MIPIM-SPECIAL

ERTRAGSPERSPEKTIVEN VON BÜROMÄRKTEN: NACH KRÄFTIGEN WERTANSTIEGEN NUN RÜCKLÄUFIGE GESAMTERTRÄGE

Gunnar Meyke Quelle: DekaBank

In den USA und vielen europäischen Ländern waren die Entwicklungen auf den Büromärkten zuletzt sehr erfreulich: Die hohe wirtschaftliche Dynamik beflügelte die Beschäftigungsentwicklung und damit auch die Nachfrage nach Büroflächen. In den USA herrscht mit einer Arbeitslosenquote von gerade einmal 4,1 Prozent derzeit sogar nahezu Vollbeschäftigung. Da ist es nur allzu verständlich, dass Büroimmobilien bei Investoren weiter ganz hoch im Kurs stehen. Doch Vorsicht: Die günstigen Rahmenbedingungen lassen sich nicht automatisch in die Zukunft fortschreiben. Der Autor des folgenden Beitrags analysiert die künftigen Ertragsperspektiven auf den beiden Kontinenten. Das Ergebnis: Die Aussichten trüben sich infolge der oftmals weit fortgeschrittenen Immobilienzyklen zusehends ein. Red.

Dank des globalen wirtschaftlichen Aufschwungs bei weiterhin niedrigen Zinsen befinden sich die Immobilienmärkte derzeit immer noch im Aufwind: Die positive Beschäftigungsentwicklung schlägt sich weltweit in einer hohen Nachfrage nach Büroflächen nieder. Am Investmentmarkt hält die Rallye an, Immobilien bleiben mangels rentabler Alternativen sehr begehrt, dies belegt das anhaltend hohe Investmentvolumen.

Doch es zeichnet sich ab, dass die Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren nicht so günstig bleiben werden: In den USA wird die Fed 2018 die Leitzinsanhebungen fortsetzen und auch im Euroraum rückt die Zinswende langsam ins Blickfeld der Investoren. Die Dekabank geht davon aus, dass die EZB die erste Erhöhung des Einlagensatzes 2019 vornehmen und den Hauptrefinanzierungssatz erstmals 2020 wieder anheben wird.

Zudem dürften nicht nur in den USA, sondern auch in Europa höhere Neubauvolumina zukünftige Mietanstiege im Bürosegment begrenzen. Nicht zuletzt belasten die im historischen Vergleich hohen Immobilienwerte, nach zum Teil rasanten Anstiegen in den vergangenen Jahren, den Ertragsausblick für die nächsten Jahre.

Europa: Preiswachstum setzte sich 2017 vielerorts fort

Im Rahmen des kürzlich erschienenen Deka-Immobilien-Monitors wurden in einer Ertragsanalyse die bisherigen und die prognostizierten Entwicklungen an den Miet- und Investmentmärkten ausgewertet. Da flächendeckend keine Daten für Kaufpreise auf Marktebene vorliegen, wurden die Kapitalwerte für europäische Bürostandorte durch ihre Spitzenmieten und -renditen hergeleitet. Hierbei ist zu beachten, dass auf diese Weise die tatsächlichen Wertentwicklungen an den Märkten tendenziell überzeichnet werden.

Gerade in der der zeitigen Marktphase dürften diejenigen Objekte Spitzenrenditen erzielen, deren Mieten noch unterhalb der Spitzenmiete liegen und bei denen Investoren daher besonders hohe zukünftige Mietanstiege einpreisen. Für die Berechnung der prognostizierten Gesamterträge wurden zusätzlich zur Kapitalwertentwicklung die laufenden Mieteinnahmen - prozentual in Höhe der Nettoanfangsrenditen - und standortspezifische Kosten berücksichtigt. Im Jahr 2017 setzten sich die Kapitalwertanstiege an den meisten europäischen Büromärkten fort (siehe Abbildung 1). Mit Ausnahme von Warschau und den beiden Londoner Teilmärkten City und West End wurden in den ersten drei Quartalen an allen 25 analysierten Standorten Wertzuwächse verzeichnet. An der Spitze der Rangliste lagen Amsterdam, Lyon, Berlin und Frankfurt mit Anstiegen von mehr als 20 Prozent. In der Bundeshauptstadt haben die Kapitalwerte mittlerweile ein Niveau erreicht, das etwa 120 Prozent über dem vorangegangenen zyklischen Hochpunkt liegt. Auch an den übrigen deutschen Big-7-Standorten wurden die Höchststände von 2007/08 deutlich überschritten: Die Spanne reicht von knapp 40 Prozent in Köln und Düsseldorf bis 95 Prozent in Stuttgart.

Wertanstiege künftig nur noch über Mietwachstum erreichbar

Den dritten Rang unter den europäischen Büromärkten belegt Stockholm mit einem Aufschlag von mehr als 80 Prozent gegenüber dem Hochpunkt von 2008. Dagegen wurden die Höchststände von vor etwa zehn Jahren in Budapest um 5 Prozent, auf der Iberischen Halbinsel um 10 bis 15 Prozent und in Warschau um rund 20 Prozent verfehlt.

Wie schon in den Vorjahren steuerte auch 2017 an den meisten Standorten die Renditekompression gegenüber der Mietentwicklung den deutlich höheren Beitrag zum Kapitalwertwachstum bei. Diese Zusammensetzung wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich ändern. Im Laufe von 2018 dürfte bei den Spitzenrenditen eine Bodenbildung stattfinden, sodass in der Folgezeit Wertanstiege nur über Mietwachstum realisierbar wären. Damit sollten die Gesamterträge in Europa stark zusammenschrumpfen (siehe Abbildung 3). Die prognostizierten moderaten Renditeanstiege ab 2021 dürften zu überwiegend leichten Verlusten in der Ertragsrechnung führen.

In diesem Zeitraum könnte sich London als attraktive Anlagealternative erweisen. Die Teilmärkte City und West End befinden sich seit 2016 in einer Korrekturphase und könnten gegen Ende des Prognosezeitraums - bei nur geringfügig steigenden Spitzenrenditen - von einer Erholung am Mietmarkt profitieren. Auf kürzere Sicht, das heißt 2018/19, dürften nach unseren Prognosen Madrid, Amsterdam sowie München, Frankfurt am Main und Berlin mit mehr als 5 Prozent pro Jahr die höchsten Erträge erzielen. Auf Fünfjahressicht werden die durchschnittlichen jährlichen Gesamterträge voraussichtlich deutlich niedriger ausfallen. Mit einer Spanne von rund minus 2 bis plus 2 Prozent pro Jahr liegen alle Standorte bezüglich der Prognose relativ dicht beieinander. Aufgrund einer erwarteten Korrektur der Mieten in der zweiten Hälfte des Prognosefensters liegen die beiden spanischen Standorte Barcelona und Madrid auf Fünfjahressicht am unteren Ende der Rangliste.

Für die analysierten US-Standorte basieren die Kapitalwerte auf den Durchschnittsmieten für das Class-A-Segment und den Cap Rates für das Spitzensegment (siehe Abbildung 2). Auf Basis dieser Daten ergaben sich im ersten Halbjahr 2017 zumeist nur geringe Änderungen der Kapitalwerte. Überdurchschnittliche Entwicklungen verzeichneten Dallas, Atlanta und Los Angeles. Die Höchststände des vorherigen Zyklus wurden mit Ausnahme von Houston an allen analysierten Standorten überschritten, mit gut 60 Prozent am stärksten in San Francisco. Die Abflachung bei der Wertentwicklung sorgte bereits in den vergangenen Jahren für sinkende Gesamterträge (siehe Abbildung 4).

USA: Abflachung bei Wertentwicklung und sinkende Gesamterträge

Nachdem im Jahr 2016 der bestandsgewichtete Mittelwert den niedrigsten Wert seit sechs Jahren annahm, sollte sich dieser Trend fortgesetzt haben: 2017 werden voraussichtlich knapp fünf Prozent, im Folgejahr weniger als durchschnittlich drei Prozent erreicht. Danach sollte die Ertragskurve leicht in die Verlustzone absinken. Ein Grund hierfür ist die erwartete weitgehende Stagnation am Mietmarkt nach Jahren mit zum Teil kräftigen Mietzuwächsen und einer zuletzt gestiegenen Bautätigkeit.

Noch belastender in der Ertragsrechnung wirken sich ab 2019 die prognostizierten Anstiege der Cap Rates aus. Unter der Annahme, dass die Fed den eingeschlagenen Weg behutsamer Leitzinsanhebungen fortsetzt, sollten die Verluste allerdings moderat ausfallen.

Sowohl auf kurze Sicht (2018/19) als auch auf Fünfjahressicht dürften Atlanta und Chicago die besten Ertragsperspektiven aufweisen, gefolgt von Houston, dem Standort mit der höchsten Cap Rate. Für den Fünfjahreszeitraum ist die Bandbreite der prognostizierten Gesamterträge der 11 US-Standorte relativ gering und reicht von jährlich rund minus 2,5 Prozent bis gut 2 Prozent.

DER AUTOR GUNNAR MEYKE, Economist Immobilienresearch, DekaBank Deutsche Girozentrale, Frankfurt am Main

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