KREDITMANAGEMENT

BACK-UP-SERVICING IM BPO-PLATTFORMGESCHÄFT: EINE MASSNAHME ZUR STÄRKUNG DER OPERATIVEN RESILIENZ

Lars Schröter, Foto: Foto Sexauer, München

Gut vorbereitet zu sein, ist ein entscheidender Faktor, um den Fortbestand eines Kreditinstituts in Krisenfällen sicherzustellen. Wie können Banken im Rahmen der Auslagerung von Kreditbereichen dabei vorgehen? Und welchen Mehrwert bringt in diesem Zusammenhang ein Back-up-Servicing? Diesen und vielen weiteren Fragen widmet sich der Autor des vorliegenden Beitrags. Red.

Hinter einem Back-up-Servicing-Konzept steht die Überlegung, Vorkehrungen dafür zu treffen, um operative Bearbeitungsaktivitäten an einen dritten Teilnehmer übergeben zu können, wenn bestimmte Trigger-Ereignisse wie Krisen und Katastrophen eintreten und der laufende Geschäftsbetrieb bei der bearbeitenden Einheit nicht mehr möglich ist. Die Entwicklung dieser Absicherungslösungen mit einem Back-up-Servicer ist aus ABS-Strukturen (Asset-Backed-Securities) bekannt. Wesentlicher Fokus dabei ist, die laufenden Einzüge von Forderungen beziehungsweise die Geldflüsse sicherzustellen und den Marktteilnehmern somit ein hohes Maß an Handlungssicherheit im Rahmen ihrer Transaktionen zu geben, falls derjenige ausfällt, der die Darlehen laufend bearbeitet.

Beispiel Überbrückungshilfen

Ein aktuelles Beispiel für den Absicherungsbedarf zu Bearbeitungsprozessen im Zuschuss- und Kreditgeschäft ist die Bewilligung von Überbrückungshilfen im Covid-19-Umfeld. Oft mussten in sehr kurzen Vorlaufzeiten zusätzliche Strukturen, wie Abläufe, Anwendungsprogramme und Bearbeitungskapazitäten, geschaffen werden. Dies hat Förderbanken und Ministerien vor große Herausforderungen gestellt. So wurden oft auch Dienstleister in erheblichem Maße dafür mit eingebunden, wie öffentliche Ausschreibungen zeigen.

Gerade auch bei wesentlichen Auslagerungen, wie etwa der wohnwirtschaftlichen Darlehensbearbeitung durch Servicer, sind Vorgaben an die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität formuliert. Diese sind von auslagernden Unternehmen und ihren Dienstleistern im Rahmen der Risikoprüfung näher zu betrachten. Dazu gehören zum Beispiel die §§ 25a und 25b des Kreditwesengesetzes (KWG) in Verbindung mit AT 9 der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Diese besagen zur Risikoprüfung unter anderem, bei Beendigung der Auslagerungsvereinbarungen Vorkehrungen zu treffen, um die Kontinuität und Qualität der ausgelagerten Aktivitäten und Prozesse gewährleisten zu können. Das gilt auch für unbeabsichtigte oder unerwartete Beendigungen, wenn diese mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit verbunden sein können.

Zuletzt hatte auch der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht einen umfassenden Katalog an Prinzipien, die "Principles for operational resilience", formuliert. Auch in diesem Katalog wird empfohlen, die Abhängigkeiten zu Drittparteien mit einzu beziehen, insbesondere dann, wenn diese geschäftskritische Aufgaben übernehmen. Banken und Servicer sollten sich überlegen, inwieweit sie die bestehenden Anforderungen bereits erfüllen. Bei der Loancos als BPO-Plattform für Baufinanzierungen gehört es zum Standardvorgehen, mit den Auftraggebern Konzepte zu entwickeln, die eine Fortführung der Geschäftstätigkeiten auch dann gestatten, wenn die Dienstleistungen im unwahrscheinlichen Fall einer Krise nicht mehr fortgeführt werden können.

Im Zuge einer Auslagerung migrieren Banken und Versicherer ihre Darlehensportfolios auf die Bearbeitungsplattform des Servicers, etwa, um die Neu- und Bestandsprozesse an Baufinanzierungen bearbeiten zu können. Bereits im Zuge der Vereinbarung eines Servicing-Vertrags sollten Regeln zum Backup-Servicing aufgenommen werden. So bestimmen Art und Umfang der Leistungen des Servicing-Vertrags wesentlich die zum Backup-Servicing gehörenden Aufgaben, die der Back-up-Servicer dann vom Servicer in den definierten Krisenfällen übernimmt.

Die gemeinsamen Abstimmungen, das heißt die Analyse, Beurteilung und das Ausarbeiten zu den dringendsten Maßnahmen bis zu einer möglichen Übergabe an einen Backup-Servicer, benötigen einen ausreichenden zeitlichen Vorlauf. Idealtypisch lässt sich das Vorgehen für ein Back-up-Servicing in drei zeitliche Phasen unterteilen.

- Phase 1 - Vorbereitung: Das auslagernde Unternehmen, der Kredit-Servicer und der Back-up-Servicer definieren mit Beginn eines Auslagerungsprojekts die Aufgaben an ein Back-up-Servicing.

- Phase 2 - Bereitstellung: Ab dem ersten Tag der Tätigkeit des Kredit-Servicers (also vor einer Migration bei bestehenden Darlehensportfolios) hält sich der Back-up-Servicer bereit, im Falle der gemeinsam definierten Krisenereignisse tätig zu werden und die Aufgaben vom Servicer übernehmen zu können.

- Phase 3 - Übernahme: Es tritt ein definierter Krisenfall ein und der Back-up-Servicer übernimmt dann die Darlehensbearbeitung vom Servicer.

Idealtypisches Vorgehen für ein Back-up-Servicing Quelle: Loancos-Gruppe

Phase 1 - Vorkehrungen für den Krisenfall planen

Zu Beginn eines Krisenfalls stellt sich die Frage, welche Prozesse angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel noch fortgesetzt werden können. Zu diesem Zeitpunkt kann nur derjenige im (Zeit-)Vorteil sein, der bereits zuvor klar festgelegt hat, welche Prozesse dann noch Priorität haben. Soll zum Beispiel der Einzug der bestehenden Leistungsraten auf ein anderes Konto erfolgen und können Darlehensabschlüsse im Vertrieb temporär zurückgestellt werden? Ist die Kommunikation bereits vorbereitet und wird per Brief und E-Mail adressiert? Welches Know-how muss und kann weiter zur Verfügung stehen? Hier gilt es zu klären, welche Rollen heute und in Zukunft bei einem möglichen kritischen Ereignis erfolgskritisch für die Bearbeitung eines wohnwirtschaftlichen Darlehensportfolios sind. Welche Mitarbeiter müssen also dann für eine Weiterbearbeitung zur Verfügung stehen? Kann auf Basis von Leitfäden beziehungsweise der schriftlich fixierten Ordnung (etwa Kredithandbücher) hinreichend schnell nachvollzogen werden, was zu tun ist? Auf welche Systeme muss zugegriffen werden können? Können diejenigen Mitarbeiter heute bereits mit den Anwendungen umgehen, die erst in Zukunft übernehmen sollen?

Ein zu engagierender Back-up-Servicer könnte im Rahmen der Bereitstellungsphase bereits alle für einen Krisenfall erforderlichen Systeme, Prozesse und Mitarbeiter vollumfänglich während der Servicing-Phase bereithalten, um innerhalb weniger Stunden eines Krisenfalls alle Arbeiten so fortsetzen zu können wie vorher. Das wäre ein sehr aufwendiger Ansatz, denn es würde bedeuten, schon vor einer Krise quasi alle Strukturen doppelt vorhalten zu müssen.

In der Praxis werden von Back-up-Servicern oft drei Zielbilder für den Wiederanlauf im Krisenfall genannt. Das Zielbild mit der kürzesten Wiederanlaufzeit wird als "Hot-Standby" bezeichnet, während die beiden anderen Varianten als "Warm-Standby" und "Cold-Stand by" bezeichnet werden. Diese dienen als erste Einordnungshilfe für die Lösungsfindung. Grundsätzlich gilt für den Aufwand: Je kürzer die Zeitspanne zur Übernahme in einem Krisenfall, desto höher der vorher zu berücksichtigende Ressourcenaufwand, desto aufwendiger das Back-up-Servicing. Eine große Herausforderung in einer Set-up-Phase besteht also darin, sich auf ein gemeinsames Zielbild zu verständigen und dafür auch unterschiedliche Lösungsszenarien zu betrachten. Der Umfang der dringend fortzuführenden Prozesse und Funktionen sollte gemeinsam geprüft und priorisiert werden. So kann gemeinsam abgeleitet werden, unter welchen Bedingungen im Krisenmodus zusammengearbeitet wird.

Ein Lösungsszenario könnte zum Beispiel darin bestehen, dass der Back-up-Servicer die Mitarbeiter des Servicers in einer Krise übernimmt. Ein anderes Szenario könnte darin bestehen, dass ein auslagerndes Institut und der Back-up-Servicer ihre Kapazitäten bündeln, um festgelegte Funktionen gemeinsam absichern zu können.

Phase 2 - Bereitstehen, testen und anpassen

Während der Standby-Phase wird sich ein Back-up-Servicer für eine gegebenenfalls erforderliche Übernahme der Bearbeitung bereithalten. Um eine jederzeitige Bearbeitung eines Darlehensportfolios sicherzustellen, führt der Back-up-Servicer die Geschäfte fort, wenn der Servicer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht mehr in der Lage dazu ist. Er wird dann zum Servicer und tritt in alle Rechte und Pflichten eines bestehenden Serving-Vertrags ein. So arbeiten Servicer und Backup-Servicer in der Standby-Phase bereits eng miteinander zusammen.

Um handlungsfähig sein zu können, muss der Back-up-Servicer sich zu definierten Stichtagen, zum Beispiel quartalsweise, über die Tätigkeiten des Servicers und laufende Änderungen informieren (etwa Anzahl der eingesetzten Mitarbeiter zum Portfolio, Prozessänderungen, systemtechnische Änderungen, Einhaltung von Service-Levels). Erstens muss er rechtzeitig wissen, ob eines der definierten Krisenereignisse eintreten kann. Zweitens muss er beurteilen, ob die definierten Kapazitäten zu den Berichtszeitpunkten ausreichen, um die Arbeiten übernehmen zu können. Drittens muss er über wesentliche Änderungen zur Bearbeitung des Portfolios informiert werden, die sich laufend ergeben können.

Für die Standby-Phase sind daher die Governance-Strukturen, wie etwa Berichtsinhalte, Aktualisierung von zentralen Dokumenten und der Regelaustausch, festzulegen. Um die Abläufe im Falle einer Übernahme, also in der ersten Zeit eines Krisenevents, sicherstellen zu können, sind detaillierte Berichtsketten und Abläufe auszuarbeiten. Es ist auch empfehlenswert, die Übergabe von Daten oder Zugriffe auf Systeme laufend zu testen, um die Abläufe zu verproben und gegebenenfalls Verbesserungen vorzunehmen.

Phase 3 - Fortlaufende Bearbeitung sicherstellen

Erst bei einem Krisenfall wird sich zeigen, ob die vorbereiteten Abläufe funktionieren, etwa ob die eingerichteten Zugänge zu IT-Plattformen zeitnah aktiviert werden oder Daten reibungslos auf andere Systeme übertragen werden. Ab diesem Zeitpunkt zählt erstens, wichtige Entscheidungen rasch herbeiführen zu können und somit einen Übergang einleiten zu können. Zweitens sollten in der Vorbereitungsphase auch die Folgeschritte bedacht werden, um dauerhaft die Handlungsfähigkeit nach einer Übernahme sicherstellen zu können.

Fazit: Als BPO-Plattform für Baufinanzierungen wie auch als Back-up-Servicer befasst sich Loancos schon seit Jahren mit Maßnahmen zur Stärkung der operativen Widerstandsfähigkeit. Mit Blick auf die vom Baseler Ausschuss definierten Prinzipien zur operativen Resilienz erfahren diese Themen in Zukunft eine noch stärkere Bedeutung. Gerade mit den Covid-19-Erfahrungen wird deutlich, dass unerwartete Ereignisse eine Bedrohung für das Aufrechterhalten des operativen Geschäfts bedeuten können. Eine der Lösungen, die zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit beitragen kann, sind durchdachte Back-up-Servicing-Konzepte. Dabei zählt vor allem, die zeitkritischen Geschäftsprozesse und eine effiziente Lösung zur Allokation der gemeinsam erforderlichen Ressourcen zu identifizieren.

Lars Schröter , Leiter Market Development, LOANCOS GmbH, Frankfurt am Main

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