INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

BÜROFONDS IN DER KRISE: BESONNENHEIT ZAHLT SICH AUS

Axel Drwenski, Foto: KGAL

Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich der deutsche Büromarkt in hervorragender Verfassung gezeigt. Doch die Zeiten steigender Mieten und sinkender Leerstände dürften angesichts der tiefen Rezession erst einmal vorbei sein. Damit einhergehen viele essenzielle Fragen, insbesondere auch für die zahlreichen Immobilienfonds mit Fokus auf Büros. Der Autor analysiert im vorliegenden Beitrag die wichtigsten Implikationen auf Fonds- und Portfolioebene. Dabei zeigt sich, dass das Umfeld eindeutig herausfordernder wird, Anlass zur Panik indes aber nicht besteht. Red.

Die Covid-19-Pandemie und insbesondere der wochenlange Lockdown haben am Immobilienmarkt ihre Spuren hinterlassen. Das gilt ganz unmittelbar und offensichtlich bei Hotels, Gastronomiebetrieben, Einzelhändlern und weiteren, speziellen Nutzungsarten wie Kinos, Freizeit- und Kulturbetriebe. Bei Büroimmobilien hingegen zeigten sich die Auswirkungen zumeist nicht sofort und unmittelbar, da oftmals zwar der gewöhnliche Bürobetrieb ins Home- oder Mobile-Office ausgewichen ist, die Unternehmen aber in der Regel weiterhin willens und in der Lage waren, ihre Mieten zu begleichen.

Prozyklische Reaktion

Gleichwohl wäre es blauäugig zu glauben, die Büromärkte kämen mit nur ein paar Kratzern durch die Corona-Krise. Büroimmobilien reagieren prozyklisch auf konjunkturelle Veränderungen, wenn auch mit einer gewissen Verzögerung. Deshalb wird die scharfe Rezession in Deutschland und Europa Auswirkungen auf die Büromärkte haben. Wie und in welcher Intensität hängt vom weiteren Krisenverlauf und von der Exposition der einzelnen Märkte ab. Kommt es - neben der sich bereits verschlechternden Ertragslage von vielen Unternehmen - zu der erwarteten Insolvenzwelle und zu einem signifikanten Arbeitsplatzabbau, wird dies nicht ohne Folgen für Mieten, Bewertungen und Leerstände bleiben. Was sind die Folgen für auf Büroimmobilien fokussierte oder gar vollständig spezialisierte Immobilienfonds? Welche Auswirkungen sind auf deren Renditen zu erwarten und wie können sich Investoren in diesem Umfeld positionieren? Um dies zu beantworten, gilt es, eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, die Konsequenzen auf das Rendite-Risiko-Profil von Büroimmobilienfonds haben, und zu untersuchen, wie sich die Corona-Krise kurz- und mittelfristig auf diese Faktoren auswirkt.

Zu unterscheiden sind Faktoren auf der Fonds- oder Portfolioebene, also Liquiditätspuffer, Fremdkapitalquoten und -kosten, Verwaltungskosten und Fondsgebühren sowie Faktoren auf der Objektebene, darunter vor allem Cashflow-Renditen (Mieterträge), Wertentwicklungen und Leerstände.

Bei der Liquiditätsquote ist zwischen geschlossenen und offenen Fondsstrukturen zu unterscheiden. Geschlossene Fonds benötigen keine nennenswerten Liquiditätspuffer, da das Kapital der Investoren über die Laufzeit fest gebunden ist und nicht abgerufen werden kann. Erst im Falle einer Schieflage der Immobilie, beispielsweise bei einer Insolvenz des Mieters und einer mit hohen Kosten verbundenen Nachvermietung, muss die Aufstockung der Liquidität durch die Anleger in Betracht gezogen werden. Gute und diversifizierte geschlossene Immobilienfonds weisen zumeist sehr niedrige Liquiditätsquoten auf, da das Kapital möglichst vollständig rentabel investiert sein sollte. Die Corona-Krise hat hierauf keinen Einfluss.

Keine Anzeichen für massive Anteilsrückgaben

Etwas anders sieht es bei offenen Immobilienfonds aus. Für sie ist ein ausreichender Liquiditätspuffer Fluch und Segen zugleich: Segen, weil ein ausreichend großer Liquiditätspuffer benötigt wird, um gegebenenfalls Anteilsrückgaben durch die Anleger auszuzahlen, ohne zu Notverkäufen im Immobilienportfolio gezwungen zu sein. Fluch allerdings, weil das Vorhalten von Liquidität im derzeitigen Zinsumfeld keine oder sogar negative Zinsen generiert. Liquidität kostet also Rendite. Die meisten offenen Immobilienpublikumsfonds weisen nach Angaben der Ratingagentur Scope Liquiditätsquoten von knapp unter 20 Prozent des Fondsvermögens auf.1)

Nach Angaben von Scope hat es bisher keine signifikanten Anteilsrückgaben gegeben. Zwar sind bei Publikumsfonds eine einjährige Rückgabefrist sowie eine zweijährige Mindesthaltedauer zu berücksichtigen. Doch auch perspektivisch sind im Markt noch keine Anzeichen für massive Anteilsrückgaben in nächster Zeit zu erkennen. Laut Statistik des Branchenverbands BVI verzeichneten offene Immobilien-Publikums- und Spezialfonds im ersten Quartal 2020 Nettomittelzuflüsse in Höhe von 5,6 Milliarden Euro, 31 Prozent mehr als im Vorjahresquartal.2) Die Zahlen zum zweiten Quartal liegen gegenwärtig (Mitte Juli) noch nicht vor. Doch auch an den Börsen findet sich kein Indiz für panikartige Verkäufe: Zwar haben gelistete Fonds Mitte März ähnlich wie Aktien signifikante Kurseinbrüche erfahren, die aber inzwischen annähernd wieder aufgeholt wurden.

Fremdkapital wird teurer

Kurzum: Es gibt derzeit keinen Anlass zur Annahme sich verändernder Liquiditätsquoten, weder nach unten, weil Anleger ihre Anteilsscheine in großem Stil zurückgeben, noch nach oben, weil sich die Fondsgesellschaften auf ein solches Szenario vorbereiten würden. Allenfalls könnten weiterhin hohe Mittelzuflüsse bei fehlenden Akquisitionsmöglichkeiten die Liquidität erhöhen, was sich jedoch aktiv durch vorübergehende Schließungen verhindern lässt. Die Verzinsung beziehungsweise die Liquiditätskosten werden sich krisenbedingt ebenso wenig verändern, da das Zinsumfeld bis auf Weiteres von Niedrig- bis hin zu Negativzinsen geprägt sein wird. Aufseiten der Liquidität sind somit keine krisenbedingten Auswirkungen auf die Performance von Büroimmobilienfonds zu erwarten.

Auf der Fremdkapitalseite indes sind durchaus bereits jetzt Auswirkungen zu beobachten. Zwar gibt es keine Veränderung des generellen Zinsumfelds. Die Notenbanken werden angesichts der weltweiten Corona-Rezession bis auf Weiteres zu expansiver Geldpolitik neigen. Die EZB beispielsweise hat ihr Anleihekaufprogramm deutlich ausgeweitet. Allerdings beobachten Unternehmen, Immobilieninvestoren und Projektentwickler eine größere Vorsicht von Banken und Sparkassen bei der Darlehensvergabe, sodass einerseits niedrigere Finanzierungsquoten angeboten werden und andererseits die geforderten Zinssätze steigen. Damit reagieren die Kreditinstitute auf das angesichts der schwächeren Konjunkturaussichten gestiegene Ausfallrisiko.

Für Immobilienfonds bedeutet das: Die Fremdfinanzierung wird teurer, der Leverage-Effekt kleiner. Damit schmälert sich das Potenzial für die Eigenkapitalrendite. Je höher die Fremdkapitalquote eines Fonds, desto größer ist der Effekt. Allerdings wird sich dieser Faktor erst mit der Zeit auf die Renditen von Immobilienfonds auswirken, da die meisten Kreditverträge zunächst nach alten Konditionen weiterlaufen. Wie stark der Renditeschwund durch die höheren Finanzierungskosten am Ende werden wird, hängt nicht zuletzt davon ab, wie lange die Krise andauert und wie nachhaltig die veränderten Konditionen sind. Der Wettbewerb in diesem Markt ist hart und tendenziell preisdämpfend. Anfang 2022 dürfte sich Fremdkapital angesichts der Einführung von Basel IV abermals tendenziell verteuern - das hat dann allerdings nichts mit Corona zu tun, sondern mit regulatorischen Maßnahmen.

An den Kosten und Gebühren für das Fondsmanagement wiederum dürfte sich krisenbedingt nichts ändern. Lediglich Fonds, die nun nervös werden, schlagartig ihr Portfolio umbauen und deshalb hohe Transaktionskosten zu stemmen haben, werden auch ihren Anlegern höhere Kostenstrukturen zumuten müssen. Dies ist in der Breite derzeit nicht zu beobachten. Sofern das Fondsmanagement also besonnen agiert, kommen keine höheren Kosten und Gebühren auf die Fondsanleger zu.

Auf Objektebene sind die Cashflow-Renditen durch die Mieteinkünfte eine von zwei entscheidenden Renditekomponenten. Mietausfälle in der Breite - beispielsweise in Hotellerie, Gastronomie und zum Teil auch im Einzelhandel - sind bei Büroimmobilien kurzfristig während des Lockdowns und unmittelbar danach weitgehend ausgeblieben. Zwar wirkt das extrem geringe Flächenangebot in sehr vielen europäischen Büromärkten wie ein Sicherheitspuffer. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die Zeiten des hohen Mietpreiswachstums im Bürosegment erst einmal vorüber sind. Sinkende Marktmieten würden sich bei einem Portfolio aus bestehenden Büroimmobilien mit unterschiedlich lang laufenden Mietverträgen allerdings erst sukzessive mit mehreren Monaten oder gar Jahren Verzögerung auf die Gesamtrendite eines Fonds auswirken. Es ist gut möglich, dass sich bis dahin die Konjunkturaussichten schon wieder signifikant aufgehellt haben.

Bei der Wertentwicklung gilt es zu differenzieren

Die zweite Renditekomponente neben den laufenden Mieterträgen ist die Wertentwicklung der Fondsobjekte. Dort sind durchaus Krisenfolgen zu erwarten. Langfristig niedrigere Mieterwartungen, die steigende Gefahr von konjunkturbedingten Leerständen - möglicherweise wird auch die Homeoffice- und Mobile-Work-Erfahrung durch die Pandemie langfristig die Nutzung von Büroflächen verändern, aber darüber kann im Augenblick nur spekuliert werden -, höhere Risikoprämien beziehungsweise Renditeerwartungen von Investoren sowie ein zögerliches Käuferverhalten könnten Kaufpreise und Bewertungen von Büroimmobilien drücken. Dem stehen allerdings ein anhaltender Anlagedruck von Investoren sowie ein Zinsumfeld gegenüber, das eine deutliche Abkehr von der Renditekompression wenig wahrscheinlich erscheinen lässt.

Bezüglich der Wertentwicklung ist deshalb zu differenzieren: Attraktive Core-Büroobjekte in guten Lagen und begehrten Städte werden sich am resilientesten gegen nennenswerte Ertrags- und Werteinbußen erweisen, da sie weiterhin an bonitätsstarke Unternehmen vermietet werden können. Je abgelegener und "nischiger" das Objekt, desto größer ist die Gefahr von Wertanpassungen. Doch nicht nur auf Objektebene gilt es zu differenzieren: Viele Fonds haben die immensen Wertsteigerungen der vergangenen Jahre nicht vollständig verbucht, sondern im Rahmen des buchhalterisch Möglichen stille Reserven gebildet, die jetzt einen Bewertungspuffer bilden können.

Offene Immobilienfonds haben zudem den Vorteil, dass etwaige Bewertungskorrekturen nicht notwendigerweise realisiert werden müssen. Das gilt zwar im Prinzip auch für geschlossene Fonds, allerdings schlägt bei Letzteren mit dem Ende der fixierten Laufzeit die Stunde der Wahrheit: Ist beim Exit und Verkauf des Objekts keine Wertsteigerung zu verzeichnen oder gar ein Rückgang hinzunehmen, kann die Gesamtrendite unter Umständen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Hierbei kommt es auf den Einzelfall an. Bei offenen Immobilienfonds hingegen gibt es keinen fixen Exit, da die Haltedauer einer Immobilie theoretisch bis in alle Ewigkeit gehen kann.

Als dritter Faktor auf Objektebene hat die Leerstandsquote eine bedeutende Auswirkung auf die Fondsrendite. Hierbei sind viele deutsche Bürostandorte in der relativ komfortablen Lage, dass in den vergangenen Jahren mit zum Teil unter zwei Prozent Leerstand annähernd Vollvermietung herrschte. Im Zuge der Corona-bedingten Rezession ist allerdings mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen und -verkleinerungen zu rechnen, der auch für die Büromärkte nicht ohne Folgen bleiben wird. Vereinzelt wird es krisenbedingte Mietausfälle und vorübergehende Leerstände geben. Es kommt auf die Qualität jedes einzelnen Fondsportfolios sowie des Asset Managements an, ob und wie stark sich dieses Umfeld tatsächlich bei der Fondsrendite bemerkbar macht.

Opportunitäten für junge Fonds

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Umfeld auch für Büroimmobilienfonds, die sich bislang als weitgehend krisenfest erwiesen haben, herausfordernder wird. Bei Liquidität und Kosten wird es keine nennenswerten Veränderungen geben, es kann aber durch Leerstände und die Mietpreisentwicklung zu niedrigeren laufenden Erträgen und gleichzeitig steigenden Fremdkapitalkosten kommen. Der wichtigste Faktor, den es in den kommenden Monaten genau zu beobachten gilt, ist indes die Wertentwicklung. Darin allerdings liegt gerade für jüngere Fonds derzeit auch eine Chance, denn mit veränderten Preisniveaus und einer mittelfristig übertriebenen Risikowahrnehmung werden sich Opportunitäten ergeben für Investments, die sich unter Rendite-Risiko-Gesichtspunkten zu Prä-Corona-Bedingungen nur schwer gelohnt hätten. Bei Bestandsinvestments kommt es auf die Qualität der Objekte und des Asset Managements an. Besonnenheit zahlt sich aus.

Fußnoten

1) Scope Analysis, Offene Immobilienfonds Marktstudie und Ratings 2020; 16. Juni 2020.

2) BVI Investmentstatistik zum 31. März 2020; 19. Mai 2020.

DER AUTOR AXEL DRWENSKI Head of Research, KGAL GmbH & Co. KG, Grünwald
Axel Drwenski , Head of Research, KGAL GmbH & Co. KG, Grünwald
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