitt war Wohneigentum demnach satte 56 Prozent günstiger als Mieten. Damit sei der Kostenvorteil der Nutzung einer Eigentumswohnung gegenüber einer vergleichbaren Mietwohnung um rund 7,5 Prozent gegenüber 2019 gewachsen. Selbstnutzer haben laut Accentro/IW durchschnittlich 4,32 Euro pro Quadratmeter gezahlt, Neuvertragsmieten für vergleichbare Wohnungen lagen hingegen bei 9,89 Euro. Mit der Hauptgrund dafür seien die weiter extrem günstigen Zinskonditionen für Hypothekendarlehen, die die Preissteigerungen zumeist kompensierten. In den Ohren vieler Mieter dürfte das wie Hohn klingen. Denn natürlich bleibt Wohneigentum für die meisten von ihnen aufgrund des fehlenden Eigenkapitals unerschwinglich - niedrige Zinsen hin oder her. Und somit wird ihr Geld auch in Zukunft Monat für Monat in die Tasche der Vermieter wandern. Red.

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