PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

FRAGE AN CARMEN FRIEDRICH: KÖNNEN PFANDBRIEFBANKEN ZUM MOTOR DER NACHHALTIGKEIT WERDEN?

Dr. Carmen Friedrich, Foto: privat

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie werden verschiedene Szenarien entwickelt, wie unser neuer Alltag aussehen könnte. Die Bandbreite reicht dabei von negativ (jeder gegen jeden und weiter zulasten der Umwelt) bis positiv (achtsame Glokalisierung und Nachhaltigkeit). Wenn es gelingt, alte Zöpfe abzuschneiden, neue Ideen zu entwickeln, weiter zusammenzuhalten und mutig zu agieren, können die positiven Szenarien Wirklichkeit werden. Dabei ist es wichtig, dass jeder seinen Beitrag leistet und primär zum Wohle der anderen agiert. Dies gilt nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für Unternehmen wie die Pfandbriefbanken. Letztere sind bereits auf einem guten Weg. Aber wie können die Pfandbriefbanken zur treibenden Kraft werden?

Effizienzhaus Plus - das beste Pfand

Ziel der Bundesregierung ist, im Jahr 2050 bei den Gebäuden "weitgehend klimaneutral" zu sein. Dies kann nur erfüllt werden, wenn der energieeffizienteste Haustyp einen ganz besonderen Aufschwung erfährt. Gemeint ist das Effizienzhaus Plus: Es gewinnt mehr Energie aus erneuerbaren Quellen als seine Bewohner und das Gebäude selbst verbrauchen. Dieser Haustyp erfüllt bereits heute alle gesetzlichen Anforderungen, er wird durch Sachverständige zertifiziert und ist auf dem Wohn- und Gewerbeimmobilienmarkt präsent. Dabei soll der Aufschwung nicht nur die Neubauten, sondern insbesondere auch die Umgestaltung des Bestandes betreffen. Die zwecks Finanzierung für Kreditinstitute erforderliche Bestimmung des Verkehrswertes ist in der ImmoWertV bei Einbeziehung der beiden Studien des Hypzert e.V. geregelt. Damit ist dieser Haustyp als Sicherheit für Kredite, die durch Pfandbriefe refinanziert werden, das beste Pfand.

Der zweite Aspekt zur Beantwortung der Frage nach dem Motor betrifft die Finanzen. In Anbetracht der Zertifizierungsmöglichkeit dieses Haustyps entfallen die zusätzlichen Kosten der Kreditinstitute für die Datenbeschaffung und Auswertung. Gleichermaßen tritt die Forderung an die Bankenaufsicht nach Einsparungen des regulatorischen Eigenkapitals in den Hintergrund. Um die Anzahl der Effizienzhäuser Plus auf dem Markt rapide anwachsen zu lassen, bedarf es einer Finanzierung mit für den Investor interessanten Konditionen. Möglich und attraktiv wäre ein Sollzinssatz in Höhe von knapp Null Prozent per annum samt leicht negativem, effektivem Jahreszins für 60 Prozent Auslauf. Dies könnte für den Neubau und für den Umbau zu einem Effizienzhaus Plus gelten. Konditionen für Darlehensteile über 60 Prozent des Auslaufes könnten beliebig - jedoch maßvoll - gestaltet werden. Die Zinsfestschreibung sollte lang sein.

Pfandbriefe, die die Kreditinstitute in dem Zusammenhang emittieren würden, hätten negative Zinssätze. Damit würden Zinsen - anders als bisher - von den Anlegern an die Kreditinstitute entrichtet. Anleger werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit finden, da die Pfandbriefrenditen seit Ende 2018 im Durchschnitt kontinuierlich fallen und das Effizienzhaus Plus die attraktivste Sicherheit darstellt. Zusätzlich mit einer entsprechenden staatlichen Ausfallbürgschaft versehen, wären diese Pfandbriefe für Investoren absolut sicher.

Akteure sollten Zukunftsbeitrag leisten

Bei der Gestaltung unserer neuen Zukunft ist es aber nicht der richtige Weg, wenn man die überschüssigen Kosten oder sogar Ausschüttungen an Anteilseigner auf den Staat oder die EU abwälzen würde. Deshalb stellt der Eigenbeitrag der Akteure an diesem Geschäft den dritten Aspekt zur Beantwortung der Ausgangsfrage dar.

Grundsätzlich geht es darum, dass die Pfandbriefe erfolgreich platziert werden. Ein niedriger Spread (etwa Null Prozent Kredit minus Zinssatz Pfandbrief) könnte dabei hilfreich sein. Andererseits ist es für Kreditinstitute nicht sinnvoll, einen eventuell unzureichenden Ertrag hieraus mit Erträgen aus anderen Geschäftsfeldern kompensieren zu wollen. Jedes Kreditinstitut könnte deshalb für sich ausloten, wie der Spread zu wählen ist, damit die erwirtschafteten Mittel lediglich die Kosten aus solchen Geschäften - also aus den relevanten Finanzierungen einschließlich der nachrangigen Teile und Refinanzierung - decken. Insbesondere für den Fall, dass öffentliche Mittel beansprucht werden, empfiehlt es sich, keine Ausschüttung an die Anteilseigner aus diesen Geschäften vorzunehmen. Hierfür ist eine Offenlegung der mit dem Geschäft verbundenen Kosten und Erträge nötig. Entsprechende Daten liegen bereits mit der Einführung der Produkte den Entscheidungsgremien der Kreditinstitute vor und können ohne Weiteres laufend aktualisiert werden. Somit würden Ausschüttungen lediglich aus den restlichen, nicht mit der Finanzierung von Plusenergie Häusern zusammenhängenden Erträgen erfolgen.

Pfandbriefbanken und deren Anteilseigner würden auf diesem Wege einen wesentlichen Beitrag zum schnellen Wachstum von Plusenergie Häusern und damit zum Erreichen der Klimaneutralität bei Gebäuden beitragen. Erfolgt dies im großen Stil, kann man in der Tat von einem Motor für nachhaltige Entwicklung sprechen. Um ein vollständiges Konzept zu erhalten, bedarf es weiterer Überlegungen in Hinblick auf die Baukosten, Kosten von Grund und Boden, Förderung von Kreditnehmern sowie zu Anreizen für die Akteure, die jetzt über einen längeren Zeitraum die eigenen Interessen zu Gunsten der Nachhaltigkeit hintanstellen.

Das Fußnoten- und Literaturverzeichnis zu diesem Beitag kann auf der Homepage von "Immobilien & Finanzierung" unter Eingabe von Titel und/oder Autorenname abgerufen werden: www.immobilien-und-finanzierung.com

DIE AUTORIN DR. CARMEN FRIEDRICH Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Professur Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre, Technische Universität Chemnitz
Dr. Carmen Friedrich , Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre, Technische Universität Chemnitz
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