PRIVATE BAUFINANZIERUNG

BUNDESFÖRDERUNG FÜR EFFIZIENTE GEBÄUDE: EIN SCHUB FÜR NACHHALTIGES BAUEN UND SANIEREN

Dr. Michael Dinkel, Foto: Savvy Group

40, 40 plus oder 55? Diese Frage sollten sich spätestens jetzt die allermeisten Bauherren stellen. Mit der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wurden die Förderungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) am 1. Juli zusammengeführt. Damit wird die Förderung ausgedehnt und flexibilisiert, um effiziente Gebäude wirtschaftlich attraktiv zu machen.

Privatleute und Immobilienunternehmen können deutlich profitieren - ein starker Impuls, der auch dringend nötig ist. Schließlich hat die Bundesregierung erst im Mai beschlossen, dass der deutsche Immobilienbestand bis 2045 klimaneutral werden soll, also bereits fünf Jahre früher als bisher geplant. Auch wenn die BEG-Bestimmungen im Detail noch immer nicht veröffentlicht sind (Stand: Mitte Juni 2021), lässt sich eines festhalten: Das Bauen nach einem Effizienzhaus-Standard wird sich künftig in den meisten Fällen rechnen.

Zum einen steigen die Förderbeträge. Künftig erhalten Bauherren oder Eigentümer höhere Tilgungszuschüsse oder Kredite pro Wohneinheit, wenn sie nach einer der Effizienzhausklassen bauen oder modernisieren. Ebenfalls neu ist, dass dabei das Förderdarlehen nicht mehr in Anspruch genommen werden muss, sondern man einen echten Cash-Zuschuss beantragen kann. Zudem wird die Förderpraxis in drei Säulen vereinheitlicht, mit einem Programm für Einzelmaßnahmen, das vor allem Privatleute adressiert, und jeweils einem für Wohngebäude (BEG-WG) sowie für Nichtwohngebäude (BEG-NWG).

Gleichzeitig werden die Zielvorgaben ambitionierter. Der bisherige Effizienzhausstandard 115 entfällt ganz. Zuvor durfte ein Gebäude in dieser Klasse beim Primärenergiebedarf höchstens 15 Prozent und beim Transmissionswärmeverlust höchstens 30 Prozent über dem EnEV-Referenzwert liegen, um für eine Förderung infrage zu kommen. Im nun niedrigsten Standard für Modernisierungen, dem Effizienzhausstandard 100, sind dies nur noch maximal 100 und 115 Prozent. Konsequenterweise verschiebt sich die Skala auch am anderen Ende, indem der Effizienzhausstandard 40 nun auch bei Sanierungen greift statt wie zuvor nur im Neubau.

Differenziertere Förderung mit neuen Sonderklassen

Ebenfalls neu ist die zusätzliche Förderung besonderer Maßnahmen. Wer etwa sein Gebäude über die Energieeffizienz hinaus nachhaltig plant und zertifizieren lässt, kann durch die sogenannten Nachhaltigkeits-(NH-)Klassen einen Aufschlag auf die staatlichen Zuwendungen erreichen. Gleiches gilt für die gleichzeitig eingeführten Energieeffizienz-(EE-)Klassen. Bei den EE-Klassen müssen mindestens 55 Prozent der Energie für Heizung und Warmwasser aus erneuerbaren Quellen kommen. Dies erhöht die Komplexität der Planung, da Fernwärme allein nicht ausreichen dürfte, um die Vorgaben zu erfüllen. Ein Grund: Viele lokale Versorger können ihren Energiemix bisher nicht genau aufschlüsseln, sodass die tatsächlichen Einsparungen nicht bekannt sind und im Fördersystem nicht berücksichtigt werden.

Gerade im Wohnungsbau sind die EE-Klassen dennoch eine attraktive Option. Plus 2,5 Prozent der Gesamtfördersumme sind als Tilgungszuschuss möglich, schon bei mittelgroßen Projekten kann dies sechsstellige Summen ergeben; der Kreditbetrag selbst erhöht sich dadurch allerdings nicht. Das dürfte große Wirkung entfalten, denn so werden Technologien wie Solar- und Geothermie sowie Wärmepumpen deutlich incentiviert.

Alle Förderungen sind künftig als direkter Zuschuss (KfW 461) oder als Kredit mit Tilgungszuschuss (KfW 261) auszahlbar. Zudem soll die Komplexität reduziert werden und künftig ein Antrag beim BAFA oder der KfW reichen, egal um welches Programm es sich handelt. Eines darf dabei aber nie fehlen: Für die Beantragung ist immer ein Energieffizienzexperte einzubeziehen, um Qualität und Sicherheit zu gewährleisten. Die Kosten dafür fördert die KfW mit bis zu 10 000 Euro bei Nichtwohngebäuden (BEG-NWG), für Mehrfamilienhäuser sind bis zu 20 000 Euro möglich (BEG-WG). Wer es mit Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ernst meint, wird also in Zukunft nicht umhinkommen, so einen Berater hinzuzuziehen.

Das gewichtigste Argument für effizientes Bauen und Modernisieren aber hat mit den Programmen nur indirekt zu tun: Der Klimawandel und seine Folgen sind politisch so zentral, dass sich die gesamte Immobilienbranche über kurz oder lang mit den ESG-Vorgaben beschäftigen muss. Sowohl auf europäischer als auch auf Bundesebene gibt es inzwischen Regelungen, die Effizienzsteigerungen herbeiführen sollen. Zu nennen sind etwa die deutsche CO2-Abgabe sowie die EU-Offenlegungsvereinbarung. Diese verpflichtet vor allem Anbieter von Fonds zur umfangreichen Dokumentation von Umwelt- und Klimafolgen, weitere Gesetze und Richtlinien sind bereits im Gespräch.

Über kurz oder lang werden diese Regelungen auf die gesamte Immobilienwirtschaft wirken, denn die logische Folge kann man einfach zusammenfassen: Sowohl aus betriebswirtschaftlicher Sicht als auch aus Investorenperspektive werden energieeffiziente Gebäude in Zukunft deutlich attraktiver. Energieeffizienz wird folglich auch in der Breite zum Kernthema der Branche werden. Die neue BEG ist dafür ein politisches Symbol - und ein gewichtiger praktischer Impuls für Investitionen in nachhaltigere Immobilien.

DER AUTOR DR. MICHAEL DINKEL Geschäftsführer, Savvy Group GmbH, München
Michael Dinkel , Geschäftsführer, SAVVY Group GmbH, München
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