PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

COVERED BONDS - VIELSEITIG, ATTRAKTIV, DOCH LEIDER RAR

Moritz Rieper, Foto: Stefan Gröpper Photography

Pfandbriefe und Covered Bonds nehmen in den Portfolios institutioneller Anleger traditionell eine wichtige Rolle ein. Und gerade in unsicheren Zeiten wie diesen sind sie in ihrer Funktion als Stabilitätsanker mit attraktivem Pickup zu Staatsanleihen begehrt. Der Autor des folgenden Beitrags erörtert die derzeit vielversprechendsten Einsatzmöglichkeiten gedeckter Schuldverschreibungen und wie sich dabei Alpha-Chancen identifizieren lassen. Die anstehende Covered-Bond-Harmonisierung auf europäischer Ebene begrüßt er ebenso wie das Aufkommen neuer Covered-Bond-Märkte, da diese eine breitere Diversifizierung ermöglichten. Abzuwarten bleibe indes, wie sich die zuletzt infolge der sukzessiven Senkung des EZB-Engagements am Primärmarkt verbesserte Balance zwischen Käufern und Verkäufern perspektivisch entwickeln wird. Red.

Über einen Mangel an Herausforderungen können sich Anleger derzeit nicht beklagen: Konjunkturschwächen in Europa und China, Handelskonflikte und politische Unwägbarkeiten wie der scheinbar in einer Endlosschleife gefangene Brexit haben sich mittlerweile zu erheblichem Rückschlagpotenzial aufsummiert. Die Notenbanken reagieren darauf mit einer weiter sehr lockeren Geldpolitik. Die Europäische Zentralbank (EZB) beispielsweise hat massiv Anleihen gekauft, verzinst die Einlagen der Geschäftsbanken negativ, pumpt mittels TLTROs weiter Liquidität in die Märkte und stellt mit ihrer Forward Guidance noch länger niedrige Zinsen in Aussicht.

Zahlreiche Argumente im aktuellen Marktumfeld

Schon jetzt sind die Folgen erheblich: Die Risikoaufschläge und die Renditen schrumpfen, was Anleger dazu animiert, auf der Kreditqualitätskurve nach unten und auf der Laufzeitenkurve nach oben zu gehen. Doch für diese zusätzlichen Risiken werden sie kaum entlohnt, handelt doch ein signifikanter Anteil der auf Euro lautenden Anleihen im negativen Bereich. Gerade in solchen Zeiten, in denen sich die Bereitschaft zu höheren Risiken kaum noch bezahlt macht und das Rückschlagpotenzial an den Märkten hoch ist, sind Covered Bonds attraktiv.

Denn diese Anlageklasse bietet neben dem doppelten Rückgriff, einer speziellen Gesetzgebung und einer bevorzugten regulatorischen Behandlung auch noch eine geringere Volatilität und einen deutlichen Renditevorsprung gegenüber anderen "sicheren Häfen" wie etwa Staatsanleihen von Kernländern des gemeinsamen europäischen Währungsgebiets. Je nach Laufzeit liegt in Deutschland der Renditevorsprung von Pfandbriefen gegenüber Bundesanleihen zwischen 0,2 und 0,7 Prozentpunkten (siehe Abbildung 1).

Der Einsatz von Covered Bonds in Investmentfonds ist vielfältig. Zurzeit besonders attraktiv ist die bereits erwähnte Substitution von Staatsanleihen aus den Kernländern des Euroraums. Diese Strategie ist besonders interessant für Fonds, die gegen einen Vergleichsindex mit Staatsanleihen-Anteil verwaltet werden. So lässt sich für diesen Teil des Portfolios bei überschaubaren zusätzlichen Risiken eine spürbare Überrendite erwirtschaften.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung des höheren Ratings eines Covered Bonds gegenüber der jeweiligen Staatsanleihe. Institutionelle Fonds mit einer hohen Anforderung an das Mindestrating können so beispielsweise auch in der Peripherie des gemeinsamen europäischen Währungsraums investieren. In der Vergangenheit ließ sich diese Strategie zum Beispiel gut bei Schuldtiteln aus Portugal anwenden, seit Oktober vergangenen Jahres verfügen die Staatsanleihen des Landes jedoch bei allen drei Ratingagenturen wieder über Investment-Grade-Bonität.

Darüber hinaus ergeben sich viele Relative-Value-Strategien innerhalb des Spektrums der Bankenanleihen, aber auch gegenüber staatsnahen Emittenten und bestimmten Unternehmensanleihen mit hoher Qualität. Auch als Parkplatz für Liquidität, die nicht unbedingt täglich zur Verfügung stehen muss, sind kurzlaufende Covered Bonds aus Investorensicht attraktiv, bedenkt man die negative Verzinsung der Barbestände bei den Depotbanken und die derzeit relativ schnelle Liquidierbarkeit von Covered Bonds.

Eignung für unterschiedliche Investmentprodukte

Somit ist der Einsatz von Covered Bonds zum einen über die Kundensegmente "retail" und "institutionell" hinweg sinnvoll. Zum anderen können sie auch in unterschiedlichen Investmentprodukten genutzt werden: Natürlich zunächst in reinen Covered-Bond-Portfolios, aber auch in Aggregate-Fixed-Income- und Multi-Asset-Fonds. Der Einsatz, immer in Abhängigkeit von den Investment-Richtlinien, erstreckt sich sogar bis zu Emerging-Markets- und High-Yield-Fixed-Income-Produkten. Selbst für diese ergeben sich gelegentlich interessante Relative-Value-Opportunitäten, denkt man beispielsweise an griechische oder türkische Covered Bonds.

Um Alpha-Chancen am Covered-Bond-Markt aufzuspüren, gilt es zunächst, die übergeordneten und tagesaktuellen Kapitalmarkthemen sowie gemäß der klassischen Covered-Bond-Analyse die Gesetzgebung, den Emittenten und den Deckungsstock genau unter die Lupe zu nehmen. Darüber hinaus müssen aber auch zahlreiche aktuelle marktspezifische Themen im Blick behalten werden. Dazu zählen zurzeit beispielsweise die Auswirkungen niedrigerer Neuemissionsvolumina bestimmter Covered-Bond-Emittenten - hier seien besonders Akteure aus der Peripherie des Euroraums erwähnt - vor dem Hintergrund des angekündigten TLTRO3.

Wir schätzen diese Auswirkungen übrigens als gering ein, da zusätzliche TLTRO schon weitestgehend dem Marktkonsens entsprechen und sich damit schon in der Bewertung niedergeschlagen haben. Auch sind wir nicht sonderlich besorgt, dass ein gestaffelter Einlagensatz der EZB den Covered-Bond-Appetit der zuletzt starken Investorengruppe der Banken dämpfen und somit zu höheren Spreads führen wird.

Harmonisierung erhöht Transparenz und Vergleichbarkeit

Die anstehende Covered-Bond-Harmonisierung dürfte sich unserer Einschätzung nach grundsätzlich positiv auswirken, da sie die Transparenz und Vergleichbarkeit erhöhen wird. Baldige Auswirkungen auf die Bewertung von Covered Bonds der betroffenen Jurisdiktionen erwarten wir nicht, hier hilft auch der beschlossene Bestandsschutz für ausstehende Papiere. Eine zeitnahe Regelung für die Anerkennung von Covered Bonds aus Ländern, die nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören, wäre aus Investorensicht freilich wünschenswert gewesen.

Erfreulich ist das Wachstum des noch vergleichsweise kleinen Segments der "grünen" Covered Bonds. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Denn zum einen ist das Thema der Nachhaltigkeit mittlerweile zum gesellschaftlichen Mainstream geworden. Diese Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit hat wiederum zur Folge, dass sich sowohl Emittenten als auch Investoren für dieses Thema geöffnet haben. Zum anderen werden die zunehmenden regulatorischen Veränderungen die Emission von "grünen" Anleihen fördern.

Auch neue Covered-Bond-Märkte bereichern das Investment-Universum, machen es globaler und ermöglichen so eine breitere Diversifizierung. Wir bevorzugen solche mit spezieller Covered-Bond-Gesetzgebung. Skeptischer beurteilen wir die Zukunft der Conditional-Pass-Through-Strukturen, insbesondere nach der Entscheidung der EZB, diese zukünftig nicht mehr zu kaufen. Hier halten wir einen deutlichen Spread-Abstand zu den anderen beiden Fälligkeitsstrukturen Hard und Soft Bullet für angezeigt. Ein derzeit noch nicht dringliches Problem für Covered-Bond-Investoren sind die Häusermärkte. Jedoch gilt es, diese sehr genau im Auge zu behalten, da es in einzelnen Ländern Anzeichen für eine Überhitzung gibt.

Das Kernthema neben der klassischen Analyse ist für viele Investoren derzeit allerdings die Liquidität und damit eng verknüpft das Ankaufprogramm CBPP3 der EZB. Denn dieses hat dazu geführt, dass es für Investoren deutlich schwieriger geworden ist, die gewünschten Titel in den gewünschten Beträgen zu akzeptablen Preisen am Markt zu erwerben. Während die Auswirkungen der ersten beiden Programme CBPP1 und CBPP2 auf die Liquidität weniger gravierend waren, ist die geringere Liquidität seit dem dritten Programm sehr deutlich spürbar. Denn bei CBPP3-fähigen Anleihen hält die EZB bei bestimmten Covered Bonds bis zu 70 Prozent des aus stehenden Volumens. Dies wirkt sich in abgeschwächter Form dann über den Portfolio-Rebalancing-Effekt aus, also das Ausweichen der Investoren in andere, nicht direkt betroffene Marktsegmente, auch auf die nicht CB-PP3-fähigen Anleihen.

Zwar hat das Ankaufprogramm die Liquidität, gemessen an den Transaktionskosten, nicht verschlechtert, allerdings ist sie digital geworden: Während Käufe zu akzeptablen Preisen schwierig wurden, gingen Verkäufe von CBPP3-fähiger Ware leicht von der Hand, da diese an die EZB weitergereicht werden konnte. Darüber hinaus hat das Ankaufprogramm die Investorenlandschaft verändert, indem es das Engagement bestimmter Anlegergruppen wie etwa Vermögensverwalter und Banken über niedrigere Renditen und geringere Verfügbarkeit von Papieren verringert hat. Dies zeigt sich nicht nur in den Primärmarktstatistiken (siehe Abbildung 2), sondern auch in rückläufigen Handelsvolumina und kleineren Orderbüchern im Verhältnis zur Emissionsgröße.

Verzerrung der Marktpreise

Die flächendeckenden Käufe der EZB, die vor allem auf Quantität abzielten und weniger auf Risiko-Ertrags-Erwägungen basierten, wie sie beispielsweise bei Vermögensverwaltern im Vordergrund stehen, haben aber nicht nur die Ware verknappt, sondern auch dazu beigetragen, dass sich die spezifischen Unterschiede zwischen einzelnen Anleihen immer weniger in den Marktpreisen widergespiegelt haben.

Während vor CBPP3 bei der Covered-Bond-Analyse hauptsächlich Gesetzgebung, Emittent und Deckungsstock im Zentrum standen, hat in den vergangenen Jahren also auch die Analyse des Kaufverhaltens der EZB einen exponierten Platz im Investmentprozess eingenommen. Dies wird auf absehbare Zeit auch so bleiben. Denn obwohl die Nettokäufe seit Beginn dieses Jahres eingestellt sind, bleibt die EZB durch die Reinvestitionen ein wesentlicher Einflussfaktor, hält sie mit 40 Prozent doch einen großen Teil des ausstehenden Euro-Benchmark-Volumens.

Wie lange hält die neue Balance?

Trotz dieser Aussichten einer anhaltenden Einflussnahme der EZB auf den Markt haben sich die Verhandlungspositionen von Käufern und Verkäufern im Laufe des Jahres 2018 wieder besser ausbalanciert und damit die Zugeständnisse an die Investoren im Rahmen der Neuemissionen wieder etwas normalisiert. Gegenüber dem Herbst 2017 hat sich der Abstand von der ersten Preisindikation zur finalen Preissetzung spürbar verringert, während gleichzeitig die Neuemissionsprämien angezogen haben.

Hierzu beigetragen haben sicher die sukzessive Senkung des Engagements der EZB in den Orderbüchern der Neuemissionen seit Anfang 2018 und die Sorge vor höheren Risikoaufschlägen nach dem Ende der Nettokäufe. Während bis Anfang 2018 schätzungsweise bis zur Hälfte der Orders auf die EZB entfiel, die dadurch zum Ankerinvestor wurde, ist dieser Anteil bis Anfang 2019 auf schätzungsweise bis zu fünf Prozent gefallen.

Es bleibt abzuwarten, wie lange die neu erreichte Balance hält. Seit Mitte Januar zumindest geht es wieder in die andere Richtung mit hohen Orderbüchern im Vergleich zum Emissionsvolumen, auch weil die geringere Nachfrage der EZB weitgehend durch die höhere Nachfrage der Geschäftsbanken ausgeglichen wird. Auch niedrigere Prämien und größere Abstände zwischen der ersten Preisindikation und der finalen Preissetzung sind wieder zu beobachten. Und längere Laufzeiten sind unter den Investoren ebenfalls wieder en vogue, wie etwa die 100-jährige Anleihe des Landes Nordrhein-Westfalen oder sehr langlaufende Covered Bonds zeigen. Covered Bonds sind also weiter stark nachgefragt in unsicheren Zeiten, in denen Stabilität und ein gewisser Renditevorsprung vor anderen, ebenfalls als sicher geltenden Anlagemöglichkeiten gesucht wird.

DER AUTOR MORITZ RIEPER Fondsmanager, DWS, Frankfurt am Main
Moritz Rieper , Fondsmanager, DWS, Frankfurt am Main

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