Ziemlich beste Freunde

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Corona-Mutationen, verschärfte Lockdowns, logistische Probleme bei der Impfstoffverteilung, Brexit-Belastungen, Regierungskrise in Italien, bürgerkriegsähnliche Zustände in den USA - die Stoßgebete für ein zumindest etwas ruhigeres, berechenbareres Jahr 2021 wurden bislang ja nicht wirklich erhört. Zumindest ein - wenn auch etwas befremdlicher - Lichtblick bot sich inmitten dieses turbulenten Jahresauftakts dann aber doch: An den globalen Aktienmärkten prallten all diese Geschehnisse ab, der Dax zum Beispiel legte einen absoluten Traumstart hin und erklomm am 7. Januar 2021 zum ersten Mal in seiner Geschichte die Marke von 14 000 Punkten.

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Ein ganz wesentlicher Faktor für diese Rallye ist das mittlerweile offensichtlich unerschütterliche Vertrauen an den Finanz- und Kapitalmärkten, dass das neue "Dream-Team" bestehend aus Geld- und Fiskalpolitik bei Problemen mit hochdosierten Liquiditätsspritzen intervenieren wird. Tatsächlich legen aktuellste Zahlen den schier grenzenlosen Rettungseifer dieses Tandems offen: Der IWF schätzt, dass die führenden Volkswirtschaften im Zuge der Corona-Krise bislang die gigantische Summe von rund 13 Billionen Dollar an Fiskalhilfen mobilisiert haben. Die globale öffentliche Verschuldung überschritt infolgedessen 2020 erstmals die Marke von 100 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) - ein Anstieg um satte 19 Prozentpunkte zum Vorjahr. Parallel dazu blähten sich die Bilanzen von Fed, EZB, Bank of Japan und Bank of England von zusammen rund 16,5 auf 25 Billionen Dollar auf.

Wirklich nachhaltig erscheint diese Politik der wundersamen Geldvermehrung natürlich nicht und man fragt sich zurecht, wie lange das alles ohne größere Kollateralschäden gut gehen kann. "There is no such thing as a free lunch" lautet in diesem Zusammenhang das wohl passende ökonomische Gesetz: Nichts im Leben ist am Ende des Tages umsonst - alles hat seinen Preis. Und so wird auch in diesem Fall sein. Ein konkretes Risikoszenario, vor dem selbst die Zentralbank der Zentralbanken BIZ unlängst noch einmal gewarnt hat, betrifft dabei das Phänomen der "fiskalischen Dominanz". Es beschreibt eine Situation, in der die Notenbanken über Gebühr ins Schlepptau der Regierungen geraten und dadurch schlussendlich die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit Ersterer gefährdet wird.

Momentan mag der beispiellos enge Schulterschluss zwischen Geld- und Finanzpolitik nicht weiter problematisch erscheinen, da die Interessen - Stichwort "Krisenbewältigung" - gleichgerichtet sind. Zielkonflikte können aber schnell entstehen, vor allem dann, wenn die Inflation wieder anzieht: Regierungen, die ihre Verschuldung in der Krise stark erhöht haben, könnten dann Druck auf die Geldpolitik ausüben, die Zinsen niedrig zu halten und damit de facto ihr übergeordnetes Ziel der Preisstabilität aufzuweichen.

Angesichts derzeit vielerorts sogar negativer Inflationsraten wirkt auch dieses Argument zunächst vielleicht abstrakt, doch es ist bei genauerem Hinsehen eine reale Bedrohung. Im Euroraum etwa wuchs die Geldmenge M3 zuletzt mit monatlich zweistelligen Raten. Noch steckt dieses neugeschaffene Geld zwar in der keynesianischen Liquiditätsfalle fest, das könnte sich aber schnell ändern, sobald bei den Menschen dank Impfstoff und Rückkehr zur Normalität wieder Optimismus einkehrt. Vor diesem Hintergrund wünscht man Lagarde & Co für das neue Jahr vor allem ein starkes Rückgrat, um stets die gebotene Distanz zur Fiskalpolitik zu wahren. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass aus dem derzeitigen "Dream-Team" am Ende keine unheilvolle Allianz wird.

Mit anhaltend günstigen Finanzierungsbedingungen dürfen derweil Häuslebauer und Immobilienkäufer rechnen. Nach Auskunft von Interhyp lagen die Bestsätze für zehnjährige Darlehen zum Jahresauftakt unter der Marke von 0,5 Prozent. Die Experten halten - eine konjunkturelle Erholung vorausgesetzt - leicht steigende Bauzinsen in der zweiten Jahreshälfte für möglich. ph

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