ASSETKLASSEN

BÜROIMMOBILIEN - EIN MARKT MIT NEUEN SPIELREGELN

Morten Hahn, Foto: Dr. Lübke & Kelber

100 D-Mark pro Quadratmeter. Dieser Spitzenmietpreis für Büroflächen in Frankfurt am Main aus der Zeit der Jahrtausendwende galt lange als uneinholbar. Er wurde als Anekdote aus längst vergangenen Markttagen gehandelt. Inzwischen jedoch werden nicht nur in der Mainmetropole, sondern auch in anderen deutschen Metropolen wie München Mietpreise jenseits von 40 Euro auf den Quadratmeter verlangt, und selbst in der Bundeshauptstadt Berlin kostet der Quadratmeter inzwischen bis zu 35 Euro. Diese beachtlichen Preisniveaus sorgen zwar für einen robusten Cashflow bei den Bestandshaltern; für Mieter, Investoren und Projektentwickler ergeben sich daraus jedoch ganz unterschiedliche neue Herausforderungen.

Die Möglichkeiten im Neubau werden weniger

Wer heutzutage einen Bürokomplex in den Vorzugslagen der Metropolen entwickeln will, steht gleich vor mehreren grundsätzlichen Problemen. Erstens sind Gewerbegrundstücke infolge der Verdrängung durch den Wohnungsbau knapper geworden. Zweitens sind die Grundstückspreise infolge des Flächenmangels der vergangenen Jahre deutlich gestiegen. In der Berliner Friedrichstraße beispielsweise fallen inzwischen Preise von 12 000 Euro je Quadratmeter an. Hinzu kommt, dass sich das Bauen stetig verteuert - zum einen, weil die Auftragsbücher der Dienstleister voll sind, und zum anderen, weil die energetischen Vorschriften stetig zunehmen. Verzögert oder verteuert sich das Projekt, ist die Gefahr für einen Projektentwickler aktuell größer denn je, dass er letztlich sogar draufzahlen muss.

Infolgedessen muss er die steigenden Grundstücks- und Baukosten durch höhere Faktoren und Mieten kompensieren, um seine Marge zu erreichen. Allerdings sind bei Weitem nicht alle Mieter bereit und in der Lage, tatsächlich Preise jenseits der 40 Euro für den Quadratmeter zu zahlen. Auch nicht alle Investoren akzeptieren die stark gesunkenen Nettoanfangsrenditen in den Toplagen. Und dass es für die Mietpreise von Büroflächen eben nicht immer nur nach oben geht, hat sich zur Jahrtausendwende in Berlin mehr als deutlich gezeigt. Dort sanken nach dem Nachfrageboom der Wendezeit die Mieten häufig unter 20 D-Mark pro Quadratmeter - wenn sie denn überhaupt gezahlt wurden und die Immobilie nicht leer stand.

Immer mehr Marktakteure entscheiden sich daher, nicht mehr in den klassischen Vorzugslagen zu mieten beziehungsweise zu investieren. Stattdessen werden immer mehr Büroflächen in den B- oder sogar C-Lagen der Metropolen entwickelt, sofern ein gewisser Vorvermietungsstand erreicht werden kann. Zudem werden verstärkt veraltete Bürokomplexe revitalisiert und auf diese Weise dem Markt wieder zugeführt. Nirgends zeigt sich dies so anschaulich wie in Frankfurt am Main. Die traditionell hohen Leerstände im europäischen Finanzzentrum verringern sich immer weiter, weil inzwischen selbst ein Teil derjenigen Bestandsimmobilien erworben und modernisiert wird, mit denen sich noch vor einigen Jahren kein Entwickler eingehender beschäftigen wollte.

Ausweichbewegung in die Vorstadt

Zwangsläufig entsteht auf diese Weise eine Tendenz zur Dezentralisierung der innerstädtischen Büroflächen. Dies geht auch damit einher, dass vor allem bei Start-ups sowie bei zahlreichen Mittelständlern eine andere Unternehmenskultur herrscht als noch zu Anfang des Jahrzehnts: Beim Thema New Work geht es eben nicht nur um Open-Space-Konzepte oder die Qualität der Lounge, sondern vielmehr darum, dass sich das Büro in einem Szeneviertel befindet, in dem sich die Arbeitnehmer auch in ihrer Freizeit gern aufhalten. In Berlin zeigen sich seit 2018 größere Abwanderungsbewegungen von jungen Unternehmen - aus dem Stadt teil Mitte weg und hin zum Stadtrand.

Der sicher auch der konjunkturellen Entwicklung der vergangenen Jahre geschuldete massive Nachfrageüberhang nach Büroflächen und die daraus resultierenden Preissteigerungen haben natürlich Folgen für das Asset Management der entsprechenden Immobilien. Weil Value-Add-Investments inzwischen auch mit voll vermieteten Immobilien und älteren Bestandsmietverträgen möglich sind, bei denen die Konditionen nach Auslaufen neu verhandelt werden können, agieren viele Vermieter nicht mehr langfristig.

Kehrtwende beim Mietermanagement

Während früher eine möglichst lange Restmietdauer ein wichtiges Stabilitätskriterium war, werden heutzutage Verträge oft anders gestaltet: Optionsklauseln werden häufig vermieden und pauschale Verlängerungen auf bisheriger Basis verweigert. Feste Staffeln ersetzen Indexklauseln und wenn nötig, wird ein Mietverhältnis beendet, um es durch ein besseres zu ersetzen. Dieser Trend beschränkt sich nicht auf die Vorzugslagen. Gerade an den innerstädtischen B- und C-Stand orten mit dem höchsten Entwicklungspotenzial kann es für Eigentümer sinnvoll sein, Rotation zu nutzen, um den Cashflow so häufig wie möglich nach oben anzupassen.

Das Gesetz von Angebot und Nachfrage allein unterstreicht, wie groß die Potenziale auf den deutschen Büroimmobilienmärkten für die Branchenteilnehmer zurzeit ausfallen. Dennoch sind die Fallstricke zahlreicher als je zuvor. Wer auf die falsche Immobilie am falschen Standort oder auf die falsche Management-Strategie setzt, macht sich im Hinblick auf ein mögliches Abschwungszenario verletzlich. Scheinbar etablierte Vorzugslagen sind daher ebenso wenig ein Sicherheitsgarant wie ein langer WAULT. Daher ist es wichtig, dass sich die Branche von einigen liebgewonnenen Gewohnheiten löst und stattdessen jedes mögliche Investment so individuell wie möglich betrachtet. Auch vor dem Hintergrund, dass es vielleicht nicht immer aufwärts geht.

DER AUTOR MORTEN HAHN, Geschäftsführender Gesellschafter, Dr. Lübke & Kelber GmbH, Frankfurt am Main
Morten Hahn , Geschäftsführender Gesellschafter, Dr. Lübke & Kelber GmbH, Frankfurt am Main
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