BAUFINANZIERUNG

BAUKREDITE: FEHLERQUELLEN UND LÖSUNGSANSÄTZE IM VERMITTLUNGSPROZESS

Marcel Kastner, Foto: FORT.SCHRITT GmbH

Dem Siegeszug digitaler Vermittlungsplattformen im Baufinanzierungsgeschäft scheinen keine Grenzen gesetzt. Stolze 30 Prozent des hiesigen Neugeschäftsvolumens liefen laut Hypoport im vergangenen Jahr über deren Tochter Europace, Konkurrent Interhyp konnte seinen Marktanteil ebenfalls weiter auf knapp 12 Prozent steigern. Im Gegenzug wird der Gang des baufinanzierungswilligen Kunden in die Filiale der Hausbank immer seltener - Finanzinstitute müssen ihre Vertriebsstrategien also überdenken und tun dies freilich längst auch. Gleichwohl ist eine gute Zusammenarbeit mit den Vermittlungsplattformen kein Selbstläufer, wie die Ausführungen des vorliegenden Beitrags zeigen. Der Autor erachtet eine engere Verzahnung und Automatisierung von Prozessen als unumgänglich, um Fehlerquellen zu vermeiden sowie zukünftig flexibel auf sich ändernde Marktbedingungen und Kundenerwartungen eingehen zu können. Red.

Für Finanzinstitute wird es immer schwieriger, ihr Kreditportfolio allein über traditionelle Vertriebskanäle direkt zu platzieren. Denn der langjährige Trend, Finanzierungen und Konditionen zu vergleichen, hält weiter an - sowohl Kunden als auch freie Vermittler setzen verstärkt auf Kreditvermittlungsplattformen (KVPs).

Vor prozessualen und strukturellen Herausforderungen

Aufgrund langjähriger Kundenbeziehungen und der Nähe zum Kunden können hiervon auch die klassischen Filialbanken profitieren. Es überrascht daher nicht, dass Finanzinstitute bereits heute über ein Drittel aller in Deutschland abgeschlossenen Baufinanzierungen über Vermittlungsplattformen erreichen.

Das Problem dabei: Kreditinstitute stehen aufgrund eines häufig mangelhaften Abwicklungsprozess sowie der verstärkten Verzahnung mit KVPs vor prozessualen und strukturellen Herausforderungen. Denn die Abwicklung gewinnt durch die zunehmende Anzahl an Parteien (Kunde, Bank, Vermittler, KVP) an Komplexität und potenziellen Fehlerquellen. Diese Entwicklung steht der gesteigerten Kundenerwartung nach einer schnellen und transparenten Kreditbearbeitung entgegen.

Kürzlich hat eine Expertenbefragung unter Mitarbeitern von Banken und KVPs durch die Fortschritt GmbH die wichtigsten Fehlerquellen in der Kreditabwicklung von Baufinanzierungen offengelegt. Die größte Hürde stellen demnach die Beschaffung und Qualität der Finanzierungsunterlagen dar. Sie bieten hohes Fehlerpotenzial und wirken sich unmittelbar auf die Schnelligkeit der Abwicklung aus.

Expertenumfrage legt Fehlerquellen offen

So bewerteten viele der Befragten die Qualität der Unterlagen, die bei einer Bank eingereicht werden, mit der Schulnote "befriedigend" (33 Prozent) oder "ausreichend" (ebenfalls 33 Prozent).

Eine leichte Korrektur nach oben erhält die Bewertung, wenn bei der Vermittlung beziehungsweise bei der Einreichung der Unterlagen eine Plattform dazwischengeschaltet ist. Gleichzeitig sehen 40 Prozent der Befragten im Sammeln von Kundendokumenten eine der größten Fehlerquellen im Prozess, gefolgt von der Unterlagenprüfung und Erfassung im KVP-System (jeweils 14 Prozent).

Die Prozessgeschwindigkeit nennen über 80 Prozent der Befragten als das wichtigste Kriterium für eine erfolgreiche Abwicklung, noch vor fairen Konditionen (67 Prozent) und der Transparenz des Prozesses (42 Prozent).

An der qualitativen Umfrage haben knapp 50 Kreditberater und -sachbearbeiter in Banken, Sparkassen und Bausparkassen sowie unabhängige Vermittler und KVPs teilgenommen. Rund die Hälfte der teilnehmenden Berater vermittelt mehr als 50 Baufinanzierungen pro Jahr; 93 Prozent haben bereits mit KVPs zusammengearbeitet.

Mehrere Tage für eine einfache Anfrage

Unvollständige Daten wirken sich auch unmittelbar auf die Kommunikation aller Beteiligten aus. So kommt es häufig zu An- oder Rückfragen, um weitere oder fehlende Informationen einzuholen.

Läuft die Kreditanfrage über eine KVP, muss sich die Bank in der Regel erst an einen Betreuer der Plattform wenden, der die Anfrage wiederum an den Kunden beziehungsweise an den Vermittler weiterleitet - und umgekehrt. Aufgrund dieses langen Kommunikationsweges dauert die Beantwortung einer einfachen Anfrage bis zu mehrere Tage.

Kommt es dabei zu Missverständnissen oder Unklarheiten, wartet der Endkunde gegebenenfalls sogar wochenlang auf den Abschluss einer Finanzierung. Kein Wunder also, wenn der Kunde abspringt oder sich für ein schnelleres Kreditinstitut entscheidet - immerhin ist die Finanzierungszusage bei der Immobiliensuche häufig ein entscheidendes Kriterium für den Zuschlag.

Steigerung der Informationsqualität ist unerlässlich

Die Ursache für die lückenhafte Informationsqualität findet sich sowohl aufseiten der KVPs als auch auf der Seite der Kreditinstitute. Ein Beispiel: "Standard"-Kreditanfragen, die Kunden oder freie Vermittler auf den Plattformen ausführen, sind häufig zu oberflächlich oder nicht umfassend aufgesetzt.

So werden unter anderem weiche Faktoren wie eine zu hohe Eigenleistung oder Grundbucheinträge zu Nutzungs- und Wohnrechten nur unzureichend oder gar nicht berücksichtigt. Dadurch gelangen Banken in das Raster "potenzielle Kreditgeber", welche die Finanzierungsanfrage aber aufgrund genau dieser Kriterien im fortlaufenden Prozess ablehnen werden.

Ressourcenaufwand steigt durch mangelnde Rückverfolgung

Auf der anderen Seite stellen viele Kreditinstitute den Plattformen zu wenig an Zusatzinformationen über die Kreditvergabekriterien zur Verfügung. Diese sind jedoch nötig, um Finanzierungstendenzen von Beginn an einzusehen und unpassende Optionen bei digitalen Anfragen direkt auszuschließen.

Nach einer Finanzierungsanfrage über eine KVP erhält der Nutzer gleich mehrere - vermeintlich passende - Angebote von verschiedenen Banken. Bei jeder kann er nun eine Kreditanfrage zur qualifizierten Prüfung einreichen.

Nicht selten zieht der Nutzer dafür mehrere KVPs heran und verdoppelt dadurch die Menge der Anfragen. Das Problem: Das System einiger KVPs fragt im Anschluss nicht fortlaufend und in der Regel erst sehr spät beim Kunden oder Vermittler an, wie der aktuelle Status ihrer Anfrage ist - erledigt, zurückgezogen oder aktiv.

Unaufgefordert geben der Kunde oder die Bank diesen Status meist nicht an die KVP weiter. Das hat zur Folge, dass potenzielle Kreditgeber die Anfrage weiter prüfen, während bereits eine andere Bank den Zuschlag erhalten hat. Das bindet unnötig personelle Ressourcen.

Drei Lösungsansätze

Für eine effiziente Prozessabwicklung sollten Kreditinstitute vor allem ihren bankinternen Kreditprozess überdenken. Hier gibt es gleich mehrere Anknüpfungspunkte.

(1) Prozessoptimierung: Bis heute ist der Prozessablauf bei Kreditanfragen auf das klassische Filialgeschäft ausgelegt und durch manuelle Arbeitsschritte geprägt. Um den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, Fehlerquellen bei der Kreditentscheidung zu verhindern und einen schnellen Ablauf zu garantieren, ist ein zusätzlicher, auf die Anfrage von digitalen Plattformen ausgerichteter Prozess empfehlenswert.

Das hat zum Vorteil, dass zum einen der bereits bestehende Ablauf nicht noch komplexer wird, und zum anderen können weitere Optimierungspotenziale im Prozessablauf ausgeschöpft werden: Anfragen und Entscheidungen über Finanzierungsangebote könnten Banken so zentral steuern und schneller prüfen. Das wiederum entlastet die Mitarbeiter am Point of Sale.

(2) Digitale Schnittstellen: Für die reibungslose Übermittlung der Daten zwischen KVPs und Banken sind einheitliche digitale Schnittstellen wichtig. Damit erfolgt bereits bei der Antragseinreichung automatisiert eine erste fachliche und strukturelle Prüfung der Daten. Manuelle und zeitintensive Folgeschritte können Banken so reduzieren oder ganz abschaffen.

Die zusätzliche Verknüpfung eines (bestehenden) Kommunikationsmoduls ermöglicht Kreditinstitut und KVP zudem eine schnellere Kommunikation. Die Nachrichten werden dabei zentral gespeichert und sind jederzeit aufrufbar. Für alle Beteiligten steigt so die Transparenz im Bearbeitungsprozess.

(3) Produktgestaltung: Eine weitere, wenn auch aufwendigere Möglichkeit, sind neue, standardisierte Produktangebote der Banken. Diese lassen sich bei Anfragen über KVPs leichter prüfen, was den Bearbeitungsaufwand für die Kreditinstitute deutlich verringert. Außerdem erhalten Vermittler oder Kunden auf den KVPs so eine passendere und vielversprechende Auswahl an Angeboten. Die Informationsqualität würde folglich steigen.

Flexibler für die Zukunft aufstellen

Langfristig werden die Finanzinstitute den Kosten- und Ressourcenaufwand ihrer herkömmlichen Beratung nicht mehr stemmen und die Bedürfnisse der Kunden nicht mehr erfüllen können. Die Kooperation mit KVPs bietet einen wichtigen Vertriebskanal, den Banken aber erst noch optimal in ihre Betriebsabläufe integrieren müssen.

Eine engere Verzahnung und die Automatisierung von Prozessen sind unumgänglich, um Fehlerquellen zu vermeiden sowie zukünftig flexibel auf sich ändernde Marktbedingungen und Kundenerwartungen eingehen zu können.

Marcel Kastner , Managing Consultant , FORT.SCHRITT GmbH, Weinheim
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