BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2020

AN DER ENERGETISCHEN SANIERUNG SCHEIDEN SICH DIE GEISTER - NOCH?

Abbildung 1: Wie wichtig sind Ihnen als Hauseigentümer die folgenden Punkte? (in Prozent) Quelle: Hauseigentümerbefragung F+B im Auftrag von Wüstenrot, 2019

In der Theorie müsste die zum Erreichen der ehrgeizigen deutschen Klimaschutzziele so dringend benötigte Sanierungswelle im privaten Wohngebäudesegment längst Fahrt aufgenommen haben. Dafür sprechen unter anderem die zu erzielenden Ersparnisse bei den Energiekosten, die Wertsteigerungen der Liegenschaften und natürlich die attraktive staatliche Förderung. Doch ein Blick in die Praxis verrät, dass die Sanierungsquote hierzulande auf einem ernüchternd niedrigen Niveau verharrt. Was sind die Gründe dafür? Die Wüstenrot Bausparkasse hat sich dieser spannenden und hochaktuellen Frage gemeinsam mit dem Forschungsinstitut F+B angenommen. Die aufschlussreichen Ergebnisse sind Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Red.

In den vergangenen Jahren ist es nicht gelungen, die Sanierungsrate im privaten Wohngebäudebestand annähernd auf ein Niveau zu heben, das erforderlich wäre, um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen. Dafür nämlich müsste die Sanierungsrate von bisher maximal ein Prozent pro Jahr auf zwei oder besser noch drei Prozent ansteigen.

Dabei sind die Vorteile für die Hauseigentümer von der Sache her doch eigentlich offenkundig: Sie nehmen einmal richtig Geld in die Hand, dämmen ihre Häuser, bauen neue Fenster, eine moderne Heizung und eventuell eine Lüftung ein. Damit sparen sie langfristig Geld, wohnen behaglicher, erhalten oder steigern sogar den Wert ihrer Immobilien und tun zugleich noch etwas fürs Klima und nachkommende Generationen. Dabei werden sie vom Staat unterstützt, denn Fördermittel für energetische Sanierungen gibt es nicht erst seit dem im vergangenen Herbst von der Bundesregierung beschlossenen Klimapaket.

Um hier Licht ins Dunkel zu bekommen, hat Wüstenrot 2019 das Forschungsinstitut F + B in Hamburg mit der Durchführung einer bundesweiten repräsentativen Untersuchung zu Motiven und Hemmnissen energetischer Sanierung unter selbstnutzenden Hauseigentümern beauftragt. Hauseigentümer in Wohneigentümergemeinschaften wurden ausgeklammert. Die Ergebnisse aus diesen 801 telefonischen Befragungen sind einerseits ermutigend und stimmen optimistisch, sind zugleich aber auch ein Stück weit ernüchternd und offenbaren, dass auf dem Weg bis zum Ziel eines bis 2050 in Gänze "nahezu klimaneutralen Gebäudebestands" noch so manches dicke Brett zu bohren sein wird.

Dicke Bretter sind zu bohren

Eine Ausgangsthese von Wüstenrot für die Untersuchung war, dass es noch einen Übersetzungsbedarf gibt zwischen staatlichen Stellen beziehungsweise Förderinstitutionen und den Hauseigentümern. Denn Erfahrungen aus Kundenkontakten legen nahe, dass zumindest die ausschließlich selbstnutzenden Hauseigentümer hier noch deutlich weniger strategisch denken als dies der systemische energetische Sanierungsansatz, wie er oben kurz skizziert wurde, eigentlich erfordert. Ein solcher Ansatz ist jedoch unverzichtbar, soll der Wohngebäudebestand systematisch und sukzessive auf das hohe energetische Zielniveau gebracht werden.

Anders ausgedrückt: "Energetische Sanierung" ist, so die These, eine Kategorie, in der noch zu wenige Hauseigentümer denken. In der Lebenswirklichkeit ist es doch eher so, dass man jeweils tätig wird, wenn Schäden zum Beispiel an Dach oder Fenster auftreten oder die Heizung ihren Dienst quittiert, wenngleich dies natürlich energetisch bedeutsame Komponenten des Hauses sind (und im Zusammenhang gedacht werden sollten). Daher startete die Erhebung mit Fragen, in denen es zunächst allgemein ums Haus und Modernisierungen ging.

In diesem allgemeinen Teil, in dem die "energetische Stoßrichtung" für den Befragten noch nicht ersichtlich war, wurde auch erfragt, welche Punkte den Eigentümern an ihrem Haus wichtig sind. Bemerkenswerterweise sind vier der fünf als am wichtigsten erachteten Punkte solche, auf die ein hoher energetischer Standard einzahlt: "Angenehme Temperaturen im Haus im Sommer", "Wenig Energie zu verbrauchen", "Behaglichkeit im Winter" und "Frische Luft im Haus" (siehe Abbildung 1).

Weiterhin wurden die Hauseigentümer nach bereits durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen befragt. 70 Prozent gaben an, bereits einmal nennenswerte Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt zu haben. Fenster/Türen (64 Prozent), Heizungen (61 Prozent), Sanitär (52 Prozent) und Dach (50 Prozent) waren die häufigsten Nennungen, also überwiegend Dinge, die auch unter energetischen Gesichtspunkten von Bedeutung sind. "Wärmedämmung" wurde explizit von 40 Prozent als bereits durchgeführte Maßnahme genannt. Vier von fünf der "Modernisierer" gaben explizit an, auch energetische Maßnahmen durchgeführt zu haben, wobei im Zuge dieser Frage kurz erläutert wurde, was darunter verstanden werden soll. Auf alle Befragten umgelegt haben somit immerhin 55 Prozent bereits energetische Maßnahmen durchgeführt.

Jeder Fünfte plant zeitnah Modernisierungsmaßnahmen

Von Bedeutung ist auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt Modernisierungsmaßnahmen erfolgen. Hauseigentümer, die eine gebrauchte Immobilie bezogen haben, dies waren zwei Drittel der Befragten, modernisieren erwartungsgemäß direkt nach Übernahme des Hauses, nutzen also die Chance, die Baumaßnahmen im unbewohnten Haus vor ihrem Einzug durchzuführen. So sind 57 Prozent dieser Gruppe vorgegangen, wovon die Hälfte auch später noch Maßnahmen durchgeführt haben. 43 Prozent haben erst zu einem späteren Zeitpunkt modernisiert.

Um herauszufinden, ob sich möglicherweise bereits eine Trendwende abzeichnet, sprich dass der Zug der energetischen Sanierung doch schon in Gang kommt, wurden die Hauseigentümer gefragt, ob sie in den nächsten zwei bis drei Jahren Sanierungen oder Modernisierungen am Haus planen. Dies bejahte immerhin rund jeder fünfte Hauseigentümer (18 Prozent).

Die häufigste genannte Maßnahme der Befragten, die nach erfolgter Begriffsklärung auch konkret im energetischen Bereich planen - dies sind über die Hälfte der Modernisierungsplaner - war erneut der Einbau neuer Fenster (32 Prozent), gefolgt von Wärmedämmmaßnahmen (19 Prozent) sowie dem Einbau einer neuen Gasheizung (12 Prozent). Als häufigste Form unter den Erneuerbaren wurden Solarthermie-Anlagen genannt (7 Prozent), gefolgt von Photovoltaik- (4 Prozent) und Biomasseanlagen (4 Prozent) mit Pellets oder Hackschnitzel als Brennstoff sowie Wärmepumpen (3 Prozent).

Unter dem Drittel der Befragten (34 Prozent), die ihr Haus als teilweise beziehungsweise vollständig energetisch sanierungsbedürftig einschätzen, plant immerhin ein gutes Viertel (27 Prozent) Modernisierungsmaßnahmen in den nächsten zwei bis drei Jahren. Unter den Hauseigentümern im Ruhestand, diese Gruppe macht immerhin 39 Prozent aus, sind nur 12 Prozent Modernisierungsplaner.

Modernisierer bleiben sich treu - Nicht-Modernisierer aber auch

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Modernisierungsverhalten der Hauseigentümer in der Vergangenheit und ihren Modernisierungsabsichten? Die Befragungsergebnisse legen dies in hoher Ausprägung nahe: So planen von den Hauseigentümern, die in der Vergangenheit bereits modernisiert haben, 21 Prozent in den nächsten zwei bis drei Jahren erneut zu modernisieren, während es unter den bisherigen Nicht-Modernisierern mit 11 Prozent nur halb so viele sind (siehe Abbildung 2).

Nun könnte es allerdings harte Faktoren geben, die einen Teil der Hauseigentümer dauerhaft daran hindern, Modernisierungen durchzuführen. Naheliegend wäre etwa die Vermutung, dass es häufig an finanziellen Mitteln fehlt. Wie unterscheiden sich also die Modernisierer von den Nicht-Modernisierern? Insgesamt stellen die Forscher von F+B fest: "Die Gruppe der Nicht-Modernisierer (in der Vergangenheit und/oder Nicht-Planer) unterscheidet sich hinsichtlich ihrer sozioökonomischen Merkmale nur wenig von den Modernisierern." Insbesondere am Einkommen scheitert es nicht. Im Gegenteil sind unter den Nicht-Modernisierern sogar Haushalte mit Nettoeinkommen ab 4 000 Euro überrepräsentiert und solche mit unter 2 000 Euro unterrepräsentiert.

Durchaus eine Rolle spielt hingegen das Alter, da Ruheständler deutlich seltener Modernisierungen planen, wie gezeigt wurde. Die 65-Jährigen und Älteren sind entsprechend überrepräsentiert. Hinzu kommt, dass ältere Hauseigentümer in der Regel in ihren in jungen Jahren bezogenen Häusern alt geworden sind. So handelt es sich bei 30 Prozent aller Hauseigentümer um 65-jährige und Ältere in Häusern mit Baujahr bis 1990, die also häufig eine energetische Ertüchtigung besonders nötig hätten. Einen ganz wesentlichen Zusammenhang offenbart die Untersuchung jedoch zwischen Modernisierungsfreudigkeit und der Art und Weise, wie die Hauseigentümer zu ihrer Immobilie gekommen sind. Die hierbei festgestellten Befunde sind teils naheliegend, teils aber auch zunächst überraschend und interpretationsbedürftig (siehe Abbildung 3).

Erwerbertyp hat großen Einfluss

Klar auf der Hand liegt das Ergebnis, dass der Anteil der Modernisierer (in der Vergangenheit und/oder Planer) unter denen, die ihr Haus gebraucht gekauft haben, mehr als doppelt so hoch ist (46 Prozent) als der der Nicht-Modernisierer (20 Prozent), ist doch die Übernahme einer gebrauchten Immobilie der perfekte Sanierungsanlass undzeitpunkt. Bei Hauseigentümern, die ihr Haus geerbt beziehungsweise geschenkt, also ebenfalls gebraucht bezogen haben, liegt der Anteil der Modernisierer noch exakt doppelt so hoch wie der der Nicht- Modernisierer (30 zu 15 Prozent).

Genau in die andere Richtung - und dies sehr ausgeprägt - schlägt das Pendel hingegen bei den klassischen "Häuslebauern" aus, bei den Hauseigentümern also, die ihr Haus als Bauherren auf eigenem Grundstück selbst errichteten. Unter ihnen ist nämlich der Anteil der Nicht-Modernisierer (52 Prozent) über zweieinhalb Mal so hoch wie der der Modernisierer. F+B und Wüstenrot interpretieren diese bemerkenswerten Zahlen wie folgt: Stolze Bauherren fühlen sich mit ihrem Haus in besonderem Maße verbunden. Zudem haben sie teils auch erhebliche Eigenleistungen miteingebracht. Für diese Menschen bleibt ihr Haus sozusagen psychologisch ein Neubau, auch wenn die Fertigstellung 30 Jahre zurückliegt.

Hohe Zufriedenheit versus Kosten sparen

Diese Interpretationen werden durch ein weiteres Befragungsergebnis gestützt: Auf die Frage an die Hauseigentümer, die bisher nicht energetisch modernisiert haben, dies auch nicht planen und sich mit dem Thema noch nicht näher beschäftigt haben, welche Gründe dies hat, antworten 58 Prozent, dass das Haus, so wie es ist, den eigenen Wohnbedürfnissen entspricht. Auch hier waren keine Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Dieses Ergebnis zeugt von einer überragenden Übereinstimmung, da alle weiteren genannten Gründe mit höchstens 5 Prozent Nennungen weit abgeschlagen rangieren. Hier sei auch nochmals daran erinnert: Die Nicht-Modernisierer sind finanziell nicht schlechter ausgestattet als die Modernisierer. Kurz: Am (energetischen) Modernisieren scheiden sich die Geister.

Natürlich wurden nicht nur die Nicht- Modernisierer nach ihren Beweggründen befragt, sondern auch die Modernisierer einschließlich Modernisierungsplaner. Auch hier wurden die Gründe ohne Antwortvorgaben erfragt und auch hier setzt sich ein Motiv mit 71 Prozent Nennungen vor allen anderen ab, nämlich das, Energiekosten einzusparen. Gefolgt von immerhin 31 Prozent, die einen Beitrag zum Klimaschutz als Beweggrund nennen (siehe Abbildung 4).

Nicht zuletzt unter dem Eindruck der massiven "Fridays for Future"-Bewegung hat die Bundesregierung im Herbst 2019 ein Klimapaket beschlossen, das ein klimaschädliches Verhalten des "Weiter so" durch eine spürbare und steigende CO2-Abgabe mit Kosten belegt. Im Gegenzug - bezogen auf Hauseigentümer -werden Investitionen in Wärmedämmung und moderne Heizsysteme durch kräftige Förderzuschüsse beziehungsweise die Möglichkeit eines Steuerabzugs belohnt.

Üppige staatliche Förderung

Für typische Investitionsvolumina bewegen sich die Zuschüsse, die es für einen Heizungstausch mit zumindest teilweise regenerativer Energie oder für andere Einzelmaßnahmen gibt, schnell in hohen vierstelligen Euroregionen und können im besten Fall über 20 000 Euro betragen. Wird im Rahmen einer Komplettsanierung der höchste KfW-Effizienzhaus-Standard erreicht, ist ein Zuschuss von bis zu 48 000 Euro möglich. Die Vor-Ort-Energieberatung und eine qualifizierte Baubegleitung werden im Rahmen üblicher Honorare zu 50 bis 90 Prozent bezuschusst. Dieses pralle Füllhorn an staatlicher Förderung sollte doch etliche Hauseigentümer zusätzlich beflügeln, die energetische Sanierung anzupacken. Immerhin hat in der vorliegenden Befragung im vergangenen Sommer jeder zweite Nicht-Modernisierer (49 Prozent) angegeben, dass ihn eine steuerliche Anerkennung motivieren würde, zukünftig Maßnahmen durchzuführen. Nun ist er da, der lange diskutierte Steuerabzug - als nur eines von vielen attraktiven Förderangeboten.

Die Wüstenrot Bausparkasse unternimmt derzeit große Anstrengungen, ihre Kundenberater in Sachen Klimapaket fit zu machen. Maxime ist, dass die vielen Eigentümer älterer Eigenheime unter den Wüstenrot-Kunden über die neuen Fördermöglichkeiten bestmöglich informiert und zur Hinzuziehung eines qualifizierten Energieberaters motiviert werden - sofern grundsätzliches Interesse geweckt werden konnte. Dazu gehören weiterhin ein umfassender Fördergeldservice, ein extra zinsgünstiges und unbürokratisch zu erhaltendes Klimadarlehen sowie ein Gebäude-Energiesparrechner.

Mit diesem Angebot, mit dem wir proaktiv auf unsere Kunden zugehen, ermutigt die Bausparkasse die Hauseigentümer zu entschlossenem Handeln und unterstützt sie insbesondere bei allen mit dem Vorhaben verbundenen Finanzierungsfragen nach Kräften, ist doch die Gestaltung solider Wohnungsbaufinanzierungen, ob für Neubau oder Modernisierung, ihre angestammte Kernkompetenz. Auf dass der Zug mit Ziel klimaneutraler Wohngebäudebestand kräftig an Fahrt gewinnt.

DER AUTOR BERND NAUERZ Leiter Bereich Vertrieb, Politik und Markt, Wüstenrot Bausparkasse AG, Ludwigsburg
DER AUTOR ROBERT WAIBLINGER Wohnungsmarktreferent, Bereich Vertrieb, Politik und Markt, Wüstenrot Bausparkasse AG, Ludwigsburg
Bernd Nauerz , Leiter Bereich Vertrieb, Politik und Markt , Wüstenrot Bausparkasse AG, Ludwigsburg
Robert Waiblinger , Wohnungsmarktreferent, Bereich Vertrieb, Politik und Markt , Wüstenrot Bausparkasse AG, Ludwigsburg

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