Wandel im Handel

E-Commerce - wie viel Verkaufsfläche verschwindet?

Markus Wotruba

Multi-Channel-Käufer sorgen bei stationären Läden für strukturelle Konsequenzen. Die konkreten Auswirkungen für die Einzelhandelsimmobilien zu ermitteln, soll ein neues Analysetool ermöglichen. Vor allem die möglichen Veränderungen beim Flächenverbrauch einer Einzelhandelslage stehen im Fokus, um daraus geeignete Maßnahmen gegen diese Entwicklung unternehmen zu können. Red.

Wo haben Sie Ihre Weihnachtsgeschenke eingekauft? Auf einem traditionellen Weihnachtsmarkt, im Internet oder in letzter Minute im Geschäft? Bei den meisten dürfte die Antwort eine Kombination der verschiedenen Möglichkeiten sein.

Strukturelle Konsequenzen

Beim Surfen im Internet kam dem einen oder anderen vielleicht eine Idee für ein Geschenk und dieses wurde im Anschluss in einem Laden gekauft. Oder im Geschäft wurde ein Produkt entdeckt, über das man sich nach dem Einkaufsbummel im Internet informiert und es dort gekauft hat.

Der Multi-Channel-Käufer ist schon lange keine graue Theorie mehr, er ist längst im deutschen Einzelhandel angekommen. Das hat bekanntermaßen strukturelle Konsequenzen für die stationären Läden.

Neues Analysetool

Was wiederum die konkreten Auswirkungen für die Einzelhandelsimmobilien sind, dazu gibt es bislang keine geeignete Prognosemethode. Mit dem neu entwickelten Analysetool e-Impact der BBE Handelsberatung und Elaboratum können nun Antworten gegeben werden, die belastbar sind.

Das Tool zeigt die Auswirkungen des Online-Handels auf den stationären Handel: Es prognostiziert, wie sich der Flächenverbrauch einer Einzelhandelslage infolge des E-Commerce in den kommenden zehn Jahren verändern wird.

Dabei geht das Analysetool davon aus, dass der Einzelhandelsmarkt insgesamt nicht mehr wächst, sondern - wie in den vergangenen Jahren - stagniert. Der e-Impact-Check ist für Handelsflächen in Fußgängerzonen, Stadtteilzentren oder Handelsimmobilien in Städten ab 10 000 Einwohnern einsetzbar.

Mit Anpassungen gegensteuern

Zur Berechnung des Verkaufsflächenbedarfs soll als Beispiel ein Shoppingcenter in Stadtteillage einer deutschen Millionenstadt mit einer Verkaufsfläche von 18 000 Quadratmetern dienen: Das e-Impact-Tool deutet voraus, dass im Jahr 2025 durch den Online-Handel rund 400 Quadratmeter weniger in dem Objekt benötigt werden.

Der E-Commerce wird dieses Center demnach nur im geringen Ausmaß treffen. Der Betreiber kann einen Flächenrückgang zudem gezielt vermeiden, indem er mit Maßnahmen wie einer Miet- oder Konzeptanpassung entgegensteuert.

Anders die Situation in der Fußgängerzone einer Stadt in Nordrhein-Westfalen mit 50 000 Einwohnern: Die Lage wird nach Angaben des e-Impact-Tools mit einem Flächenrückgang von zwölf Prozent bis 2025 stark vom Online-Handel betroffen sein.

Hier müssen die Betroffenen massive Gegenmaßnahmen ergreifen, um den zu erwarteten Flächenrückgang zumindest einigermaßen abzuschwächen.

Demografischer Wandel von Bedeutung

Als Basis für die genannten Berechnungen dient eine Reihe von Faktoren: Zunächst erfolgt eine umfassende Analyse der Branche. Dabei wird der erwartete Umsatzrückgang für das jeweilige Segment berücksichtigt, der sich aus der Gegenüberstellung der aktuellen E-Commerce-Umsatzanteile und jener für das Jahr 2025 ergibt.

Zusätzlich werden Makro- und Mikrostandort und Objektqualität mit dem sich aus mehreren Variablen zu errechnenden e-Impact-Factor bewertet.

Mit diesem Wert werden unter anderem die spezifische Lage und die konkrete Anfälligkeit gegenüber dem Online-Handel berücksichtigt. Ein Ort, der vom demografischen Wandel stark negativ betroffen ist, muss anders bewertet werden als beispielsweise eine nachgefragte Lage in einer wachsenden Metropole.

Tourismusintensität

In die Berechnungen fließt auch die spezifische Tourismusintensität ein, da touristische Umsätze in Stadtzentren bis zu 30 Prozent der Umsätze ausmachen können und diese nicht vom Online-Handel beeinflusst werden.

Ziel des e-Impact-Tools ist es, durch Quantifizierung des Flächenrückgangs anschaulich zu verdeutlichen, was der einzelnen Handelsimmobilie oder Lage droht, wenn nicht durch Maßnahmen vor Ort gegengesteuert wird. Auf diese Weise soll der e-Impact dazu beitragen, bei den Betroffenen ein lösungsorientiertes Denken anzustoßen.

Der Autor

Markus Wotruba Leiter Standortforschung, BBE Handelsberatung GmbH, Leipzig

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