BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2018

DER BAUSPARVERTRAG: EIN UNTERSCHÄTZTER TRAININGSPLAN

Peter Magel Quelle: Bausparkasse Schwäbisch Hall

Das Land der Mieter - mit diesem Titel wird Deutschland traditionell in Verbindung gebracht. Zu Recht, denn die derzeitige Wohneigentumsquote von 45 Prozent wird in Europa nur von der Schweiz (rund 37 Prozent) unterboten. Laut dem Immobilienverband IVD ist der Anteil derer, die im selbstgenutzten Wohneigentum leben, in manchen Teilen der Bundesrepublik zuletzt sogar rückläufig gewesen. Höchste Zeit entgegenzusteuern, schließlich sind die eigenen vier Wände in Niedrigzinszeiten eine wichtige Säule der Vermögensbildung. Der Autor des folgenden Beitrags begibt sich auf Ursachenforschung für die stagnierende Wohneigentumsquote in Deutschland und präsentiert darüber hinaus Ansätze, wie sie gesteigert werden könnte. Während er beim Aufbau von genügend Startkapital die Sparer in der Pflicht sieht, müsste beim Abbau der hohen Nebenkosten die Politik helfen. Red.

Es ist schon ein erstaunliches Phänomen: Die deutsche Wirtschaft läuft seit Jahren auf Hochtouren, die Arbeitslosigkeit ist gering und das Land ist die Wachstums-Lokomotive Europas. Doch wenn man sich die Nettovermögen der Haushalte - bereinigt um die Ausreißer nach oben und unten - im europäischen Vergleich anschaut, liegen wir am Ende der Tabelle - weit abgeschlagen hinter Spanien, Italien und sogar Griechenland. Es gibt also offenbar eine Differenz zwischen dem gefühlten und dem tatsächlichen Vermögen.

Hoher Kapitalbedarf bremst Wohneigentumsbildung aus

Der Hauptunterschied für die ungleiche Verteilung des Reichtums ist das vergleichsweise geringe Immobilienvermögen. Während beispielsweise in Spanien, Italien und Griechenland rund acht von zehn Menschen in den eigenen vier Wänden leben, stagniert in Deutschland die Wohneigentumsquote seit Jahren bei etwa 45 Prozent. Nur in der Schweiz wohnen im europäischen Vergleich noch weniger Menschen im Wohneigentum.

Warum hinkt Deutschland beim Wohneigentum seit Jahren hinterher? Dieser Frage ist das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) kürzlich nachgegangen. Neben fehlendem Bauland und einem zu geringen Angebot an Wohnimmobilien vor allem in Ballungszentren ist die Hauptursache das fehlende Startkapital. Es ist keine neue Erkenntnis: Mindestens 20 Prozent des Kaufpreises sollte ein Haushalt gespart haben, um das künftige Eigenheim solide zu finanzieren.

Hinzu kommen die Nebenkosten wie Maklergebühr, Notarkosten, Grundbucheintrag und Grunderwerbsteuer. Das erforderliche Eigenkapital können laut IW Köln derzeit aber nur elf Prozent der Mieter aufbringen. Dabei haben wir momentan ein geradezu ideales Zeitfenster für den Erwerb der eigenen vier Wände: Die Bauzinsen sind extrem niedrig, die Konjunktur brummt und in vielen Regionen herrscht Vollbeschäftigung. Mit Verweis auf die steigenden Immobilienpreise in Metropolregionen warnen zwar manche schon vor einer Blase.

Doch der Blick auf die zentralen Parameter, die eine solche These stützen würden, bestätigt das nicht: Das Angebot auf dem Wohnungsmarkt kann nicht mit der Nachfrage mithalten, Immobilien sind bis auf wenige Ausnahmen kein Spekulationsobjekt und die Kreditbestände sind - anders als in Spanien oder Irland während der Finanzkrise - nicht überproportional gestiegen.

Kaufen ist günstiger als Mieten

Kaufen ist deutlich günstiger als Mieten, im Bundesschnitt um rund 30 Prozent, so das IW Köln. Selbst in Großstädten wie Berlin, München, Hamburg und Frankfurt am Main sind nach der Studie die Käufer im Vorteil. Grund sind die niedrigen Finanzierungskosten, die die steigenden Preise überkompensieren.

Wer vom Mieter zum Eigentümer wird, spart also Geld und bekommt obendrauf noch die eigene Altersvorsorge auf dem Silbertablett serviert. Ein Wohneigentümer hat laut Statistischem Bundesamt im Ruhestand 600 Euro mehr zur Verfügung als ein Mieter. Wohneigentümer zwischen 50 und 59 Jahren haben mit durchschnittlich 160 000 Euro auch ein höheres Vermögen als vergleichbare Mieterhaushalte mit 30 000 Euro.

Bausparen wirkt disziplinierend

Grundvoraussetzung einer jeden soliden Immobilienfinanzierung ist also ausreichend Eigenkapital. Wie ein Haushalt sein Startkapital aufbaut, ist unerheblich. Das Sparbuch, das Tagesgeldkonto, der Aktienfonds oder der Sparstrumpf eignen sich im Prinzip gleichermaßen. Und doch hat das Forschungsinstitut Empirica bei der Auswertung von Daten des Statistischen Bundesamts Erstaunliches herausgefunden: Bausparer sparen jeden Monat rund 17 Prozent beziehungsweise 102 Euro mehr als Nicht-Bausparer.

Der Grund dafür ist den Experten zufolge, dass Bausparen besonders disziplinierend wirkt. Wer einen Bausparvertrag abgeschlossen hat, unterzieht sich einer Art finanziellem Trainingsplan. Er weiß, dass die Finanzierung einen nicht unwesentlichen Teil des Einkommens in Anspruch nimmt und nicht einfach nebenbei geschultert werden kann.

Zinssätze für Baudarlehen ziehen an

Die Auswertung von Empirica zeigt außerdem, dass Bausparguthaben seltener als andere Sparguthaben abgehoben werden. Das mentale Hemmnis dafür scheint also größer zu sein, wenn mit dem Sparguthaben ein langfristiger Zweck - wie der Erwerb von Wohneigentum - verbunden ist. Hinzu kommt, dass Bausparen in der Regel zusätzlich stattfindet und keine andere Sparform ersetzt. Der Staat hilft zudem beim Aufbau von Eigenkapital: durch Wohnungsbauprämie, Arbeitnehmersparzulage und Wohn-Riester.

Ein weiteres, gewichtiges Argument widerlegt die teilweise in Mode gekommene öffentliche Kritik am Bausparen: Die Sicherung der sehr niedrigen Zinsen. Wann, wenn nicht jetzt, lohnt sich die Zinssicherung mit einem Bausparvertrag?

Aktuell wird schon diskutiert, ob die Zeit des niedrigen Baugeldes schon dem Ende entgegengeht. In der Tat zogen die Zinssätze für Baudarlehen mit einer zehnjährigen Laufzeit seit Jahresbeginn im Schnitt um 0,2 Prozentpunkte auf etwa 1,5 Prozent an.

Das hört sich erstmal harmlos an, doch über die Jahre können schon kleine Zinsänderungen den Darlehensnehmer eine erkleckliche Summe kosten. Ein Zinsunterschied von nur 0,5 Prozent verteuert bei einem Darlehen über 100 000 Euro mit zehn Jahren Laufzeit die Finanzierung um mehr als 4 000 Euro.

Abbau von Nebenkosten hat oberste Priorität

Für den Aufbau von genügend Startkapital ist der Sparer selbst verantwortlich. Beim Abbau von Nebenkosten, die den Immobilienerwerb zusätzlich verteuern, könnte die Politik helfen. Hier lohnt sich ein Blick über die Grenzen. Während sich in Deutschland die Nebenkosten schnell auf zehn bis fünfzehn Prozent des Kaufpreises summieren, liegen sie beispielsweise in Frankreich (8,5 Prozent), Schweden (6,5 Prozent) und den Niederlanden (6,4 Prozent) zum Teil deutlich darunter.

Der wesentliche Treiber ist dabei die Grunderwerbsteuer. In Deutschland sind dafür je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent fällig. Andere Länder machen vor, dass es auch anders geht: In Österreich beispielsweise beträgt die Steuer 3,5, in den Niederlanden zwei und in Schweden sogar nur 1,5 Prozent. Kein Wunder, dass diese Länder bei der Wohneigentumsquote vor Deutschland liegen.

Hier könnte die Politik ansetzen und dabei helfen, dass auch die Bürger hierzu lande leichter in die eigenen vier Wände kommen. Die Menschen würden davon profitieren: Mehr Wohneigentum stärkt die Vermögensbildung und wirkt der Altersarmut entgegen. Die Deutschen würden damit nicht mehr länger nur gefühlt zu den vermögenden Nationen Europas zählen.

DER AUTOR PETER MAGEL Mitglied des Vorstands, Bausparkasse Schwäbisch Hall AG, Schwäbisch Hall
Peter Magel , Mitglied des Vorstands , Bausparkasse Schwäbisch Hall

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