BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2020

DIAMETRALE GEGENSÄTZE IN DER DEUTSCHEN WOHNEIGENTUMSPOLITIK

Pekka Sagner, Foto: Institut der deutschen Wirtschaft

Einen roten Faden vermisst man in der deutschen Wohneigentumspolitik seit Jahren. Vermutlich auch deshalb stagniert der Anteil an Menschen, die in den eigenen vier Wänden wohnen, bei unter 50 Prozent. Besonders deutlich treten die politischen Widersprüche aktuell zutage: Einerseits greift die Bundesregierung hoffnungsvollen Käufern und Häuslebauern mit Fördermaßnahmen wie dem Baukindergeld unter die Arme. Andererseits soll einem Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium zufolge die Aufteilung von Wohnungen in angespannten Mietwohnungsmärkten künftig unter eine strenge Genehmigungspflicht gestellt werden. Der vorliegende Beitrag beleuchtet die potenziellen Auswirkungen dieses angedachten Umwandlungsverbots. Red.

Die Wohneigentumsbildung in Deutschland stagniert seit gut einem Jahrzehnt. Der Anteil der Haushalte, die in den eigenen vier Wänden wohnen, liegt hierzulande bei knapp 46 Prozent - im internationalen Vergleich ein sehr geringer Wert. Aufgrund der Zinsentwicklung ist Wohneigentum zurzeit jedoch sehr attraktiv. Potenzielle Selbstnutzer kommen günstig an Kredite, doch zu oft scheitert der Traum vom Eigenheim für junge Familien am notwendigen Kleinod.

Hohe Eigenkapitalanforderungen erschweren Marktzugang

Die steigenden Immobilienpreise lassen die Eigenkapitalanforderungen, die mit den Erwerbsnebenkosten verbunden sind, für viele Haushalte in zunehmende Ferne rücken. Kein Wunder also, dass die Wohneigentumsquote, gerade bei jungen Haushalten sinkt. Unter den 25- bis 34-Jährigen wohnten zur Jahrtausendwende noch rund 23 Prozent in einer eigenen Immobilie, knapp 20 Jahre später hat sich der Anteil fast halbiert und ist auch bei den 35- bis 44-Jährigen rückläufig.

Stark steigende Immobilienpreise, auch relativ zur Entwicklung der Mieten, sorgen für Schlagzeilen. Dabei suggerieren Indexierungen auf den Beginn der anhaltenden Boomphase ein starkes Ungleichgewicht zwischen dem Miet- und Eigentumsmarkt, welches bei einer reinen Fokussierung auf die Preisentwicklung massiv überzeichnet wird. Tatsächlich haben die rückläufigen Zinsen und positive Lohnentwicklungen dazu geführt, dass Eigentümerhaushalte eine geringere monatliche Belastung aus Zins- und Tilgung stemmen als noch vor zehn Jahren - das gilt auch in den Großstädten.

Laut Daten des Soziooekonomischen Panels, einer seit 1984 jährlich durchgeführten, repräsentativen Haushalts- und Personenbefragung, lag die monatliche Belastung aus Zins, Tilgung und Nebenkosten für einen Eigentümerhaushalt in den Gemeinden mit mehr als 500 000 Einwohnern im Jahr 2000 im Mittel noch bei knapp 27 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens, 2010 bei 24 Prozent und im Jahr 2018 bei 21 Prozent. Im gleichen Zeitraum blieb der Anteil, den die Mieterhaushalte für die Bruttokaltmiete aufwenden, quasi unverändert (siehe Abbildung).

Wohneigentumsbildung wird gefördert

Bis vor kurzem hat die Wohneigentumspolitik der Bundesregierung erkannt, dass die Wohneigentumsbildung Chancen mit sich bringt. Auf Bundesebene wurden seit dem Jahr 2018 zwei Schritte zur Wohneigentumsförderung unternommen. Zunächst wurde im Jahr 2018 das Baukindergeld eingeführt, das explizit jungen Familien in Abhängigkeit der Kinderzahl eine laufende Unterstützung bei der Finanzierung des neu erworbenen Eigenheims bietet. Im Jahr 2019 gewährte die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in knapp 130 000 Fällen diesen Zuschuss. In knapp drei Viertel der Fälle wurde der Kauf einer Bestandsimmobilie gefördert.

Im Kalenderjahr 2019 wurden Zusagen für zukünftige Zuschüsse von 2,7 Milliarden Euro gewährt. Im ersten Jahr der Förderung wurden knapp 57 000 Immobilien gefördert und 1,2 Milliarden Euro an Fördermitteln zugesagt. Für den gesamten Förderzeitraum, bis Ende des Jahres 2020, sind insgesamt 9,9 Milliarden Euro an Förderpotenzial zugesagt, die dann bis spätestens Ende 2030 ausgezahlt würden.

Auf Basis der bisherigen Förderzahlen wird der Fonds wohl nicht ausgeschöpft werden. Dennoch hat die Bundesregierung damit gezeigt, dass sie Wohneigentum als förderungswürdig ansieht. Auch auf Ebene der Bundesländer wurden teilweise eigens Fonds aufgelegt, um die Wohneigentumsbildung noch attraktiver zu machen.

Beschluss zur Teilung der Maklercourtage

Einen weiteren Schritt der Wohneigentumsförderung unternimmt die Bundesregierung bei den Erwerbsnebenkosten. Die Teilung der Maklerprovision beim Immobilienerwerb befindet sich aktuell noch im Gesetzgebungsverfahren. Die Bundesregierung hat erkannt, dass die Erwerbsnebenkosten, welche beim Immobilienkauf in der Regel in Form von Eigenkapital aufgebracht werden, eine hohe Hürde für potenzielle Käufer darstellen. Laut Regierungsentwurf aus dem Oktober 2019 sollen die Maklerkosten für die Vermittlung eines Kaufvertrags zukünftig hälftig geteilt werden.

Damit setzt die Bundesregierung am größten Kostenpunkt innerhalb der Erwerbsnebenkosten, welche proportional zum Kaufpreis steigen, an. Insbesondere in den beliebten Großstadtlagen und deren Speckgürtel sind die Preise für Wohneigentum besonders stark gestiegen. Nicht zuletzt aufgrund der starken Bevölkerungsdynamik in den vergangenen Jahren zeigt sich hier eine hohe Nachfrage nach Eigentumsimmobilien.

Nun droht aber eine weitere Hürde für potenzielle Erwerber. Nach einem aktuellen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz soll die Aufteilung von Wohnungen nur noch nach Genehmigung möglich sein. Üblicherweise können Eigentümer von Mehrfamilienhäusern Wohnungen einzeln an Kapitalanleger oder Selbstnutzer verkaufen. Teilweise kaufen dann auch die bisherigen Mieter die Wohnung, die sie bislang gemietet haben. Künftig sollen nach den Vorstellungen des Justizministeriums alle Aufteilungen in angespannten Mietwohnungsmärkten unter Genehmigungspflicht gestellt werden, so wie dies bereits in sogenannten Milieuschutzgebieten (Soziale Erhaltungsgebiete) gilt.

BMJV-Pläne - eine weitere Hürde

Die Liste der Fälle, in denen eine Genehmigung erteilt werden soll, deutet bereits darauf hin, dass Genehmigungen nur selten gewährt werden. So muss die Genehmigung zum Beispiel erteilt werden, wenn zwei Drittel der Mieter ihre Wohnung kaufen möchten, was eher selten der Fall ist. Oder aber, wenn die Immobilie vererbt wurde und das Teileigentum zugunsten der Erben geschaffen wird. Außerdem heißt es wörtlich: "Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht zumutbar ist." Damit werden die hohen Hürden, die bereits in Milieuschutzgebieten beobachtbar sind, deutlich.

Gelten soll die geplante Regelung in allen Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten in denen schon heute die Mietpreisbremse gilt. Die Mietpreisbremse gilt in mehr als 300 Gemeinden. Dabei sind diese Gemeinden keineswegs ausschließlich auf die Großstädte in Deutschland beschränkt, wie eine Erhebung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-, und Raumforschung (BBSR) zeigt. Demnach haben 86 Prozent aller Gemeinden, in denen die Mietpreisbremse gilt, weniger als 100 000 Einwohner, knapp 29 Prozent sogar weniger als 10 000. Rund 23 Millionen Menschen wohnen in den Gemeinden, in denen die Mietpreisbremse gilt, davon leben 45 Prozent in Gemeinden mit weniger als 300 000 Einwohnern.

Verkleinerung des Marktes

Das geplante Gesetz würde somit keineswegs nur in den Großstädten Wirkung zeigen. Doch gerade in diesen Städten, in denen es nur wenige Einfamilienhäuser gibt, werden damit die Chancen auf Partizipation am Eigentumsmarkt deutlich eingeschränkt. Schließlich sind die meisten Erwerber eher in der Lage, eine Etagenwohnung im Bestand zu erwerben als etwa eines der wenigen Reihenhäuser oder Neubauten. Hinzu kommt, dass bei der Umsetzung des Gesetzes die Preise für bereits geteilte Wohnungen deutlich nach oben gehen könnten.

Nutznießer wären dann Wohnungsunternehmen, da beim Kauf von Mehrfamilienhäusern die Konkurrenz kleiner würde. Insgesamt wird damit die Chance für Menschen, an der Vermögensentwicklung im Wohnungsmarkt teilzuhaben und damit unter anderem auch die Altersvorsorge zu stärken, deutlich eingeschränkt. Begründet wird die Maßnahme damit, dass so die Verdrängung einkommensarmer Haushalte vermieden werden soll.

Fadenscheinige Begründung

Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass schon heute im Fall von Umwandlungen in angespannten Märkten die Kündigungsschutzdauer, auch für Eigenbedarf, bei zehn Jahren liegen kann, so beispielsweise in Hamburg oder Berlin. Durch Umwandlungen wird somit die Verdrängungsgefahr nicht erhöht, sondern im Gegenteil, es gelten sogar noch strengere Kündigungsregeln.

Hinzu kommt, dass Probleme durch Umwandlungen nur eine kleine Rolle in der Praxis spielen. Der Deutsche Mieterbund weist regelmäßig aus, zu welchen Themen seine Mitglieder beraten werden. Nur 0,7 Prozent aller Beratungen sind dem Themenfeld Umwandlungen/Eigentümerwechsel zuzuordnen, in absoluten Zahlen dürften dies etwas mehr als 7 000 Beratungsfälle sein. Die Zahl ist damit seit 2016 zwar gestiegen, das Niveau der Fälle aber sehr gering.

Eigentum als Schutz vor Verdrängung

Gleichwohl ist das Thema möglicher Verdrängungen relevant, auch wenn eine Durchmischung bedeuten kann, dass einkommensstärkere Haushalte in ein Viertel ziehen. Statt aber Chancen zu beschneiden, könnte eher der Schutz vor Verdrängung mit den Möglichkeiten der Eigentumsbildung verknüpft werden. So könnten Städte etwa Mietern, bei denen Umwandlungen anstehen, Nachrangdarlehen als Eigenkapitalersatz gewähren, damit sie selbst die Wohnung, als Mieter oftmals besonders günstig, kaufen können. Schließlich können Haushalte, die Eigentümer sind, nicht mehr verdrängt werden - und wenn sie doch wegziehen, erhalten sie zumindest einen entsprechenden Verkaufserlös.

Zudem wäre auch für die Städte das finanzielle Risiko geringer, als wenn sie selbst die Wohnungen per Vorkaufsrecht erwerben würden und anschließend bewirtschaften müssten. Dies gilt gerade dann, wenn die Mieten künftig nicht mehr angehoben werden sollen. Den Eigentumserwerb von einkommensschwachen Haushalten auf lokaler oder regionaler Ebene zu unterstützen, ist im Ausland weit verbreitet.

Beispiele finden sich in Australien, etwa als "Build Bonus Grant" oder in den USA, dort unter anderem in Form von besicherten Krediten oder "Homeownership Vouchers". Auch in Deutschland werden unter anderem in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen Nachrangdarlehen an Haushalte im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung gewährt.

DER AUTOR PEKKA SAGNER Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V., Köln
Pekka Sagner , Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V., Köln

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