EXPOctations

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Was ist von der Expo Real anno 2020 zu erwarten? Über diese Frage sinniert so ziemlich die gesamte Immobilienwirtschaft nun bereits seit Wochen, wenn nicht gar Monaten. Dass die Meinungen dazu oft weit auseinander liegen, darauf deuten auch die im Folgenden von Immobilien & Finanzierung geführten Kurzinterviews mit insgesamt sieben Branchenvertretern hin. Eine wirklich befriedigende Antwort wird sich letztlich wohl erst in der Retrospektive geben lassen. Sicher ist nur, dass die Expo Real Corona-bedingt in diesem Jahr ein völlig anderes Gesicht haben wird als in der Vergangenheit: "Sie wird kleiner sein, dafür aber kompakter und fokussierter, und sie wird deutlich digitaler sein", so hat es Claudia Boymanns, Projektleiterin der Expo Real vor kurzem zusammengefasst. Digitalisierung, ebenso natürlich wie die bislang im Zuge der Corona-Pandemie gemachten Erfahrungen, sind denn auch die beiden weiteren Themenkomplexe, denen sich die I & F-Redaktion mithilfe dieses Specials nähern will. Red.

"Die deutschen Banken sind auf diese Krise deutlich besser vorbereitet"

Peter Axmann
Leiter Immobilienkunden, Hamburg Commercial Bank AG, Hamburg

Welche Erwartungen haben Sie an die diesjährige Expo Real?

Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber mit Blick auf die Ansteckungsgefahr für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter letztendlich beschlossen, in diesem Jahr nicht nach München zur Expo Real zu fahren. Der direkte Austausch mit unseren Kunden und Geschäftspartnern wird uns natürlich fehlen. Aber vieles ist auch auf digitalem Weg möglich. Wir haben unsere IT mit Ausbruch der Pandemie noch einmal aufgerüstet und in den vergangenen Monaten festgestellt, dass das Arbeiten aus dem Homeoffice oder Besprechungen in großer Runde via Video-Call problemlos funktionieren.

Welche Erkenntnisse konnten Sie aus den vergangenen Monaten für Ihr Geschäft ziehen?

Die deutschen Banken sind auf diese Krise deutlich besser vorbereitet als auf die Finanzkrise vor gut zehn Jahren: Kreditstandards wurden verschärft, Strukturen konservativer gestaltet und die Risikopuffer sind heute erheblich größer. Unsere Kunden hatten in den vergangenen Monaten kaum mehr Mietausfälle als zu Normalzeiten zu verkraften beziehungsweise konnten diese durch staatliche Hilfsprogramme und das Kurzarbeitergeld abfedern.

Daher sind die Folgen der Covid-19-Pandemie für die Immobilienwirtschaft noch sehr überschaubar, wir rechnen allerdings mit größeren Auswirkungen ab Ende des Jahres, wenn das Insolvenz-Moratorium und weitere Unterstützungen auslaufen. Dann werden wir auch Wertberichtigungen und Ausfälle bei den Banken sehen - aber in welchem Umfang, ist heute schlicht nicht zu prognostizieren. Unser Haus hatte sich bereits im Herbst vergangenen Jahres auf ein Abflauen der Konjunktur eingestellt und wir haben unser Neugeschäft bereits frühzeitig in allen Bereichen sehr risikobewusst gesteuert.

Welche Regionen und welche Assetklassen werden Sie verstärkt suchen, welche meiden?

In den großen Immobilienklassen machen sich die Auswirkungen der Pandemie sehr unterschiedlich bemerkbar. Beim Einzelhandel mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs sehen wir keine Probleme, hier gab es sogar Umsatzsteigerungen.

Kritisch sehen wir allerdings die Entwicklung bei Shoppingcentern und Kaufhäusern, da sich zum Beispiel der Anteil des Onlinehandels durch den Krisenmodus noch einmal erhöht hat. Auch Hotels sind schwierig, denn die Auslastungszahlen fielen vielerorts während des Lockdowns auf Null.

Jedoch dürften sich die Zahlen hier - keine weiteren Viruswellen vorausgesetzt - sukzessive wieder erholen, da die Menschen langfristig nicht gänzlich auf das Reisen verzichten werden.

Es wird aus heutiger Sicht jedoch mindestens bis 2022 dauern, bis die Auslastungszahlen das Vorkrisenniveau wieder erreichen. Die Assetklasse Wohnen hat sich bereits in früheren Krisen als sehr resilient erwiesen, auch, weil viele Mieter das Risiko gut streuen.

Am schwierigsten ist die Prognose für Büroimmobilien. Auch wenn wir hier noch keine Störungen verzeichnen, so haben wir doch nach jeder Krise gesehen, dass der Büromarkt erst verzögert, nach 12 bis 18 Monaten, auf ein Einknicken der Realwirtschaft reagiert. Zudem ist fraglich, wieviel Büroflächen künftig benötigt werden: weniger, da mehr Berufstägige von zuhause aus arbeiten, oder mehr, da die Abstände in den Büros vergrößert werden?

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"Bei unseren Finanzierungen hat sich eine breite Diversifizierung bewährt"

Marcus Buder
Bereichsleiter Gewerbliche Immobilienfinanzierung, Berliner Sparkasse, Berlin

Welche Erwartungen haben Sie an die diesjährige Expo Real?

Auch vom hybriden Format erhoffen wir uns, mit vielen Marktteilnehmern in kurzer Zeit in den Austausch zu kommen. Neben den Netzwerken sind besonders das Konferenzangebot und die Vorträge Highlights, die auch den daheim bleibenden Kolleginnen und Kollegen per Stream zur Verfügung stehen sollten.

Welche Erkenntnisse konnten Sie aus den vergangenen Monaten für Ihr Geschäft ziehen?

Der Beratungsbedarf unserer Kundinnen und Kunden ist groß. Wir sind, oft auch im digitalen oder telefonischen Sinne, mit vielen enger aneinandergerückt. Bei unseren Finanzierungen hat sich eine breite Diversifizierung bewährt. Während Hotels, Shopping Malls und größere Einzelhandelszentren von den Corona-Maßnahmen betroffen waren und sind, hat die Logistikbranche zum Beispiel stark zugelegt.

Auch der Büromarkt bleibt attraktiv: Das Zusammenarbeiten vor Ort hat nicht an Wert verloren, viele zieht es inzwischen zumindest teilweise zurück in die Büros und zu den Kollegen.

Gleichzeitig haben digitale Formate und dezentrale Teams aus Sicht vieler die Bewährungsprobe in den vergangenen Monaten gut bestanden - die Mischung zwischen Homeoffice und Arbeiten im Büro wird daher wohl künftig etwas ausgewogener sein.

Es ist aber gut denkbar, dass sich die Effekte - mehr Abstandhalten im Büro und mehr Homeoffice - unter dem Strich in etwa ausgleichen. Zudem dürfte mit dem Trend zum Homeoffice die Nachfrage nach Coworking Spaces steigen, da nicht alle in der eigenen Wohnung die geeigneten Räume haben.

Wie stark wird die digitale Transformation die Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren verändern?

Der Immobilienbranche steht zweifelsohne ein Digitalisierungsschub bevor - Videobesichtigungen sind da nur ein Beispiel unter vielen. Wir haben auch schon vor Corona auf digitale Formate in der Kundenbeziehung gesetzt und sehen uns jetzt darin bestärkt, dies weiter auszubauen.

Unsere Kunden können beispielsweise sämtliche Daten und Dokumente online einreichen. Das Digitale kann auch viele kleinere Anliegen und Absprachen erheblich erleichtern, es ersetzt aber aus unserer Sicht nicht den persönlichen Kontakt, sondern ergänzt ihn nur da, wo es sinnvoll ist.

Welche Regionen und welche Assetklassen werden Sie verstärkt suchen, welche meiden?

Natürlich prüfen wir in den besonders von Corona betroffenen Nutzungsarten wie Hotel, Gastronomie oder Shoppingcenter derzeit noch einmal genauer auf Risiken. In dem Bereich Wohnen, Büro und ganz besonders Logistik hingegen sehen wir in Berlin und seinem unmittelbaren Umland weiterhin ein vielfältiges Potenzial.

Besonders spannend ist die Entwicklung zum Beispiel im Nordwesten in Siemensstadt und rund um den Flughafen Tegel, der bald in neue Zeiten aufbrechen wird. Aber auch die Südostschiene bis zum neuen Hauptstadtflughafen BER lockt Investoren an - nicht zuletzt natürlich Teslas Giga-Factory im brandenburgischen Grünheide.

Es gibt aber auch in anderen Himmelsrichtungen spannende Umland-Hubs. Im Süden Berlins zum Beispiel locken Königs Wusterhausen, Teltow oder Dreilinden. Das sind Gewerbestandorte mit guter Anbindung, teilweise interessanter Mischnutzung und niedrigeren Mieten.

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"Die Assetklasse Wohnen hat an relativer Attraktivität gewonnen"

Kruno Crepulja
CEO, Instone Real Estate Group AG, Essen

Welche Erwartungen haben Sie an die diesjährige Expo Real?

Die Expo Real lebt vor allem vom Netzwerken, direkten Gesprächen und Face-to-Face-Kontakten. Als Hybridveranstaltung wird ein Austausch in dieser Form nur in deutlich reduziertem Umfang stattfinden können. Damit ist für uns eine erfolgreiche Messestandpräsenz leider nicht vorstellbar. Dennoch sehen wir dem neuen Format mit Spannung entgegen. Der Erfolg der Veranstaltung wird sicherlich richtungsgebend sein, inwieweit digitale Messekonzepte in der Immobilienbranche auch zukünftig Berücksichtigung finden können.

Welche Erkenntnisse konnten Sie aus den vergangenen Monaten für Ihr Geschäft ziehen?

Die Corona-Krise und der damit verbundene Lockdown haben zu einem erheblichen Einbruch der Wirtschaftsleistung in Deutschland geführt. Das hatte zwangsläufig auch Auswirkungen auf das Geschäft von Instone. Im zweiten Quartal 2020 waren auch für Instone die Auswirkungen der Pandemie temporär deutlich spürbar. Die Kundennachfragen sowie die Verkaufsgeschwindigkeit waren rückläufig, sodass wir uns auch dazu entschieden haben, den Vertriebsstart von neuen Projekten zu verschieben. Dennoch konnten wir unsere Bautätigkeit bei laufenden Projekten im Wesentlichen unverändert fortsetzen. Bereits seit Ende des zweiten Quartals sind die Nachfrage sowie die Preisentwicklung bei Wohnimmobilien wieder auf beziehungsweise über das Niveau vor Ausbruch der Pandemie gestiegen.

Damit hat sich erneut bestätigt, dass die Assetklasse Wohnen im Vergleich zu den meisten anderen Immobiliensegmenten stabiler und widerstandsfähiger ist und sogar an relativer Attraktivität im Vergleich zu anderen Anlageklassen gewonnen hat. Eine Erkenntnis hat sich für uns auch darin gezeigt, dass digitale Prozesse sowohl im Arbeitsalltag als auch in unserem täglichen Geschäft nicht mehr wegzudenken sind. Die Intensivierung der digitalen Kommunikation mit den Interessenten auf Vertriebsseite hat sich gerade vor dem Hintergrund der Kontaktbeschränkungen als richtig erwiesen. Ebenso kommt es uns zugute, dass Instone schon lange vor der Pandemie auf die notwendige digitale Infrastruktur gesetzt hat, um Mitarbeitern mobiles Arbeiten zu ermöglichen.

Wie stark wird die digitale Transformation die Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren verändern?

Die Digitalisierung wird die Immobilienwirtschaft in den nächsten Jahren merklich verändern. Mehr und mehr Unternehmen wird bewusst, dass Digitalisierung mittlerweile keine lästige Zusatzformel ist, sondern notwendiges Mittel, um im Wettbewerb bestehen zu können. Eine digitale Vorreiterrolle bietet zudem die Chance, Wettbewerbsvorteile zu erreichen beziehungsweise wirtschaftlicher zu arbeiten. Hierfür müssen jedoch verschiedene Anforderungen erfüllt werden.

Erstens müssen Unternehmen die Kollaboration beziehungsweise Vernetzung untereinander stärker fördern. Insofern ist zweitens eine grundsätzlich höhere Transparenz für alle Beteiligten von großem Nutzen. Drittens sollten digitale Lösungen nicht als "Anwendungen" gesehen werden, sondern als Instrument zur Verbesserung von Prozessen. Viertens sollte jede digitale Lösung eine Nutzerfreundlichkeit ("User Experience") mitbringen, die zu einer Akzeptanz beim Benutzer führt.

Alternativ ist es fünftens auch möglich, über kooperative Lösungen mit Start-ups nachzudenken, soweit diese Teilprozesse im Unternehmen sinnvoll abbilden können. Zuletzt ist es in jeder digitalen Lösung erforderlich, die Sicherheit (von Daten) zu gewährleisten.

Welche Regionen und welche Assetklassen werden Sie verstärkt suchen, welche meiden?

Wir sind weiterhin von der positiven Wachstums- und Wertentwicklungsperspektive von Wohnimmobilien überzeugt und fokussieren uns daher wie bisher ausschließlich auf diese Assetklasse in den wichtigsten Ballungs- und Metropolregionen Deutschlands. Mit der geplanten Ergänzung unseres Produktangebots von individuell geplanten maßgeschneiderten Projekten durch seriell geplante standardisierte Produkte in einem niedrigeren Preissegment wollen wir zukünftig insbesondere gut angebundene B-Städte als Zielregionen stärker ins Auge fassen.

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"Hotelimmobilien sind zurück im Fokus der Investoren"

Matthias Leube
CEO, Colliers International Deutschland GmbH, Frankfurt am Main

Welche Erwartungen haben Sie an die diesjährige Expo Real?

Die Expo wird leider nicht wie gewohnt stattfinden und der persönliche Austausch mit vielen nationalen und internationalen Kunden wird hierdurch erschwert. Der Expo-Zeitpunkt hat sich immer auch als Auftaktzeitpunkt für anstehende Verkäufe des gleichen Jahres beziehungsweise Entwicklungen des Folgejahres verstanden. Der Hybrid Summit der Expo Real ist ein angemessener Kompromiss im derzeitigen Umfeld. Es wird möglich sein, im Rahmen des Hybrid Summits Geschäftsideen mit anderen zu teilen - und darauf kommt es im Kern an.

Gleichwohl hoffen sicher alle Repräsentanten der Immobilienwirtschaft, dass wir nächstes Jahr zur gewohnten Messekonstellation zurückkehren können. Allerdings ist zu erwarten, dass der digitale Austausch zwischen Marktteilnehmern zunehmen wird, der physische Austausch bleibt allerdings immer eine essenzielle Komponente.

Welche Erkenntnisse konnten Sie aus den vergangenen Monaten für Ihr Geschäft ziehen?

Unsere digitale Kommunikationsstrategie konnte live getestet werden. Der Austausch mit Kunden und Mitarbeitern hat sehr gut geklappt. Diese Zeit hat sicher Auswirkungen auf unsere Arbeitswelt und wir werden dadurch mindestens fünf Jahre schneller ins digitale Zeitalter katapultiert. Die, die bislang gesagt haben, dass unser Business einzig und allein auf Präsenzmeetings ausgelegt wäre, wurden eines besseren belehrt. Denn wir sehen, dass es geht und auch in dieser Zeit Geschäft möglich war. Wir haben nunmehr unsere digitale Agenda beschleunigt und arbeiten an weiteren Tools und Formaten, um noch besser mit Kunden und Mitarbeitern zusammenarbeiten zu können.

Wie stark wird die digitale Transformation die Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren verändern?

Die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft befindet sich noch immer am Anfang einer großen Transformation. Mit ihr werden sich auch viele weitere Prozesse unseres Geschäfts ändern. Um diese Veränderung weiter mit voller Kraft aktiv zu gestalten und perspektivisch unser Dienstleistungsangebot für Kunden ge-zielt auszubauen, haben wir die Position eines Chief Transformation Officers auf der obersten Führungsebene in Deutschland etabliert.

Welche Regionen und welche Assetklassen werden verstärkt gesucht, welche gemieden?

Anhand unserer wiederkehrenden Befragung von Topentscheidern der Immobilienbranche gleich zu Beginn des Lockdowns im März, nach dem Bekanntwerden erster Lockerungen im April und der wieder anziehenden Wirtschaftsaktivitäten im Juli hatten wir jederzeit einen sehr guten Überblick darüber, was auf den Einkaufszetteln der großen Investoren steht. Im Juli hatten 93 Prozent der befragten Immobilieninvestoren, die zusammen ein Vermögen von über 500 Milliarden Euro AuM repräsentieren, Büroimmobilien in Deutschland weit oben auf ihren Ankaufslisten. Allen Diskussionen um die Zukunft des Homeoffice zum Trotz sind das sogar fünf Prozent mehr als vor der Corona-Krise.

Bemerkenswert ist zudem, dass Hotelimmobilien zurück im Fokus der Investoren sind. Mit einem Zuspruch von 37 Prozent haben sie wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht. Hier erwarten sich offenbar einige Befragte akute Preisabschläge. Das Interesse an Logistik- und Wohnimmobilien bleibt hoch, wenngleich nochmals gestiegene Kaufpreise die Euphorie etwas bremsen. Im Juli hat sich zudem der Markttrend verfestigt, dass Investoren in erster Linie nach stabilen Core-Objekten suchen. 97 Prozent der Befragten wollen bevorzugt in A-Städten investieren. Aber auch B-Städte haben in der Gunst der Anleger einen deutlichen Sprung gemacht. 70 Prozent der Studienteilnehmer wenden sich den deutschen B-Städten zu und erweitern damit ihren Handlungsspielraum. Das sind satte 19 Prozent mehr als vor der Corona-Krise.

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"Neue Trends müssen nicht nur begleitet, sondern antizipiert werden"

Jochen Schenk
Vorsitzender des Vorstands, Real I.S. AG, München

Welche Erwartungen haben Sie an die diesjährige Expo Real?

Angesichts der anhaltenden Covid-19-Pandemie hat sich die Messe München als Veranstalterin richtigerweise dazu entschieden, auf ein großes Branchentreffen zu verzichten. Stattdessen hat sie ein hybrides Format mit überwiegend virtuellen Veranstaltungen entworfen. Das ist ein Experiment. Wir halten der Expo Real auch in schwierigeren Zeiten die Treue und sind auch in diesem Jahr als Aussteller mit dabei.

Unsere physische Präsenz auf der Messe wird allerdings deutlich eingeschränkt sein. Dafür steht Besuchern unseres Messestands ein Ansprechpartner zur Verfügung, der gegebenenfalls ad hoc persönliche Gesprächstermine per Telefon oder Videochat vereinbaren kann. Parallel vereinbaren wir auch bereits im Vorfeld entsprechende Gespräche mit unseren Geschäftspartnern. Auf beides freuen wir uns natürlich, denn der Austausch mit unseren Partnern ist sehr wichtig für uns.

Welche Erkenntnisse konnten Sie aus den vergangenen Monaten für Ihr Geschäft ziehen?

Die fundamentalen Rahmenbedingungen, die in der vergangenen Dekade zur erhöhten Nachfrage nach Immobilieninvestments geführt haben, bleiben bestehen: Die Kombination von niedrigen Zinsen und zu wenig Produkt am Markt ist der entscheidende Faktor. Der langjährige Boom der Büromärkte wird durch die Corona-Krise gedämpft. Dennoch ist der Bürosektor wenig von der Krise betroffen und profitiert von den aktuell sehr geringen Leerständen. Aufgrund des anhaltenden Nachfrageüberhangs bleibt hochwertiger Büroraum in den begehrten Lagen, trotz einer gefüllten Entwicklungspipeline, weiterhin knapp.

Vor der Krise bereits bestehende Trends wie Digitalisierung und Homeoffice setzen sich fort und werden durch die Krise zum Teil verstärkt. Der Zwang zum Homeoffice während des Lockdowns hat die Akzeptanz und Häufigkeit von Homeoffice-Tätigkeit auch dauerhaft erhöht, damit nimmt der Flächenverbrauch pro Mitarbeiter ab. Die starke Expansion von Flexible-Workspace-Anbietern ist aber gestoppt.

Wie stark wird die digitale Transformation die Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren verändern?

Megatrends wie die Digitalisierung oder der gesellschaftliche Wandel verändern nachhaltig die Immobilienbranche. Die Bedürfnisse der Nutzer ändern sich. Gleichzeitig verschwimmen die Grenzen zwischen einzelnen Nutzungsarten zusehends. Das betrifft nicht allein die Immobilien selbst. Um dauerhaft Schritt zu halten, müssen auch Asset und Investment Manager innovativer werden und ihre Strukturen und Prozesse überdenken.

Neue Trends müssen nicht nur begleitet, sondern antizipiert werden. Argumented Reality, Künstliche Intelligenz, Robotics und andere Technologien bieten neue Chancen, die auch unsere Branche verändern. Wer sich den neuen Möglichkeiten gegenüber verschließt, droht den Anschluss an seine Mitbewerber zu verlieren.

Welche Regionen und welche Assetklassen werden Sie verstärkt suchen, welche meiden?

Während Büros in A-Lagen stabil bleiben, wird der Strukturwandel im Einzelhandel durch die Krise verstärkt. Einkaufszentren und Geschäfte mit aperiodischem Bedarf sind besonders kritisch. Das Bild im Bereich Logistik ist geteilt.

Wir sehen Zuwächse im Onlinehandel und Rückgänge in der Industrie. Hotels wiederum sind die am stärksten von der Krise betroffene Nutzungsart, was aber nicht ausschließt, dass diese gerade deshalb aktuell ein lohnendes langfristiges Investment darstellen. Unsere Investitionsschwerpunkte sind weiterhin auf den Immobilienmärkten Deutschland, Europa und Aus tralien.

Wir sind durch die Risikodiversifizierung über Länder und Assetklassen auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten erfolgreich und profitieren dabei insbesondere von der Exper tise unserer Kollegen vor Ort.

Derzeit managen wir mit Standorten in Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden, Frankreich, Spanien und Australien Investments für über 290 institutionelle Investoren sowie für rund 59 000 private Anleger.

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"Die Skepsis gegenüber digitalen Prozessen ist großem Optimismus gewichen"

Christian Schulz-Wulkow
Partner und Leiter Immobiliensektor Deutschland, Österreich und Schweiz, Ernst & Young Real Estate GmbH, Eschborn

Welche Erwartungen haben Sie an die diesjährige Expo Real?

Durch die Corona-Pandemie befinden wir uns nach wie vor in einer Ausnahmesituation, auch wenn schon so etwas wie ein routinierter Umgang damit entstanden ist. Das gilt auch für die Expo Real 2020, die erste Erfahrungen aus Veranstaltungen der letzten Monate berücksichtigen kann. Trotzdem wird die diesjährige hybride Expo ganz anders ablaufen, als wir es kennen.

Wenn wir uns darauf einlassen und es schaffen, im besten Sinne agil damit umzugehen - also ständig aus der Situation heraus zu lernen und uns anzupassen - kann das eine lehrreiche Erfahrung werden, die ganz neue Perspektiven eröffnet. Bei allem Optimismus freuen wir uns aber natürlich auch auf die nächste Expo Real, die dann hoffentlich wieder im gewohnten Rahmen stattfinden kann.

Welche Erkenntnisse konnten Sie aus den vergangenen Monaten für Ihr Geschäft ziehen?

Bemerkenswert war, wie rasch und vergleichsweise reibungslos der Umstieg auf überwiegend digitale Arbeit funktioniert hat. Damit meine ich nicht nur, dass Meetings per Videokonferenz abgehalten wurden. Nachweislich funktionierten auch komplexe Prozesse plötzlich digital. Das gilt nicht nur für uns bei EY Real Estate, sondern für große Teile der Branche. Die vorher noch verbreitete Skepsis gegenüber digitalen Arbeitsprozessen ist einem großen Optimismus gewichen.

Wir wissen jetzt: Auch wir als vermeintlich eher langsame Branche können digital. Das Fundament für weiteren Fortschritt ist gelegt und wird die Immobilienwirtschaft langfristig weiterbringen.

Wie stark wird die digitale Transformation die Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren verändern?

Gemeinsam mit dem ZIA haben wir jüngst unsere inzwischen fünfte Digitalisierungsstudie der Immobilienwirtschaft vorgelegt. Fünf Jahre - das hört sich nach einer langen Zeit an. Der Zeitverlauf eines so tiefgreifenden Megatrends wie der Digitalisierung ähnelt mehr einem Dauerlauf als einem Sprint und wir haben uns gerade erst warmgelaufen. Die meisten Unternehmen beschäftigen sich mittlerweile professionell damit, haben eigene Prozesse aufgesetzt, Unternehmensstrukturen geschaffen sowie technische Infrastrukturen aufgebaut.

Darauf können aktuelle und künftige Technologien aufsetzen, die unsere Branche, ihre Unternehmen und Geschäftsmodelle in heute noch kaum vorstellbarem Maße verändern werden. Die Corona-Pandemie bringt die Immobilienwirtschaft nun an einen Scheideweg: Wer jetzt nicht die richtigen Weichen gestellt hat oder rasch reagiert, der droht abgehängt zu werden. Diejenigen, die mitziehen, werden langfristig profitieren. Den Investitionsbedarf und Transformationsdruck spüren nun auch die verbliebenen Skeptiker.

Welche Regionen und welche Assetklassen werden verstärkt gesucht, welche gemieden?

Es lässt sich noch nicht abschließend bewerten, welche Assetklassen und Regionen profitieren oder verlieren werden, aber es zeigen sich gewisse Tendenzen. Ein Ergebnis unserer Befragung aus dem März ist nach wie vor gültig: Nämlich, dass Wohn- und vor allem auch Logistikimmobilien wohl am unbeschadetsten durch die Krise kommen werden. Ganz anders sieht das bei den Assetklassen aus, die unmittelbar von den Beschränkungen betroffen sind beziehungsweise waren: Hotel- und Einzelhandelsimmobilien.

Auch das einstige Lieblingskind der Investoren, die Büroimmobilie, erlebt einen Wandel. Künftig wird flexibleres Arbeiten wohl insgesamt zu sinkendem Flächenbedarf und zu einem Wandel der Flächenkonzepte führen. Stilles Arbeiten wird im Büro weniger, Kollaboration und Kommunikation dafür mehr Raum einnehmen. Dem müssen Immobilien und Unternehmen Rechnung tragen.

"Das Bauchgefühl der Zukunft heißt Künstliche Intelligenz"

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Herwig Teufelsdorfer
Co-CEO, 21st Real Estate GmbH, Berlin

Welche Erwartungen haben Sie an die diesjährige Expo Real?

Das Corona-Virus bestimmt das aktuelle Umfeld und damit die Regeln für die diesjährige Expo Real. Wir erwarten mit Spannung, wie sich das geänderte hybride Format auf den Konferenzablauf, die Kontakte und den Austausch untereinander in Summe auswirken wird. Es ist gewissermaßen ein Experiment in einer für uns beispiellosen Situation.

Deswegen gehen wir ehrlicherweise auch ohne spezielle Erwartungen auf die Expo Real. Wir lassen uns sozusagen überraschen. Es überwiegt die Neugier darauf, wie der Ablauf sein und welche Erfahrungen man machen wird. Allein der Umstand, dass die Messe stattfindet, ist aus unserer Sicht schon als Erfolg zu werten.

Welche Erkenntnisse konnten Sie aus den vergangenen Monaten für Ihr Geschäft ziehen?

Als digitales Proptech fiel uns die Verlagerung unserer Arbeit vom Büro ins Homeoffice aus technischer Sicht vergleichsweise leicht. Die Arbeit aus dem Homeoffice ist eine gute Sache. Sie legt aber gnadenlos etwaige Mängel in der Führungskultur im Unternehmen offen und erfordert eine bessere Organisation der gemeinsamen Zeit im Büro.

Wir konnten zudem beobachten, dass auch der Vertrieb durch die Corona-bedingte Forcierung der Digitalisierung effektiver wird. Außerdem haben wir gewisse Dogmen über den Haufen geworfen und Selbstverständlichkeiten infrage gestellt und damit auch Grenzen verschoben und erweitert.

Wie stark wird die digitale Transformation die Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren verändern?

Die einen müssen noch den ganzen Wald umsägen und haben dadurch keine Zeit ihre Sägen zu schärfen, die anderen schärfen ihr Werkzeug und ziehen bald weiter zum nächsten Wald. Insbesondere repetitive Arbeiten, die nicht unmittelbar die Expertise der Mitarbeiter erfordern, werden durch digitale Lösungen ersetzt werden.

Entscheidungen werden zukünftig mehr und mehr auf Basis Machine-Learning-gestützter Informationen und Prozesse vorbereitet. Ich bin überzeugt, dass das Bauchgefühl der Zukunft Künstliche Intelligenz heißt.

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