EXKURS: SONDER-AFA-INNENSTADT

Ralph Brügelmann, Foto: privat

Um eine gute Durchmischung von Nutzern und Bewohnern zu ermöglichen, bedarf es umfangreicher öffentlicher, aber mindestens ebenso sehr auch privater Investitionen. Damit diese Investitionen attraktiv sind, müssen sie einen angemessenen und sicheren Ertrag erzielen. Dies kann natürlich grundsätzlich über hohe Mieten erreicht werden, die aber oftmals abschreckend auf Mietinteressenten, sei es privat oder gewerblich, wirken. Ein anderer Weg, um die Nettorendite - und nur die ist für einen Investor entscheidungsrelevant - zu erhöhen, ist die Senkung der Steuerlast durch eine Erhöhung der Abschreibung bei Investitionen in innerstädtische Gebäude. Dadurch würden sich solche Investitionen wesentlich schneller amortisieren, als es heute der Fall ist. Davon würde auch der Einzelhandel profitieren: Ist der Einzelhändler selbst der Eigentümer seiner Geschäftsräume, hat er unmittelbar den Vorteil der höheren Abschreibung und dadurch geringeren Steuerlast. Ist er Mieter, kann er mit dem Vermieter eine niedrigere Miete vereinbaren, als es bei der normalen Gebäudeabschreibung der Fall wäre.

Die steuerlich zulässigen Abschreibungen bei Gebäuden sind grundsätzlich sehr niedrig. Denn nach § 7 Einkommensteuergesetz (EStG) beträgt der jährliche Abschreibungssatz bei Betriebsgebäuden 3 Prozent und bei Wohngebäuden sogar 2 Prozent. Zwar hat die neue Regierungskoalition beschlossen, den Abschreibungssatz für Wohngebäude ebenfalls auf 3 Prozent zu erhöhen, aber auch damit erstreckt sich die Nutzungsdauer immer noch über einen sehr langen Zeitraum. Ergänzend gibt es zwar die Möglichkeit der Sonderabschreibungen nach §§ 7h) und i) EStG in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten und bei anerkannten Baudenkmalen. Hier können im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 Prozent und in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 Prozent der Herstellungskosten abgeschrieben werden.

Diese Möglichkeit besteht allerdings nicht für Neubauten in den Sanierungsgebieten. Auch die (erhöhten) Abschreibungen für Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten, die für eigene Wohnzwecken genutzt werden, sind an die Erfüllung der restriktiven Kriterien der §§ 7h) und i) EStG gebunden. Eine Erweiterung der erhöhten Abschreibungen auf das gesamte Gebiet der Innenstadt in Form einer Sonder-AfA-Innenstadt ist daher aus Sicht des HDE ein geeigneter Schlüssel, Investitionen in den Innenstädten anzuregen.

Wenn der Gesetzgeber von Herstellungskosten spricht, ist es wichtig, diese genau abzugrenzen. Denn nur sie müssen planmäßig abgeschrieben werden. Im Gegensatz dazu kann normaler Erhaltungsaufwand immer in dem Jahr, in dem er anfällt, vollständig abgeschrieben werden. Die Herstellungs- beziehungsweise Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um das Gebäude zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, das heißt funktionstüchtig zu machen. Dabei unterscheidet die Finanzverwaltung drei Fälle: (1) objektive Funktionstüchtigkeit, (2) subjektive Funktionstüchtigkeit und (3) Hebung des Standards.

Zu (1): Ein Gebäude ist objektiv funktionsuntüchtig, wenn für seinen Gebrauch wesentliche Teile objektiv nicht nutzbar sind. Dies kann zum Beispiel die Heizung sein. Wird sie erneuert, liegen in der Regel Anschaffungskosten vor, die planmäßig abgeschrieben werden müssen.

Zu (2): Ein Gebäude ist subjektiv funktionsuntüchtig, wenn es für den gedachten Zweck nicht nutzbar ist. Soll zum Beispiel ein bisher gewerblich genutzter Teil als Wohnung vermietet werden oder umgekehrt, sind die dafür getätigten Aufwendungen den Anschaffungskosten zuzurechnen und planmäßig abzuschreiben.

Zu (3): Der Standard eines Wohngebäudes wird gehoben, wenn ein Wechsel von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard erfolgt. Dafür müssen in mindestens drei der zentralen Ausstattungsmerkmale Heizungs-, Sanitär-, Elektroinstallation und Fenster eine Erhöhung des Gebrauchswerts erfolgen. Diese Bedingung kann auch dann erfüllt sein, wenn sich durch die Sanierung die Nutzungsdauer des Gebäudes deutlich verlängert.

Vereinfachen kann aus der obigen Beschreibung der Schluss gezogen werden, dass attraktivere Innenstädte attraktivere Immobilien erfordern, sei es hinsichtlich ihrer Substanz oder ihrer Nutzungsmöglichkeiten. Und die Verbesserungen mit denen eine höhere Attraktivität erreicht werden kann, führen typischerweise zu Herstellungskosten, die zurzeit noch über einen sehr langen Zeitraum abgeschrieben werden müssen. Und selbst wenn ein Investor diese Zeit hat - die Innenstädte haben sie nicht. Für innerstädtische Gebiete sollten deshalb zumindest die Abschreibungssätze gelten, die auch in Sanierungsgebieten angewendet werden. Ergänzend sollten diese Regelungen auch auf Neubauten ausgeweitet werden.

Ralph Brügelmann , Abteilungsleiter Steuern & Finanzen , Handelsverband Deutschland (HDE), Berlin
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