Deka-Immobilienmonitor

Ertragsperspektiven von Büromärkten: Verstärkter Preisdruck in Europa

Europa: Prognostizierte Marktgesamterträge 2015 bis 2019 pro Jahr (in Prozent) Quellen: PMA, Prognosen der Deka-Bank

Vor dem Hintergrund einer signalisierten konjunkturellen Erholung im Euroraum aufgrund des schwachen Euro-Außenwerts, des Energiepreisverfalls und der expansiven EZB-Geldpolitik dürfte das Potenzial für Mietsteigerungen an den europäischen Büromärkten moderat zunehmen, ihr Aufholpotenzial ausschöpfen werden voraussichtlich die spanischen Standorte. Die USA werden hingegen von einer weiterhin belasteten Wirtschaftsdynamik bestimmt. Eine kräftige Beschäftigungsentwicklung, eine entsprechend hohe Nachfrage nach Büroflächen sowie ein vergleichsweise moderater Angebotszuwachs begünstigen zwar die Entwicklung der Büromieten, vor allem in Dallas, Boston und Chicago. Doch die bereits für 2015 erwartete Stagnation der Anfangsrenditen wird an vielen US-Büromärkten für Erträge im niedrigen einstelligen Bereich sorgen. Red.

Der Euroraum kommt langsam wieder auf die Beine: Die Frühindikatoren signalisieren eine Verfestigung der konjunkturellen Erholung im gemeinsamen Währungsraum. Im ersten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen sein. Dies wäre das stärkste Wachstum seit vier Jahren. Rückenwind erhält die Konjunktur vom Außenhandel aufgrund des schwachen Außenwerts des Euro, aber auch der Energiepreisverfall und die ultraexpansive Geldpolitik der EZB sorgen für zusätzlichen Schub.

Wie schon im Vorjahr dürften sich auch 2015 Deutschland und Spanien als die beiden wichtigsten Konjunkturstützen im Euroraum erweisen. Zudem haben die Niederlande die konjunkturelle Talsohle durchschritten und sollten im laufenden Jahr mit ihrem Wirtschaftswachstum etwas über dem prognostizierten Durchschnittswert des Euroraums von 1,5 Prozent liegen. Es gilt jedoch weiterhin, dass sich der konjunkturelle Erholungsprozess im Euroraum fortsetzen sollte. Allerdings dürfte er im historischen Vergleich schleppend ausfallen und mit wiederholten Rückschlägen verbunden sein. Die in vielen Ländern angespannte Situation am Arbeitsmarkt wird sich voraussichtlich nur langsam verbessern.

In diesem Umfeld dürfte das Potenzial für Mietsteigerungen an den europäischen Büromärkten zwar zunehmen, insgesamt jedoch begrenzt bleiben. Für die wichtigsten deutschen Standorte erwarten wir auf Fünfjahressicht Anstiege der Spitzenmiete um durchschnittlich rund 2 Prozent pro Jahr, im europäischen Ausland um rund 2,5 Prozent pro Jahr. Überdurchschnittliche Perspektiven messen wir insbesondere Madrid und Barcelona bei. Nach der tiefen Zäsur der vergangenen Jahre dürfte das Topsegment der spanischen Standorte ein entsprechendes Aufholpotenzial besitzen. Wir erwarten insbesondere in Madrid für 2015 und 2016 kräftige Anstiege der Spitzenmiete.

Renditekompression in Europa

Der Beginn der Staatsanleiheankäufe durch die EZB hat im März zu einem weiteren drastischen Rückgang der Renditen vor allem langlaufender Bundesanleihen geführt. Damit dürfte das freundliche Investmentklima auf den Immobilienmärkten noch länger anhalten. Auch aufgrund des andauernden Interesses aus dem nichteuropäischen Ausland ist davon auszugehen, dass der Abwärtsdruck auf die Anfangsrenditen in Europa anhält.

Im laufenden und im nächsten Jahr rechnen wir für die Mehrzahl der europäischen Standorte mit weiter sinkenden Spitzenrenditen, die ersten Anstiege erwarten wir nicht vor 2019. Ausnahmen dürften London und Stockholm bilden: Da im Vereinigten Königreich und in Schweden die Zinswende früher eingeleitet werden dürfte, gehen wir davon aus, dass dort am Ende des Prognosezeitraums die Spitzenrenditen auf einem etwas höheren Niveau als heute liegen werden.

Die Erwartung, dass die Renditekompression im Einflussgebiet der EZB anhält, wirkt sich positiv auf die Gesamterträge idealtypischer Investitionen auf Marktebene aus. In dieser Betrachtung sollten europäische Büroimmobilien des Topsegments 2015 und 2016 hohe Erträge erwirtschaften. Das Niedrigzinsumfeld im gemeinsamen Währungsraum dürfte auch über 2016 hinaus Bestand haben. Die Prognose, dass die Spitzenrenditen dann zunächst auf den Tiefstständen verharren, führt in der Gesamtertragsrechnung zu deutlich niedrigeren Erträgen als in den Vorjahren aufgrund nur noch geringer Kapitalwertanstiege, die ausschließlich durch moderate Mietanstiege erzielt werden.

Jedoch erst die für 2019 prognostizierten Anstiege der Anfangsrenditen lassen die errechneten Gesamterträge in die Verlustzone rutschen. In London und Stockholm dürften die erwarteten früheren Renditeanstiege dazu führen, dass bereits 2017 die "schwarze Null" bei der Ertragsrechnung verfehlt werden könnte. Für den gesamten Prognosezeitraum bis einschließlich 2019 ergibt sich europaweit ein durchschnittlicher Ertrag von knapp 5 Prozent pro Jahr (Medianwert).

Die vier südeuropäischen Standorte befinden sich allesamt unter den Top 5, allen voran Madrid mit gut 10 Prozent pro Jahr. Dabei gilt für die spanische Hauptstadt, wie auch für die meisten der übrigen Standorte, dass ein Großteil der Erträge auf Marktebene in den ersten beiden Jahren erzielt wird.

Weit vorn in der Rangliste befindet sich mit Amsterdam der Büromarkt, der laut Prognose auf Fünfjahressicht am stärksten von weiteren Renditekompressionen profitieren sollte. Leicht überdurchschnittliche Ertragsperspektiven werden Luxemburg, Budapest, Brüssel und Prag zugeschrieben.

US-Nachfrage nach Büroflächen

Die US-Wirtschaft befindet sich bereits seit 2009 in einem konjunkturellen Aufschwung, der im historischen Vergleich jedoch schwach ausfällt. Wie schon gegen Ende des Vorjahres dürften auch zu Beginn des laufenden Jahres Sonderfaktoren die Wirtschaftsdynamik belasten und dafür sorgen, dass die Wachstumsrate für das Gesamtjahr erneut die Dreiprozentmarke verfehlt. Als positive Konstante erwies sich 2014 die Beschäftigungsentwicklung. Diese hat sich im vergangenen Jahr in einer zunehmenden Nachfrage nach Büroflächen niedergeschlagen, die sich im laufenden Jahr fortsetzen sollte. Auch wenn sich die Bauaktivität in den vergangenen Monaten belebt hat, dürfte der Angebotszuwachs jedoch vergleichsweise moderat bleiben. Dies begünstigt die Entwicklung der Mieten im Class-A-Segment. Auf Fünfjahressicht prognostizieren wir im Durchschnitt Mietanstiege im Bereich von zwei bis drei Prozent pro Jahr. Die stärksten Anstiege dürften Dallas, Boston und Chicago aufweisen, wohingegen sich in Washington D.C. umfangreiche Fertigstellungen belastend auswirken sollten.

Erwarteter Anstieg der Anfangsrenditen ab 2016

Trotz der erwarteten geldpolitischen Wende dürften die Cap Rates an den Büroimmobilienmärkten in diesem Jahr aufgrund der anhaltend kräftigen Investmentnachfrage weitgehend stabil auf den tiefen Niveaus verharren. Mittelfristig sollten sich die steigenden Zinsen jedoch in höheren Cap Rates niederschlagen. Bis Ende 2019 wird mit einem durchschnittlichen Renditeanstieg bei Topobjekten um 70 Basispunkte gerechnet.

Auf die Gesamtertragsbetrachtung wirkt sich die prognostizierte Entwicklung der Cap Rates sehr belastend aus. Während sich für das vergangene Jahr aufgrund starker Mietanstiege und zumeist rückläufiger Cap Rates für fast alle Standorte prozentuale Gesamterträge im zweistelligen Bereich ergaben, sorgt bereits 2015 die erwartete Stagnation der Anfangsrenditen an vielen Büromärkten für Erträge im niedrigen einstelligen Bereich. Mit den von uns erwarteten langsamen, aber kontinuierlichen Anstiegen bei den Anfangsrenditen sollten ab 2016 die Gesamterträge unter Druck geraten und sich vielerorts in Verluste verwandeln. Das prognostizierte moderate Mietwachstum dürfte diese Entwicklung zwar dämpfen, aber nicht verhindern.

Auf Sicht des gesamten Prognosezeitraums bis 2019 ergibt sich ein leichter Verlust von durchschnittlich 0,1 Prozent pro Jahr (Medianwert). Die beiden ertragsstärksten Standorte dürften Dallas und Chicago mit jährlichen Gesamterträgen von jeweils gut 2 Prozent sein. Diese Büromärkte profitieren bei der Berechnung davon, dass sie - neben Houston und Los Angeles - zu Beginn des Prognosezeitraums die höchsten Cap Rates aufweisen. Dallas zeichnet zudem das höchste prognostizierte Mietwachstum der elf US-Standorte aus. Die schlechtesten Ertragsperspektiven weist neben Washington mit San Francisco der Standort auf, der 2014 den mit Abstand höchsten Gesamtertrag verbuchte.

Der Autor

Gunnar Meyke Economist, Immobilienresearch, Deka-Bank Deutsche Girozentrale, Frankfurt am Main

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