IMMOBILIEN UND IHRE FÖRDERUNG

70 JAHRE WOHNUNGSBAUPRÄMIE - UNVERZICHTBARER SPARANREIZ ZUR WOHNEIGENTUMSBILDUNG

Bernd Hertweck, Foto: W & W-Gruppe

Am 17. März 2022 feiert die Wohnungsbauprämie ihren 70. Geburtstag. Das Förderinstrument hatte in den vergangenen Jahrzehnten etwas an Bedeutung verloren, da die Einkommensgrenzen und Höchstprämien seit Mitte der neunziger Jahre nicht mehr an die Einkommens- und Preisentwicklung angepasst worden waren. Doch damit ist seit kurzem Schluss: 2020 wurden nach 25 Jahren entsprechende Anpassungen vorgenommen - endlich, meint nicht zuletzt der Autor. Die Gründe dafür beleuchtet er im nachfolgenden Beitrag ebenso wie die Ausgestaltung des Instruments im Zeitverlauf. Sein Wunsch an die Politik: eine regelmäßige Anpassung der Wohnungsbauprämie, denn nur so könne sie ihre volle Kraft entfalten. Red.

1952 waren die Herausforderungen auf den Wohnungsmärkten mit den heutigen nicht im Ansatz zu vergleichen. Im Westen Deutschlands wurden zwei Jahre zuvor etwas mehr als neun Millionen Normalwohnungen gezählt. Hinzu kamen eine knappe halbe Million Wohnungen in Notwohngebäuden - darunter Kellerwohnungen, Nissenhütten und Wohnwagen.

Reaktivierung des Spargedankens

Detailliert aufgelistet wurden die Kriegsschäden, von denen fünf Jahre nach Kriegsende noch knapp ein Drittel aller Normalwohnungen betroffen waren. Wie prekär viele Wohnverhältnisse damals waren, lässt sich anhand der Kategorie "nicht wiederhergestellt, aber bewohnt" erahnen. Bemerkenswert war auch der Umstand, dass in diesen knapp zehn Millionen Wohnungen mehr als 48 Millionen Menschen lebten.

Die Bausparkassen hatten sich der Reaktivierung des Spargedankens verschrieben und wollten einen Beitrag leisten, die Wohnungsnot zu beseitigen. Sie knüpften damit an ihre Entstehung in den zwanziger Jahren an. Damals hatte der Zusammenbruch des Realkreditsystems infolge des Ersten Weltkriegs und der Hyperinflation einen Handlungsspielraum für neue Finanzierungsmodelle eröffnet - in diesem Fall für ein Modell der Immobilienfinanzierung, das unabhängig vom allgemeinen Kapitalmarkt arbeiten sollte. Der Kollektivgedanke in der Eigenheimfinanzierung entstand.

Bis zur Einführung der Wohnungsbauprämie lag der Schwerpunkt der Wohnungspolitik darauf, schnell günstigen Mietwohnraum zu schaffen. Dazu gab es auch einen steuerlichen Fördertatbestand. Schon 1950 aber hatte Konrad Adenauer in einer Rede vor dem Bundestag erklärt, die Schaffung von Eigenheimen müsse "als sozial wertvollster und am meisten förderungswürdiger Zweck staatlicher Wohnungsbau- und Familienpolitik" anerkannt werden.

Visionärer Adenauer

Der Fokus der Eigenheimförderung richtete sich zunächst auf die Schaffung von Wohnraum im zerstörten Deutschland. Man wusste: Wer ein Eigenheim bezieht, macht eine Mietwohnung frei. Bis zur Einführung der Wohnungsbauprämie konnten Sparbeiträge, auch solche bei Bausparkassen, via Sonderausgabenabzug steuerlich geltend gemacht werden. Das begünstigte naturgemäß Bezieher höherer Einkommen.

Das änderte sich mit der neuen Wohnungsbauprämie. Diese zielte vor allem auf die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen. Die Urform der Wohnungsbauprämie enthielt zudem eine Familienkomponente: Der Zuschuss belief sich für Alleinstehende und Eheleute auf 25 Prozent der begünstigten Aufwendungen und erhöhte sich in Abhängigkeit der Kinderzahl auf bis zu 35 Prozent bei fünf und mehr Kindern. Bis zu 400 DM im Jahr konnte man sich an Wohnungsbauprämie sichern. Ein Alleinstehender musste dafür 1 600 DM sparen; Eheleute mit Kindern entsprechend weniger. Zur Einordnung: 1952 verdiente ein Industriearbeiter im Schnitt knapp 300 DM im Monat.

Wandel der Wohnungspolitik und Eigentumsförderung

Prämienbegünstigt waren zu dieser Zeit nur Einzahlungen, die der Sparer selbst beziehungsweise seine Ehefrau oder die Kinder leisteten. Einzahlungen Dritter, etwa von Opa oder Oma, zählten nicht, denn die Wohnungsbauprämie wurde als Teil einer breit angelegten Sparförderung eingeführt, die den Sparwillen eines jeden Einzelnen wiederbeleben sollte. Sparen und Sparsamkeit galten als Tugenden. Die Wohnungsbauprämie knüpfte an diese Haltung an, die im sprichwörtlichen "Sparste was, dann haste was!" pointiert zum Ausdruck kam.

Es kam dann eine Nachsparförderung hinzu. Die Ansparförderung wurde im Gegenzug gekürzt. Der Prämiensatz sank 1975 von 25 auf zunächst 23, ein Jahr später auf 18 Prozent. Es folgten weitere Reduzierungen in den Jahren 1982 auf 14 Prozent und 1989 auf 10 Prozent. 2004 folgte die Senkung auf 8,8 Prozent. Eine 1969 zwischenzeitlich eingeführte Zusatzprämie für Geringverdienende wurde 1975 gestrichen, im Jahr 1989 dann die Zusatzprämie für Kinder.

Die erste Senkung im Jahr 1975 wurde begleitet von der Einführung einer Einkommensgrenze (24 000 DM für Ledige, 48 000 DM für Ehepaare). Sie gab es bis dahin formal nicht. Faktisch lag sie allerdings da, wo sich die weiterhin bestehende allgemeine steuerliche Förderung des Sparens und damit des Bausparens günstiger erwies als die Prämienzahlung.

Danach kam es nur sporadisch und mit langen Intervallen zu Anhebungen der Einkommensgrenzen. Dies führte immer wieder dazu, dass Bausparer durch inflationsausgleichende Lohnanpassungen aus der Förderung "herauswuchsen", ohne real bessergestellt zu sein. Der letzten Anpassung zum 1. Januar 2021 auf nunmehr 35 000 Euro für Alleinstehende und 70 000 Euro für Verheiratete ging ein Vierteljahrhundert ohne materiell nennenswerte Angleichungen voraus.

Institutionelle Ausgestaltung der Wohnungsbauprämie im Zeitverlauf (nach Jahren und Änderungen bis 2008) Quelle: DIW Berlin 2021

Zweckbindung ab 2009

2009 wurde zudem eine Zweckbindung eingeführt, mit der die Wohnungsbauprämie noch stärker auf Ziele der Wohnungspolitik ausgerichtet wurde. Davon ausgenommen wurden junge Menschen unter 25. Sie dürfen ihr Erspartes und die Prämie frei verwenden, wenn sie sieben Jahre lang sparen. Nach Auffassung der Politik sollten sie sich nicht zu früh festlegen müssen. Die Erfahrung zeigt indes: Viele junge Menschen zahlen danach weiter auf ihren Bausparvertrag ein. Er ist für sie tatsächlich der erste Schritt in die eigenen vier Wände. Sie lernen das Sparen mit dem Bausparen.

Alles in allem betrachtet, kam eine Auswertung des Verbands der Privaten Bausparkassen 1995 zu dem Schluss, dass in den vier Jahrzehnten zuvor knapp 30 größere Veränderungen bei der Bausparförderung umgesetzt worden seien. Davon hätten 20 Einschränkungen für die Bausparer und die Institute zur Folge gehabt, zehn seien mit Verbesserungen verbunden gewesen. Hingegen habe es bei konkurrierenden Förderungen der Finanzierungsphase 18 Veränderungen gegeben, von denen 13 eine Ausweitung der Anreize für eine Verschuldung und nur fünf eine Einschränkung gehabt hätten.

Wiedervereinigung - das richtige Instrument zur rechten Zeit

Am 1. Juli 1990 trat die deutsche Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion in Kraft. Die D-Mark wurde in der DDR eingeführt - wie auch die Soziale Marktwirtschaft und mit ihr das Bausparen. Damals gab es in der DDR etwa sieben Millionen Wohnungen - 42 Prozent volkseigen, 17 Prozent genossenschaftlich und 41 Prozent in Privatbesitz. In privatem Besitz waren vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser auf dem Land sowie Wohngebäude, die vor 1939 errichtet wurden. Eigentumswohnungen gab es praktisch nicht. Jede vierte Wohnung war dringend renovierungsbedürftig. Eine Million Wohnungen galten als nicht mehr sanierungsfähig.

Die Sehnsucht nach den eigenen vier Wänden war groß; die Bereitschaft, dafür zu sparen, auch. Zwei von drei DDR-Bürgern gaben bei einer Umfrage an, vom Bausparen schon etwas gehört zu haben. Die Politik unterstützte das zweckgerichtete Vorsparen mit einer temporär verbesserten Wohnungsbauprämie. Die prämienbegünstigten Höchstbeträge wurden auf 1 200 DM (Alleinstehende) beziehungsweise 2 400 DM (Ehepaare) festgelegt.

Außerdem lag der Prämiensatz fünf Prozentpunkte über West-Niveau. Die Verwendung der gesamten Prämie war an eine strenge Zweckbindung gekoppelt. Innerhalb weniger Monate wurden fast eine halbe Million neue Verträge abgeschlossen. Zwei Jahre später waren es mehr als zwei Millionen Verträge.

Schaut man heute auf die Wohneigentumsquote, stellt man fest: Ja, es gibt noch Unterschiede - zwischen Ost und West, wie auch innerhalb des Ostens und innerhalb des Westens. Aber in Brandenburg liegt die Wohneigentumsquote über dem Bundesdurchschnitt und in Thüringen über dem Wert von Nordrhein-Westfalen. Die Ansparförderung hat ihren Beitrag dazu geleistet.

Wissenschaftlich untermauert: Kleine Prämie mit Wirkung

2020 wurde, wie erwähnt, nach 25 Jahren endlich eine Anpassung an die Preis- und Einkommensentwicklung vorgenommen. Der Prämiensatz stieg mit Wirkung zum 1. Januar 2021 von 8,8 auf 10 Prozent. Die förderfähigen Einzahlungen wurden von 512 auf 700 Euro pro Jahr (beziehungsweise von 1 024 auf 1 400 Euro bei Paaren) erhöht. Die neuen Einkommensgrenzen liegen jetzt bei 35 000 Euro für Alleinstehende und 70 000 Euro für Verheiratete nach zuvor 25 600 beziehungsweise 51 200 Euro.

Endlich - weil mittlerweile wieder viele Menschen allein aufgrund der Nominallohnentwicklung aus der Förderung "herausgefallen" waren. Eine Krankenschwester im zweiten Berufsjahr verdiente vorher schon zu viel, um noch wohnungsbauprämienberechtigt zu sein. Gleiches galt für eine alleinerziehende Erzieherin im vierten Berufsjahr oder einen Feuerwehrmann im dritten Berufsjahr.

Vor der Anpassung gab die Bundesregierung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ein Gutachten in Auftrag, das Sinn und Zweck der Wohnungsbauprämie evaluieren und politische Handlungsempfehlungen ableiten sollte. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse zwar erst im Juli 2021. Die wesentlichen Ergebnisse waren den politischen Entscheidungsträgern aber schon vorher bekannt. Sie lauten:

  • Die Wohnungsbauprämie erhöht die Bausparneigung und verlängert die Ansparphase; sie verbessert mithin die Ersparnisbildung.
  • Bausparer haben höhere Sparquoten; die Wohnungsbauprämie stellt hier einen Anreiz dar.
  • Bausparen erhöht die Wahrscheinlichkeit des Immobilienerwerbs in jüngerem Alter.

Die Studie erhärtete damit Ergebnisse früherer Arbeiten - etwa des Berliner Empirica-Instituts. Die Empfehlung der DIW-Wissenschaftler an die Bundesregierung lautete: "Insgesamt zeigt sich ein überwiegend positives Bild der Wohnungsbauprämie als Förderinstrument der Ersparnis- und Wohneigentumsbildung. Trotz ihres geringen Volumens stößt die Prämie zusätzliche Ersparnis an und ermöglicht damit einen frühzeitigeren und häufigeren Immobilienerwerb in den geförderten Einkommensgruppen."

Ein wichtiges Signal für die Wohneigentumsbildung

Mit der Entscheidung, die Wohnungsbauprämie zu verbessern, wurde ein wichtiges Signal für die Wohneigentumsbildung in unserem Land gesetzt. Die Wohnungsbauprämie ist nun einmal für viele Sparer der entscheidende Impuls für einen langfristig orientierten Eigenkapitalaufbau.

Für normalverdienende Haushalte wird es wieder leichter, sich einen Lebenstraum zu erfüllen. Das Empirica-Institut hat ermittelt, dass durch die erfolgten Verbesserungen schätzungsweise ein bis eineinhalb Millionen Menschen neu in das zweckgerichtete Sparen einsteigen werden. Heute sind es etwa viereinhalb Millionen Sparer.

Die Entscheidung war nötig, weil mangelndes Eigenkapital längst das größte Hindernis auf dem Weg zum Wohneigentum ist. Niedrige Bauzinsen sind dafür kein Ersatz - zumindest nicht für Normalverdiener. Im Bundesdurchschnitt hat heute nach Berechnungen des Empirica-Instituts jeder zehnte typische potenzielle Erwerber im Alter von 30 bis 44 Jahren ausreichend Eigenkapital für Wohneigentum im unteren Preissegment. Nur bei fünf Prozent reicht es im mittleren Preissegment.

Dabei wurde der Eigenkapitalbedarf konservativ mit 30 Prozent angesetzt: 15 Prozent des Objektpreises, 10 Prozent Erwerbsnebenkosten und 5 Prozent für Unvorhergesehenes. Reduzieren lässt sich der Eigenkapitalbedarf durch die klassischen Ausweichstrategien Bestandserwerb und Erwerb im preisgünstigeren Umland. Von Glück kann der reden, der Eigenmittel aus Schenkungen und Erbvorbezügen erwarten darf, was bei Finanzierungsanfragen immer häufiger eine Rolle spielt.

Wer Wohnungsbauprämie bekommt, spart im Schnitt bei gleichem Einkommen deutlich mehr als sonst üblich. Mehr Gespartes bedeutet weniger Schulden und damit eine geringere monatliche Belastung. Mit der verbesserten Ansparhilfe können gerade auch junge Familien den Schritt in die eigenen vier Wände wieder schaffen - vielleicht nicht in den Topregionen, aber im Umland.

Und die meisten Menschen in Deutschland leben ohnehin auf dem Land. Die Verbesserungen sorgen nicht für weitere kurzfristige Impulse an den Wohnungsmärkten, derer es aber angesichts einer voll ausgelasteten Bauwirtschaft und fehlenden Handwerkern auch gar nicht bedarf. Sie wirken langfristig und konjunkturstabilisierend.

Regelmäßige Anpassung zur vollen Potenzialentfaltung

Im siebzigsten Lebensjahr ihres Bestehens ist die Wohnungsbauprämie als Sparanreiz immer noch unverzichtbar. Sparen steht für eine Gesellschaft, die in Generationen denkt, in der diejenigen, die etwas leisten können und wollen, durch ihre Anstrengungen die Allgemeinheit entlasten. Denn erst dadurch ist der Staat in der Lage, jenen zu helfen, die nicht das Glück haben, leisten zu können.

Dieses Sparen gilt es zu unterstützen - heute mehr denn je. Wünschenswert wäre deshalb eine regelmäßige Anpassung dieses wichtigen Sparanreizes an die allgemeine Preis- und Einkommensentwicklung. Nur so entfaltet sie ihre volle Kraft.

Bernd Hertweck , Vorstandsvorsitzender, Wüstenrot Bausparkasse, Kornwestheim, und Vorstandsvorsitzender, Verband der Privaten Bausparkassen e.V., Berlin

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