Deka-Immobilienmonitor

Ertragsperspektiven von Büromärkten: Geldpolitik hält Investmentparty am Laufen

Europa: Prognostizierte Marktgesamterträge 2015 bis 2019 pro Jahr (in Prozent) Quellen: PMA, Prognosen der Dekabank

Die Vorzeichen stehen weiterhin auf niedrigen Zinsen. Für die USA bedeutet das ein nach wie vor investitionsfreundliches Finanzierungsumfeld. Doch der flache Zinspfad und die anhaltend hohe Nachfrage dürften ein verlangsamtes Mietwachstum und leichte Anstiege der Cap Rates nach sich ziehen, die deutlich auf den Erträgen lasten. Auch für Europa wird ein Abwärtstrend erwartet. Noch ergeben sich aufgrund der positiven Konjunktur, stärkeren Mietwachstums sowie aktuell prognostizierter Renditerückgänge für das laufende Jahr relativ hohe Gesamterträge. Doch sobald die Renditen nicht weiter sinken, schrumpft der Kapitalwertzuwachs gegen null. Besonders deutlich wird der Unterschied an den spanischen Büromärkten ausfallen: Der Gesamtertrag wird zwischen 2016 und 2019 beispielsweise in Barcelona um 27 Prozentpunkte fallen. Red.

Die jüngsten Signale der großen Zentralbanken auf beiden Seiten des Atlantiks dürften dafür sorgen, dass die Stimmung an den Immobilien-Investmentmärkten gut bleibt: In den USA verzögerte die Fed die Zinswende im September ein weiteres Mal, für den Euroraum stellte die EZB eine weitere Lockerung ihrer Politik in Aussicht. Der Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik bleibt also weiterhin schwierig - und die Zinsen noch länger niedrig.

Warten auf die Leitzinswende in den USA

In den USA gab es im Vorfeld der September-Entscheidung der Fed einige Argumente, die für die erste Leitzinsanhebung seit knapp neun Jahren sprachen. So ist die Arbeitslosenquote in den vergangenen Jahren so weit gefallen, dass von Vollbeschäftigung gesprochen werden kann. Wichtige Inflations- und Lohnindikatoren deuten mittlerweile geldpolitischen Handlungsbedarf an. Auch das Bruttoinlandsprodukt wies im zweiten Quartal mit knapp 4 Prozent (auf das Gesamtjahr hochgerechnet) hohes Wachstum auf.

Gegen die Zinswende im September sprachen jedoch die Signale aus dem Ausland, die auf eine schwächere wirtschaftliche Dynamik schließen lassen. So riss der Strom schlechter Nachrichten aus den Emerging Markets in den vergangenen Monaten nicht ab. Diese wirtschaftliche Verlangsamung außerhalb der USA könnte über eine Dollaraufwertung die Preisentwicklung in den USA dämpfen. Wichtiger als der genaue Zeitpunkt der Leitzinswende dürfte für die Immobilienmärkte ohnehin der längerfristige Leitzinspfad sein. Hier gehen wir von einem flacheren Verlauf als noch vor einem Quartal aus. Damit dürfte das investitionsfreundliche Finanzierungsumfeld noch längere Zeit bestehen bleiben.

An den wichtigsten US-amerikanischen Büromärkten verharrten die Cap Rates für Class A-Büroimmobilien zuletzt auf ihren niedrigen Niveaus. Die Zeiten starker Renditekompression scheinen weitgehend vorbei sein. Der relativ flache Zinspfad und die weiterhin rege Nachfrage am Investmentmarkt dürften in den kommenden Jahren jedoch einen raschen Renditeanstieg verhindern. Es kann ein langsamer, aber stetiger Anstieg der Cap Rates prognostiziert werden.

Nach einem jahrelangen Rückgang der landesweiten Arbeitslosenquote sind auch die Mietmärkte in den USA weit vorangeschritten im Zyklus. Dies dürfte zur Folge haben, dass sich das Mietwachstum an den meisten Standorten in den nächsten Jahren verlangsamt. Zusammengefasst in der Gesamtertragsbetrachtung für idealtypische Investitionen ergeben sich daraus zukünftig deutlich niedrigere Erträge als in den vergangenen Jahren. Für den gesamten Prognosezeitraum 2015 bis 2019 ergeben sich Erträge von durchschnittlich 0,2 Prozent pro Jahr (Medianwert). Für das Jahr 2014 lag der Ertrag dank kräftiger Mietanstiege und starker Renditerückgänge noch bei 16,4 Prozent. Im laufenden Jahr dürfte der Median immerhin noch bei 5 Prozent liegen, danach lasten die prognostizierten leichten Anstiege der Cap Rates deutlich auf den Erträgen.

Die besten Ertragsperspektiven über den kompletten Prognosezeitraum erwarten wir für Dallas und Chicago mit gut 3 Prozent jährlich. Am Ende der Rangliste finden sich mit Houston, San Francisco und Washington D.C. die drei Märkte mit den niedrigsten Mietprognosen. Bei Houston ist jedoch einschränkend zu bemerken, dass der wichtige Energiestandort bereits im laufenden Jahr einen deutlichen Anstieg der Cap Rate zu verzeichnen hatte, der den Ertrag 2015 tief in den Verlustbereich drücken sollte. Rechnet man das laufende Jahr heraus, liegt der Gesamtertrag bis 2019 leicht über dem US-amerikanischen Medianwert.

Mietmärkte in Europa mit moderatem Wachstum

Im Euroraum wird weniger über die Leitzinswende als vielmehr über eine weitere geldpolitische Lockerung diskutiert. Mittlerweile erwarten wir eine Fortsetzung des Wertpapierankaufprogramms der EZB über September 2016 hinaus. Dadurch dürfte zwar auch die Rendite langlaufender Bundesanleihen langsamer ansteigen als bisher erwartet. Jedoch sollte diese Unterstützung nicht ausreichen, um die Renditen nachhaltig nach unten zu drücken. Die erste Anhebung der Leitzinsen durch die EZB erwarten wir nicht vor 2018.

Konjunkturell gab es im zweiten Quartal Positives aus dem Euroraum zu vermelden: In nur einem von 19 Euroländern (Luxemburg) schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im Vorquartalsvergleich - eine Konstellation, die seit acht Jahren nicht mehr zu beobachten war. Für Exportnationen wie Deutschland dürfte die schwächere Entwicklung der Schwellenländer jedoch spätestens im Schlussquartal die Exporttätigkeit dämpfen. Im nächsten Jahr wird das Wirtschaftswachstum im Euroraum voraussichtlich etwas geringer als 2015 ausfallen.

Am europäischen Arbeitsmarkt sind nur langsame Fortschritte zu erkennen: Die Arbeitslosenquote sank in den vergangenen Monaten nur geringfügig und lag im August bei 11 Prozent. Für die europäischen Mietmärkte bedeutet dies, dass sie sich weniger dynamisch entwickeln sollten als die US-Standorte in den vergangenen Jahren. Der Leerstandsabbau sollte in Europa weiterhin zäh bleiben, der Mietausblick verhalten. Für Deutschland rechnen wir bis 2017 mit etwas stärkeren Mietanstiegen, bevor die Dynamik abflauen dürfte. Das stärkste Mietwachstum auf Fünfjahressicht erwarten wir in Madrid, Barcelona, London City, Lissabon und Berlin.

Aktuell hohe Erträge in Europa - Tendenz fallend

In der Gesamtertragsbetrachtung ergeben sich für den gesamten Prognosezeitraum von 2015 bis 2019 relativ hohe Gesamterträge von durchschnittlich 4,9 Prozent pro Jahr (Medianwert). Allerdings verbirgt sich hinter diesem Mittelwert ein deutlicher Abwärtstrend. Aufgrund der bereits realisierten und für die zweite Jahreshälfte prognostizierten Renditerückgänge ergeben sich für 2015 Gesamterträge in Höhe von gut 11 Prozent. Rechnet man jedoch das laufende Jahr heraus, sinkt der Medianwert für die kommenden vier Jahre auf 3 Prozent pro Jahr. Besonders deutlich fällt der Unterschied bei den beiden spanischen Büromärkten aus: Während sie 2015 mit erwarteten Erträgen von mehr als 30 Prozent eindeutig an der Spitze der europäischen Rangliste liegen dürften, ergeben sich anhand unserer Prognosen für den Zeitraum 2016 bis 2019 Erträge von knapp 4,5 Prozent in Madrid respektive 3 Prozent in Barcelona.

Für die europäischen Investmentmärkte heißt dies, dass wir nicht von einem abrupten Ende der "Investmentparty" ausgehen - im Niedrigzinsumfeld dürften Gewerbeimmobilien eine attraktive Anlageklasse bleiben. Das sollte sich in der Höhe des Investmentumsatzes und den Niveaus der Anfangsrenditen widerspiegeln. Beides wird sich voraussichtlich an vielen Standorten noch einige Zeit im Bereich historischer Rekordwerte bewegen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Erträge auf Marktebene in den kommenden Jahren ihre aktuell hohen Niveaus halten können. Im Gegenteil:

Sobald die Renditen nicht weiter sinken, schrumpft der Beitrag der bisher wichtigsten Ertragsstütze - der Kapitalwertzuwachs - gegen null. In der Ertragsrechnung können dann Kapitalwertzuwächse nur aus Mietsteigerungen generiert werden, dies erscheint aber an vielen europäischen Büromärkten nur im geringen Umfang möglich. Ohne nennenswerte Kapitalwertanstiege stehen einzig die laufenden Mieteinnahmen, prozentual ausgedrückt in den Anfangsrenditen, auf der Einnahmenseite. Diese sind im Spitzensegment jedoch bereits jetzt sehr niedrig. Gegen Ende des Prognosezeitraums reichen dann bereits die unterstellten geringen Anstiege der Spitzenrenditen aus, um die Erträge auf null zusammenschrumpfen zu lassen oder leicht in die Verlustzone zu drücken.

Der Autor

Gunnar Meyke Economist, Immobilienresearch, DekaBank Deutsche Girozentrale, Frankfurt am Main

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