DIGITALISIERUNG

DIGITALISIERUNG IM FACILITY MANAGEMENT: MEHR EFFIZIENZ, MEHR TRANSPARENZ, HÖHERE GESCHWINDIGKEIT

Nils Lueken, Foto: RGM

Die Digitalisierung ist im Begriff, auch das Facility Management tiefgreifend zu verändern. Nach Einschätzung des Autors ist die Branche deshalb gefordert, den Wandel nicht nur anzunehmen, sondern aktiv mitzugestalten. Denn daraus ergäben sich für die Facility- Management-Dienstleister große Chancen, ihre Position zu stärken und die Leistungserbringung im Sinne ihrer Auftraggeber signifikant zu verbessern. Red.

Ein moderner Kubus, umhüllt von einer Glasfassade, mitten in Berlin: Der im Februar 2020 eröffnete "Cube Berlin", geplant vom Projektentwickler CA Immo, macht architektonisch durchaus etwas her. Doch die eigentliche Innovation sieht man von außen nicht: Hinter der Fassade verbirgt sich geballte Intelligenz, denn der Bau setzt ganz auf smarte Technologien. Rund 3 750 Sensoren, 750 sogenannte Beacons, also Sender mit Bluetooth Low Energy und 140 Mobilfunkantennen sammeln im Cube Berlin die unterschiedlichsten Daten, die die Basis für die smarte Gebäudesteuerung bilden.

Verschmelzung von Technologie, Architektur und Atmosphäre

Eine mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgestattete zentrale Steuerungseinheit verknüpft viele der technischen Anlagen, Sensoren sowie Planungs-, Betriebs- und Nutzerdaten miteinander. Dieses sogenannte "Brain" erfasst die Informationen und Daten, analysiert und bewertet sie und unterbreitet Optimierungsvorschläge zum Beispiel für den Betrieb des Gebäudes. So erkennt das System etwa nicht genutzte Flächen und schaltet gegebenenfalls Anlagen wie Heizung, Lüftung, Kühlung oder Licht in diesen Bereichen ab. Das trägt dazu bei, die Energieeffizienz zu erhöhen und den Komfort für die Nutzer zu steigern. So verschmelzen Technologie, Architektur und Atmosphäre miteinander - um für Mensch und Umwelt eine smarte Zukunft zu ermöglichen.

Sicherlich, das Cube Berlin ist ein Leuchtturmprojekt und bei mehr als 95 Prozent des Gebäudebestandes in Deutschland ist ein Nachrüsten gar nicht oder wenn überhaupt nur zu sehr hohen Kosten möglich, die ein derartiges Vorhaben aus wirtschaftlicher Sicht unattraktiv machen. Aber dennoch: Das Internet der Dinge und die Digitalisierung verändern grundlegend die Art und Weise, wie Gebäude bewirtschaftet werden. Ob der Cube Berlin, The Ship in Köln oder Hammerbrooklyn in Hamburg: Immer mehr Neubauten verfügen über ein "digitales Gehirn", das Daten der Nutzer und des Betriebs sammelt, analysiert und sich anschließend den individuellen Bedürfnissen anpasst.

Sensoren und digitale Datenerfassung ermöglichen detaillierte Nutzungsprofile von Gebäuden und Anlagen in Echtzeit. So liefern beispielsweise CO2-Sensoren oder auch klassische Bewegungsmelder Informationen dazu, welche Räume wie stark genutzt werden. Sind Arbeitsplätze oder Räume nicht fest vergeben, zeigt eine App beim Betreten des Gebäudes die Vakanzen. Je nach Nutzung der Räume kann dann die Leistung von Heizung, Klima- oder Lüftungsanlage an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Steigt etwa der CO2-Gehalt der Raumluft aufgrund vieler Besucher, läuft die Lüftung intensiver. Und wenn sich in einem Raum keine Personen aufhalten, wird weniger geheizt.

In Bezug auf die technische Gebäudebewirtschaftung könnten die Datenquellen so miteinander verknüpft werden, dass Probleme frühzeitig etwa über intuitive Visualisierungen in Dashboards sichtbar werden - mitunter schon, bevor die Störung überhaupt entsteht. Dadurch lässt sich die Wartung gezielter steuern, was dazu beiträgt, Ausfallzeiten und Reparaturen zu verringern. In diesem Fall spricht man von Predictive Maintenance. Der Trend lässt sich nicht leugnen und dürfte angesichts der Corona-Pandemie weiteren Rückenwind erfahren. So können smarte Flächenmanagementsysteme beispielsweise auch die Einhaltung von Hygienekonzepten sicherstellen. Denn schließlich können Sensoren Personen in Räumen erkennen und dabei helfen sicherzustellen, dass sich in Zeiten von Abstandsgeboten nicht zu viele Personen in einem Raum aufhalten.

Der Kunde steht immer im Fokus

Bereits seit einigen Jahren folgt die Immobilienwirtschaft und insbesondere das Facility Management (FM) dem Trend der Digitalisierung. Die Entwicklungen der Covid-19-Pandemie sowie deren Auswirkungen auf Unternehmen generell und FM-Dienstleister im Speziellen bestätigen dabei einmal mehr, dass eine kontinuierliche Weiterentwicklung der internen und externen Prozesse mit Blick auf die voranschreitende digitale Transformation der Geschäftsmodelle zwingend erforderlich ist. Datengetriebene Servicemodelle bilden dabei die Grundlage einer optimierten, transparenten Leistungserbringung. Umfassende Datenverfügbarkeit vereinfacht Prozessanalysen und datenbasierte Kommunikation und führt so - sowohl für den Kunden als auch für den FM-Dienstleister - zu Mehrwerten in Form von gesteigerter Effizienz und Transparenz, höherer Geschwindigkeit und niedrigeren Kosten. Im Zentrum der damit verbundenen strategischen Überlegungen steht zu jeder Zeit der Kunde: Seine Bedarfe sind im Hinblick auf Datenverfügbarkeit und -verwendung der wichtigste Input. Der wichtigste Grundsatz dabei lautet: Wer seine Daten mithilfe von Data-Analytics-Verfahren richtig analysiert, erhält wichtige Erkenntnisse und Vorhersagen für Entscheidungsprozesse.

Doch noch beschränkt sich die Verbreitung und der Einsatz von Data-Analytics-Verfahren vor allem auf jene Bereiche, in denen Unternehmen davon direkt finanziell profitieren, zum Beispiel durch die Analyse der Betriebskosten oder die Reduzierung des Energie- und Ressourceneinsatzes. Das zeigt die Digitalisierungsstudie von ZIA und EY aus dem Jahr 2019.1) 32 Prozent der Befragten nutzen demnach Data Analytics gar nicht zur Automatisierung von Endto-End-Geschäftsprozessen und 36 Prozent lassen die Möglichkeit der Erhöhung der Nutzerzufriedenheit ungenutzt. Das zeigt, dass die FM-Branche immer noch nicht die enormen Potenziale abruft, die die steigende Datenverfügbarkeit bietet. Ein strategisch kluges Vorgehen und nicht zuletzt eine Portion Weitsicht sind die Voraussetzungen, um die bestehenden technischen und organisatorischen Herausforderungen zu meistern. Dabei sind auch gezielte Kooperationen mit unterschiedlich qualifizierten Partnern notwendig, um digitale Innovationen schneller in die Leistungserbringung zu integrieren.

Denn für das Gebäudemanagement sind längst nicht nur bauliche Daten wie beispielsweise die Beschaffenheit der technischen Anlagen interessant, sondern vor allem Fakten zur Nutzung der Immobilie. Mit intelligenten Zählern, Sensoren, Gebäudesystemen und Geräten lässt sich das Verhalten der Nutzer messen. Sensoren erfassen etwa Informationen zum Status der Klimaanlagen, der Restmenge in Seifenspendern oder der Belegung von Besprechungsräumen. Was im täglichen Ablauf bereits sehr nützlich ist, bietet auf lange Sicht noch mehr Vorteile. Denn die Zusammenfassung und Analyse dieser Daten liefert Vorhersagen darüber, wie sich Nutzer und Anlagen verhalten werden. Durch das Internet of Things (IoT) kommunizieren und interagieren die unterschiedlichen Systeme miteinander und ermöglichen so ein vorausschauendes Handeln im Gebäudemanagement.

Auf der untersten Evolutionsstufe

Die Potenziale, die datengetriebene Geschäftsmodelle für das Facility Management bieten, werden jedoch bei Weitem nicht ausgenutzt. Nach dem vierstufigen Reifegradmodell im Analytics-Bereich, der bereits 2007 von den US-Forschern Thomas H. Davenport und Jeanne G. Harris entwickelt wurde und von der einfachen deskriptiven Analyse (reine Aufbereitung historischer Daten) über die prädiktive und präskriptive Analyse (Ableiten von Trends, Szenarien und Handlungsempfehlungen) bis zur vollständig autonomen Analyse (selbstständiges Handeln ohne menschliche Interaktion) reicht, befindet sich die FM-Branche immer noch auf der untersten Evolutionsstufe der Erkenntnisgewinnung.2) PwC sieht das Facility Management in Bezug auf Digitalisierung im Vergleich zu anderen Branchen abgeschlagen.3)

Die Ursachen dafür sind vielfältig. So stehen der Branche zwar zahlreiche Tools zur Verfügung, hierbei handelt es sich jedoch meist um Insellösungen, die für sich stehen und keine holistischen Ansätze beinhalten. Hinzu kommt, dass oft Lösungen aus anderen Sektoren für die Branche adaptiert wurden. Ursächlich hierfür ist insbesondere die Heterogenität der bewirtschafteten Gebäude in punkto Beschaffenheit und technische Gebäudeausrichtung. FM-Dienstleister stehen also vor der Herausforderung, unterschiedliche Technologien in unterschiedlichen Gewerken zu steuern. Von Transparenz und Standardlösungen ist die Branche dabei noch weit entfernt.

Das gilt auch für das Computer Aided Facility Management (CAFM), das die Branche bereits seit über 20 Jahren umtreibt: Dieses wird zwar durchaus rege genutzt - laut dem CAFM-Trendreport 2019, den Lünendonk gemeinsam mit dem Branchenverband GEFMA veröffentlicht hat, kommt derzeit bei 88 Prozent der 291 antwortenden Anwender ein CAFM-System zum Einsatz.4) Es besteht jedoch die Herausforderung, dass es über hundert verschiedene CAFM-Lösungen am Markt gibt. Zwar ist nur ein kleiner Teil davon weit verbreitet, dennoch bedeutet dies für größere FM-Unternehmen, Daten zu den erbrachten Services für Einzelkunden transformieren zu müssen, wenn diese auf eigene Lösungen setzen oder - im Fall von Portfolio-Betreibern - Daten ihrer unterschiedlichen Dienstleister auf einer eigenen CAFM- Datenplattform konsolidieren wollen. Hierfür existiert weiterhin kein in der Breite akzeptierter Datenstandard, der den Austausch zwischen den Akteuren deutlich vereinfachen würde.

Es gilt jetzt, den Wandel zu verinnerlichen und anzunehmen, denn die Digitalisierung ist im Begriff, den Markt für FM-Dienstleistungen von Grund auf zu verändern. Dienstleister, die offen sind für Veränderungen, werden davon profitieren - und zwar in vielerlei Hinsicht. Denn auch im Facility Management erfahren Daten einen Wandel vom Nebenprodukt der Leistungserbringung hin zur strategischen Ressource. Indem FM-Dienstleister Daten, die beim Betrieb eines Gebäudes ohnehin anfallen, verwertbar machen, können sie ihre Position stärken und die Leistungserbringung im Sinne ihrer Auftraggeber verbessern. Darüber hinaus erfolgt durch eine strukturierte Datensammlung auch die Dokumentation der geleisteten Arbeit.

Denn wo Daten im Mittelpunkt der Dienstleistung stehen, etwa wenn der Techniker im Gebäude datenbasiert Entscheidungen trifft oder schon seine Arbeitsaufträge datenbasiert auf Grundlage von beispielsweise Frequenzmessungen im Gebäude oder Klimainformationen generiert werden, sinkt der manuelle Aufwand im Reporting und steigt zugleich die Transparenz über das Gebäude. Das wiederum vereinfacht die Umstrukturierung und Neuverteilungen einzelner Aufgaben im Gebäude und kann den Aufbau von Wertschöpfungsnetzwerken befördern, von dem letztendlich alle profitieren - die Gebäudenutzer genauso wie die beauftragten Dienstleister.

FM bleibt ein People's Business

Mehr Effizienz, mehr Transparenz, höhere Geschwindigkeit und nicht zuletzt ein höherer Gebäudewert - das sind die konkreten praktischen Vorteile für die Kunden, die ein Dienstleister bietet, der die vorhandenen Daten im Gebäude nutzt und die Verbindung zu smarten Partnern herstellt. Angesichts der schwachen Margen im Geschäftsmodell Facility Management besteht die Herausforderung darin, die zur Umsetzung der digitalen Transformation bereitstehenden finanziellen Mittel in die richtigen und somit auch wirtschaftlich gewinnbringenden Projekte zu investieren.

Und doch, bei allen Segnungen, die die Digitalisierung mit sich bringt: Am Ende bleibt das Facility Management trotzdem ein People's Business. Sensoren, Computer und Künstliche Intelligenz werden die Menschen nicht ersetzen - sondern sie werden dazu beitragen, deren Arbeit zu verbessern und effizienter zu gestalten. Das zeigt nicht zuletzt das Beispiel des Berliner Cube, einem der Digitalisierungsvorreiter in der Assetklasse Büroimmobilien. Neben der Erbringung des technischen Facility Managements fällt dem Dienstleister, in diesem Fall der RGM Facility Management GmbH, auch die Koordination der zahlreichen Digitalisierungsdienstleister zu: Der FM-Dienstleister ist hier mit seinen qualifizierten Haustechnikern erster Ansprechpartner vor Ort und verteilt Aufgaben an Nachunternehmer - auch die digitalen. Das Wissen um das Zusammenspiel der Gewerke und der Blick auf das Gebäude im Ganzen liegt nach wie vor im Facility Management - sofern der Dienstleister mit der Zeit geht und den digitalen Wandel annimmt.

Fußnoten

1) ZIA und EY Real Estate: Gebaut auf Daten - digitale Immobilienwirtschaft. Vierte Digitalisierungsstudie, 2019.

2) Davonport, Thomas H.; Harris, Jeanne G.: Competing on Analytics. The New Science of Winning, Harvard Business Review Press, 2017.

3) PwC: Real Estate Asset Manager Benchmarking Survey 2018, Digitale Transformation

4) Lünendonk & Hossenfelder GmbH: CAFM-Trendreport 2019.

DER AUTOR NILS LUEKEN Geschäftsführer, RGM Facility Management GmbH, Dortmund
Nils Lueken , Geschäftsführer, RGM Facility Management GmbH, Dortmund
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