INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

FRAGE AN ROBERT GUZIALOWSKI: STELLT DIE CORONA-KRISE EINE ZÄSUR FÜR IMMOBILEN-SPEZIALFONDS DAR?

Robert Guzialowski, Foto: Hauck & Aufhäuser

Bis zum Ausbruch der Corona-Krise lief es für Betreiber und Investoren von Immobilien-Spezialfonds äußerst positiv. Über eine Dekade lang kannte die Immobilienfondsbranche nur eine Richtung und verzeichnete stetiges Wachstum. Bei den Wirtschaftsimmobilien gipfelte diese lange Wachstumsphase 2019 mit 72,6 Milliarden Euro Investitionsvolumen im bis dato höchsten je dokumentierten Wert. Der Wohnsektor blieb bei den Investoren ebenfalls begehrt. Der stetige Nachfrageüberhang im Wohnimmobilienmarkt führte zu einem Preisanstieg von 9,5 Prozent im vergangenen Jahr. Lediglich bei Einzelhandelsimmobilien war das zweite Jahr in Folge eine Verringerung des Transaktionsvolumens zu beobachten. Hintergrund ist das weiterhin starke Wachstum der E-Commerce-Branche. Eine Ausnahme bildet der Food-Sektor, der von einer E-Commerce-Resilienz profitiert.

Schwerpunkt auf einzelne Segmente

Die Frage ist nun, ob die Corona-Krise für den Immobilienmarkt eine kurz- oder auch langfristige Zäsur dieser langen Wachstumsphase darstellt und welche Implikationen sich daraus für Immobilien-Spezialfonds ergeben. Um das beurteilen zu können, ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Denn spätestens seit der Finanz krise 2008 konzentrieren sich Immobilien-Spezialfonds regelmäßig auf einzelne Immobiliensegmente anstatt breit gestreut zu investieren. Entsprechend abhängig ist ihre Wertentwicklung von der Krisenfestigkeit des jeweiligen Segments.

Am schnellsten von der Corona-Krise erfasst wurden Hotelimmobilien. Ausgangsund Reisebeschränkungen führten unmittelbar zu einem massiven Einbruch der Hotelübernachtungen und zu entsprechenden Mietausfällen. Insolvenzen der Pächter drohen, weshalb eine Konsolidierung des Marktes nicht unwahrscheinlich ist - mit entsprechenden Konsequenzen für Hotelinvestoren. So sehen sich die Betreiber von Immobilien-Spezialfonds zunehmend mit Anfragen von Mietstundungen oder Mietverhandlungen konfrontiert. Dies könnte zu Umsatzeinbußen für Hotelimmobilien-Spezialfonds führen. Wie stark die Infektion des Hotelmarktes durch das Corona-Virus sein wird, hängt davon ab, wie schnell die Rückkehr zur Normalität gelingt.

Von einer Erholung ist im Einzelhandel, soweit es den Nicht-Lebensmittelbereich betrifft, dagegen nicht unbedingt auszugehen. Dieses Immobiliensegment hatte es bereits vor der Corona-Krise nicht leicht. Schließlich leidet der Einzelhandel bereits seit Jahren unter einem veränderten Konsumverhalten. Jetzt ist denkbar, dass sich dieser strukturelle Wandel durch die Corona-Pandemie beschleunigt. Das könnte eine steigende Zahl von Insolvenzen und Ladenschließungen bedeuten. Die Folge wären erhöhte Leerstände und möglicherweise eine deutliche Korrektur bei den Mieten und Preisen. Die Auswirkungen auf Immobilien-Spezialfonds könnten hier deshalb womöglich nicht nur temporär sein.

Weitere Nutzungsarten wie Büro, Logistik, und Wohnen haben zunächst dasselbe Problem wie die anderen Immobilienobjekte. Einer Blitzumfrage von Engel & Völkers Investment Consulting unter rund 100 Investoren zufolge pausierten zu Anfang der Corona-Krise 43 Prozent aller Transaktionen, zehn Prozent wurden sogar abgebrochen. Trotz der spürbaren Auswirkungen und der ungewissen Aussichten für die nähere Zukunft werden sich Büro-, Logistik- und Wohnimmobilien aller Voraussicht nach aber relativ schnell von der Corona-Krise erholen. Für Immobilien-Spezialfonds mit entsprechendem Fokus sollten die Folgen daher überschaubar bleiben.

Gerade für die Segmente Logistik und Wohnen sind die langfristigen Prognosen eher positiv. Im Logistikbereich sollte die Nachfrage vor allem durch die Zunahme des Onlinehandels, wie auch durch den sich abzeichnenden Trend zur Regionalisierung von Lieferketten ("Deglobalisierung") weiter steigen. Im Segment der Wohnimmobilien ist die Mietnachfrage vielerorts sehr stabil; hier könnte zudem ein wachsendes Interesse sicherheitsorientierter Investoren trotz vergleichsweiser geringer Renditen zu weiteren Preissteigerungen führen.

Hoffnungsträger Logistik und Wohnen

Bei Büroimmobilien zeichnet sich ein gemischteres Bild ab. Fraglich erscheint derzeit, inwieweit die Corona-induzierte massenhafte Umstellung auf Homeoffice die Arbeitsabläufe nachhaltig verändern und zu einem Umdenken bei den Unternehmen führen wird. Tatsächlich ist im Bürosektor ein gewisser Einbruch der Flächennachfrage zu erwarten - Stichwort "Desk Sharing". Angesichts der aktuell geringen Leerstandsquote sollte dies zunächst keine massiven Preiskorrekturen zur Folge haben. Mit Blick auf die hohen Fertigungszahlen von Büroimmobilien im Jahr 2021 könnte sich mittel- bis langfristig allerdings durchaus ein anderes Bild ergeben.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Performance einzelner Immobilien-Spezialfonds je nach Anlagesegment möglicherweise unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie leiden wird. Insgesamt ist zwar zu erwarten, dass Immobilieninvestments weiter stark nachgefragt werden und eine echte Zäsur am Immobilienmarkt ausbleibt. Denn ein Ende der Niedrigzinsphase ist nach Corona in noch weitere Ferne gerückt. Doch wird die Auswahl des Anlagesegments bei Immobilien-Spezialfonds in Zukunft eine noch entscheidendere Rolle spielen. Insbesondere Segmente, die bereits vor Corona Schwächen offenbart haben, dürften schwierige Zeiten bevorstehen. Gefragt sein werden vor allem kurz- bis mittelfristig Immobiliensegmente, die sich als krisenfest erwiesen haben. Sie werden maßgeblich dazu beitragen, dass Immobilien-Spezialfonds in Summe gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen werden.

DER AUTOR ROBERT GUZIALOWSKI Leiter Real Assets Deutschland, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG, Frankfurt am Main
Robert Guzialowski , Leiter Real Assets Deutschland, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG, Frankfurt am Main
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