Regulierung

Eigenkapitalentlastung durch Rechtsmonitoring

(III.6) Wird das Grundpfandrecht durch eine Vereinbarung über den Sicherungsrahmen mit der/den gesicherten Forderung/en verbunden?

Die Eigenmittelanforderungen für Kreditrisiken und die Möglichkeiten der Risikominderung verlangen, dass sich Kreditinstitute regelmäßig darüber informieren, ob die Rechtslage sich in der für das Grundpfandrecht maßgeblichen Rechtsordnung verändert hat und ob sich daraus Veränderungen für die Durchsetzbarkeit der Sicherheiten geben. Die Autorin stellt im Beitrag das Rechtsmonitoring durch die vdp Expertise GmbH und deren Partner vor und zeigt an einigen Beispielen aktuelle Rechtsthemen auf, die für Kreditinstitute von Belang sind. Red.

Banken müssen über Eigenmittel in ausreichender Höhe verfügen, wenn sie Kredite vergeben. Durch die Hereinnahme von Kreditsicherheiten wie zum Beispiel Grundpfandrechte können Kreditinstitute die mit der Kreditvergabe verbundenen Risiken verringern. Das bedeutet, dass ein Kreditinstitut für diese Finanzierung deutlich weniger Eigenmittel vorhalten muss als für eine Finanzierung, die nicht mit adäquaten Sicherheiten unterlegt ist.

Die Eigenmittelanforderungen für Kreditrisiken und die Möglichkeiten der Risikominderung sind in der Capital Requirements Regulation (CRR) geregelt. Nach den Vorgaben der CRR (Art. 194 i. V. m. Art. 208) hat ein Kreditinstitut sicherzustellen, dass eine Hypothek oder ein Sicherungspfandrecht in allen zum Zeitpunkt des Kreditvertragsschlusses relevanten Rechtsräumen durchsetzbar sowie ordnungsgemäß und fristgerecht eingetragen ist, alle rechtlichen Anforderungen an den Nachweis des Pfands erfüllt sind und die Sicherungsvereinbarung und das ihr zugrunde liegende rechtliche Verfahren die kreditgebende Bank in die Lage versetzen, die Sicherheit innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu verwerten. Um dies zu gewährleisten ist es notwendig, dass sich das Kreditinstitut in regelmäßigen Abständen darüber informiert, ob die Rechts lage sich in der für das Grundpfandrecht maßgeblichen Rechtsordnung verändert hat und ob diese Veränderung Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit der Kreditsicherheit hat.

Regelmäßige Überwachung auch des ausländischen Rechts

Dies alles gilt natürlich auch für grenzüberschreitende Immobilienfinanzierungen. Liegt - zum Beispiel durch eine Gesetzesreform oder aufgrund eines höchstrichterlichen Urteils - eine relevante Rechtsänderung im Zielland einer grenzüberschreitenden Immobilienfinanzierung vor, aus der sich eine neue Anforderung an die Wirksamkeit eines Kredit- oder Sicherheiten-Vertrages ergibt, muss die Bank entscheiden, ob die rechtliche Veränderung auch eine Anpassung bestehender Darlehensverträge oder sonstiger Vereinbarungen über das Grundpfandrecht notwendig macht.

Die regelmäßige Überwachung der einschlägigen Rechtsordnungen, das sogenannte "Rechtsmonitoring", stellt für die kreditgebenden Institute, insbesondere im Ausland, in der Praxis eine große Herausforderung dar.

Informationsquelle "Runder Tisch" Grundpfandrechte vdp

Bereits seit 2005 führt der Verband Deutscher Pfandbriefbanken e.V. (vdp) halbjährlich einen Runden Tisch mit führenden Immobilienrechts-Experten aus Europa und Übersee durch, in dem aktuell 35 Rechtsordnungen vertreten sind.1) Anhand eines Schaubildsystems wird dort im Wege detaillierter Fragen und Antwortvarianten vergleichend die Rechtslage und Rechtsentwicklung im Bereich Grundpfandrechte in den jeweiligen Rechtsordnungen fundiert untersucht, wie das Beispiel zeigt (siehe Abbildung).

Unter den betrachteten Rechtsordnungen sind auch für grenzüberschreitende Immobilienfinanzierungen so bedeutende Zielländer wie England (mit Wales), Frankreich, Polen und Spanien sowie die Niederlande und Bundesstaaten der USA vertreten.

Die über 250 Schaubilder erfassen alle wesentlichen Rechtsmaterien der Grundpfandrechte wie Grundbuch, Rangsicherheit, flexible Verwendung, Vollstreckung, Insolvenz und grundstücksgleiche Rechte. Sie werden in einem eigenen IT-System vorgehalten. Die Antworten werden von den Experten fortlaufend aktualisiert und, soweit erforderlich, mit Kommentaren versehen. Ein eigenes Bewertungssystem misst die Qualität der rechtlichen Lösungen in den einzelnen Ländern aus unterschiedlichen Perspektiven. Auch Dritten kann die Einsicht in diese umfangreiche Datenbank ermöglicht werden.

Fortlaufende Expertenmeldungen

Auf der Basis der Informationen der Experten des Runden Tisches, die als Bankjuristen, Anwälte, Notare oder Wissenschaftler die für Immobilienfinanzierungen relevanten Rechtsgebiete ihrer Länder ständig im Blick haben, erstellt die vdp Expertise GmbH, ein Tochterunternehmen des vdp, in Zusammenarbeit mit dem Center of Legal Competence (CLC) - Forschung & Consulting GmbH, einer rechtsberatenden Forschungseinrichtung aus Wien, Meldungen zu den einschlägigen rechtlichen Entwicklungen einzelner Länder in einem einheitlichen, übersichtlichen Format. Zu jeweils festen Terminen im Frühjahr und Herbst werden den Banken, die an dem gebührenpflichtigen Monitoring teilnehmen, diese Meldungen dann über die vdp Expertise GmbH in einem passwortgeschützten Portal zur Verfügung gestellt.

Je nach Bedarf und Geschäftsfeld kann das Kreditinstitut Meldungen zu einzelnen Ländern beziehen. Ein Großteil der Meldungen (darunter diejenigen zu Frankreich, Polen, den Niederlanden, Belgien, Italien und Japan) werden in deutscher Sprache zur Verfügung gestellt. Die übrigen Meldungen liegen in englischer Sprache vor.

Informationsauswertung durch Fachgremium

Die Meldungen werden in einem Fachgremium ausgewertet, dem Vertreter aus den teilnehmenden Banken sowie Fachvertreter des vdp und der vdp Expertise GmbH angehören. Das Fachgremium entscheidet, ob sich nach seiner Einschätzung aus den von der vdp Expertise GmbH bereitgestellten Meldungen bankseitig Handlungsbedarf ergibt und bestehende Darlehens- oder Sicherheitenverträge an die neue Rechtslage anzupassen sind. Auch für den Abschluss künftiger Verträge ist die Kenntnis einer neuen Rechtslage natürlich von Bedeutung.

Seit Ende 2014 fanden in Berlin drei Sitzungen des Fachgremiums statt. Analysiert und bewertet wurde dort zum Beispiel ein höchstrichterliches Urteil aus dem Frühjahr 2014 zur Zuteilung im Insolvenzverfahren über eine Gesellschaft, die zwei jeweils hypothekarisch gesicherte Darlehen bei zwei Banken aufgenommen hatte. Klargestellt wurde in dem Urteil für den vorliegenden Fall, dass sich die Erlösverteilung zwischen den Banken nach der Höhe der angemeldeten Forderung und nicht allein nach der eingetragenen Höhe der Forderung richtet.

Eine weitere wichtige diskutierte Entscheidung betraf zwar auf den ersten Blick einen Fall aus Hong Kong. Bei näherer Betrachtung betrifft das Urteil aber auch englisches Recht und hier insbesondere die Vollstreckungsmöglichkeiten auf der Grundlage von Syndizierungsvereinbarungen in LMA-Verträgen, die ja englischem Recht unterstehen.

Auch die jüngsten Rechtsentwicklungen in Polen und Spanien waren Gegenstand der Monitoring-Rechtsmeldungen und der Sitzungen des Fachgremiums Rechtsmonitoring. In Polen ändert sich beispielsweise durch die aktuelle Insolvenzrechtsreform, die am 1. Januar 2016 in Kraft treten wird, die Rechtslage für den Hypothekengläubiger eines insolventen Hypothekenschuldners hinsichtlich der Befriedigung aus Miet- und Pachteinkünften. In Spanien galt und gilt es eine Fülle von Rechtsänderungen sowohl des spanischen als auch des katalonischen Rechts als einer besonderen Teilrechtsordnung zu untersuchen: Ein höchstrichterliches spanisches Urteil aus dem Frühjahr 2015 bestätigte die Unwirksamkeit eines Kreditvertrages, in dem der Schuldner nicht ausreichend über eine Zinsfloor-Klausel informiert worden war.

In Katalonien wurde durch ein Gesetz aus dem Juli 2015 der Hypothekenschuldner, in dessen Wohnimmobilie vollstreckt werden soll, berechtigt, ein vorgeschaltetes Einigungsverfahren durchführen zu lassen. Neue Entwicklungen gibt es auch bei der Frage, wann und in welchem Umfang sich der Hypothekengläubiger in Spanien im Falle der Insolvenz des Schuldners oder der Einleitung eines vorinsolvenzlichen Verfahrens aus der Hypothek befriedigen darf.

Hat es in einem Land keine relevanten rechtlichen Änderungen während des Berichtszeitraumes gegeben, wird dennoch eine sogenannte. "Nullmeldung" erstellt, die auch dies dokumentiert. So hat das teilnehmende Kreditinstitut in jedem Falle einen Nachweis darüber in der Hand, dass die rechtliche Entwicklung in dem betreffenden Land überprüft wurde, ohne selbst aufwendige Recherchen hierzu anstellen zu müssen

Das Monitoring-System der vdp Expertise GmbH leistet somit einen wichtigen praktischen Beitrag zur Erfüllung der immer umfangreicher werdenden Verpflichtungen, die sich für die Kreditinstitute aus den Anforderungen des Bankaufsichtsrechts ergeben. Derzeit nutzen bereits neun Kreditinstitute das Monitoring-System für 21 verschiedene Rechtsordnungen. Auch Kreditinstitute außerhalb des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken haben nun die Möglichkeit, sich diesem Monitoring-System anzuschließen.

Fußnote

1) Vgl. hierzu: Stöcker/Stürner: Flexibilität, Sicherheit und Effizienz der Grundpfandrechte in Europa - Band III, Berlin 2012 (Band 50 der vdp-Schriftenreihe).

Der Beitrag gibt die persönliche Auffassung der Verfasserin wieder. Diese Ausführungen ersetzen keine rechtliche Beratung im Einzelfall.

Die Autorin

Sibylle Barent Rechtsanwältin, Head of Legal, vdpPfandbriefAkademie GmbH, Berlin

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