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FUNKTIONSWEISE UND ERFOLGSFAKTOREN VON BANKENKONSORTIEN IM RAHMEN DER GEWERBLICHEN IMMOBILIENFINANZIERUNG

Dr. Christian Herweg, Foto: Hogan Lovells

In Zeiten eines sehr weit fortgeschrittenen Immobilienzyklus gepaart mit immer weiter steigenden regulatorischen Anforderungen gewinnt für Fremdkapitalgeber fast zwangsläufig das Thema Syndizierung beziehungsweise Konsortialfinanzierung an Relevanz. Der vorliegende Beitrag erörtert die Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren dieses im Kontext der gewerblichen Immobilienfinanzierung mitunter noch immer unterschätzten Werkzeugs. Insbesondere gehen die Autoren dabei auch auf die Rolle der für das Gelingen unverzichtbaren Akteure Mandated Lead Arranger, Agent (Konsortialführer) und Security Agent (Sicherheitentreuhänder) ein. Red.

Die Immobilienbranche erlebt wieder einmal bewegte Zeiten. Auch der Immobiliensektor blieb von der Pandemie nicht verschont, jedoch traf es die Branche insgesamt bislang weniger massiv als zu Beginn der Krise befürchtet. Allerdings ist deutlich zwischen einzelnen Assetklassen zu unterscheiden: Schwierig gestaltet sich die Lage im Retail-Bereich und in der Hotelbranche, jedoch blieb der starke Preisverfall bislang aus. Stark an gezogen während der Pandemie haben die Preise für Wohnimmobilien und auch der Logistikbereich profitiert durch die Verschiebung des Einzelhandelsumsatzes vom stationären Handel zum Onlinehandel.

Für Büroimmobilien blieb die Marktsituation, zumindest in guten Lagen, trotz des verstärkten Trends zum Homeoffice insgesamt stabil. Der Leerstand ist nach wie vor gering, Neubauprojekte haben einen neuen Rekordwert erreicht. Entsprechend verwundert es nicht, dass in der bayerischen Landeshauptstadt nach den "Highlight Towers" und dem "Mediaworks"-Komplex auch das sogenannte "Uptown-Quartier" den Eigentümer wechselte. Letzteres ist insbesondere durch den "O2-Tower" bekannt, dem größten Hochhaus in Bayern und das weit sichtbare Zentrum eines der begehrtesten Bürostandorte in München.

Eine spezielle Form der Darlehensgewährung

Derartig großvolumige Immobilientransaktionen - für das "Uptown-Quartier" wurde ein Kaufpreis von mehr als 600 Millionen Euro gezahlt - sind immer auch fremdfinanziert, wobei hier regelmäßig nicht nur ein Kreditgeber beteiligt ist, sondern - je nach Größenordnung - eine ganze Reihe von Finanzdienstleistern an der Finanzierung mitwirken. So erfolgte die Finanzierung des "Uptown-Quartiers" durch ein Bankenkonsortium bestehend aus Deutsche Pfandbriefbank, Bayern-LB und Dekabank. Der folgende Beitrag richtet seinen Blick auf die Funktionsweise eines solchen Konsortialkredits, wie er in der gewerblichen Immobilienfinanzierung regelmäßig vorkommt.

Der Konsortialkredit ist eine spezielle Form der Darlehensgewährung, bei der sich mehrere Darlehensgeber, meist Banken, zusammenschließen, um dem Darlehensnehmer einen großvolumigen Kredit gewähren zu können. Im Bereich der Immobilienfinanzierung kann ein Konsortium für die Darlehensgewährung beispielweise notwendig sein, weil ein ganzes Portfolio finanziert werden soll oder weil ein einzelnes Objekt sich in so exponierter Lage befindet, dass die benötigte Darlehenssumme von einer Bank allein nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen aufgebracht werden kann.

Regulatorische Restriktionen zur Vermeidung von Klumpenrisiken

So schreibt das Bankaufsichtsrecht gewisse Grenzen für die Vergabe von Großkrediten vor. Gemäß der EU-weit geltenden Kapitaladäquanzverordnung ("Capital Requirements Regulation - CRR"; Verordnung (EU) Nummer 575/2013) spricht man von einem Großkredit, wenn Kredite an einen Bankkunden oder einer Gruppe verbundener Kunden insgesamt 10 Prozent des Kernkapitals eines Kreditinstituts erreichen oder übersteigen (Artikel 392 CRR). Aufgrund des hohen Klumpenrisikos, das ein solcher Großkredit birgt, schreibt Artikel 395 CRR vor, dass ein Großkredit an einen Kunden oder eine Gruppe verbundener Kunden den Wert von 25 Prozent des Kernkapitals des jeweiligen Kreditinstituts nicht überschreiten darf.

Zwar gelten insbesondere für deutsche Pfandbriefbanken auf Basis der "Verordnung zur Ergänzung der Großkreditvorschriften nach der Verordnung (EU) Nummer 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 und zur Ergänzung der Millionenkreditvorschriften nach dem Kreditwesengesetz - GroMiKV" bestimmte Ausnahmen, da unter anderem voll gedeckte Schuldverschreibungen wie Pfandbriefe nicht auf Großkredite angerechnet werden.

Nichtsdestotrotz haben die Banken ab einem bestimmten Kreditvolumen ein großes Interesse daran, weitere Banken mit einzubinden um das Risiko des Kreditausfalls zu streuen. Die Risikostreuung bewirkt, dass etwaige Verluste nicht nur einen einzigen Kreditgeber treffen, sondern sich zwischen den beteiligten Parteien in der Weise verteilen, dass bei einem tatsächlichen Ausfall keiner der Kreditgeber selbst in wirtschaftliche Probleme gerät. Gerade bei Banken, deren Hauptgeschäft die Immobilienfinanzierung ist, beschränkt sich die grundsätzlich wünschenswerte Diversifikation nur auf einzelne Kredite und nicht auch auf unterschiedliche Branchen. Rühren die Forderungen aber im Wesentlichen oder sogar ausschließlich aus Immobilienfinanzierungen, ist es umso wichtiger, das Risiko eines Kreditausfalls zu streuen.

Gleichzeitig hat der Zusammenschluss auch Einschränkungen für die beteiligten Banken zur Folge. Alle wesentlichen Entscheidungen treffen die Darlehensgeber einstimmig. Dazu gehören beispielsweise Änderungen zur Verringerung der Zinsmarge oder Zahlungsverzichte, Verschiebungen jeglicher Zahlungstermine, Währungsänderungen und Krediterhöhungen.

Club Deal versus Syndizierung

Doch auch bei anderen Themen kann ein Darlehensgeber grundsätzlich nicht allein eine Entscheidung treffen, sondern ist auf die Mitwirkung anderer Darlehensgeber angewiesen, sodass regelmäßig mindestens eine Zweidrittelmehrheit gegeben sein muss. Dies wird beispielsweise für die Feststellung verlangt, ob ein Kündigungsgrund vorliegt und dieser auch ausgeübt werden soll, oder ob und wenn ja welche Sicherheiten verwertet werden sollen.

Grundsätzlich sind zwei verschiedene Arten der Konsortialfinanzierung zu unterscheiden: Sind von Beginn an mehrere Darlehensgeber beteiligt, so spricht man von einem "Club Deal". Treten nach erster Auszahlung des Darlehens erst weitere Kreditinstitute hinzu, stellt dies eine sogenannte Syndizierung dar. Neben den Dalehensgebern, welche die Gelder bereitstellen, spielen der Mandated Lead Arranger, der Agent (Konsortialführer) und der Security Agent (Sicherheitentreuhänder) eine entscheidende Rolle. Häufig übt eine der beteiligten Bank neben ihrer Funktion als einer der Darlehensgeber auch diese Rollen aus.

Dem Mandated Lead Arranger kommt im Wesentlichen die Aufgabe zu, ganz zu Beginn der Transaktion den Deal zu strukturieren und die Kernpunkte mit dem Bankkunden zu verhandeln. Soll das Darlehen in Form eines Club Deals gewährt werden, stellt der Mandated Lead Arranger das Bankenkonsortium zusammen und verhandelt mit den künftigen Konsorten die wesentlichen Inhalte und Geschäftsbeziehungen zwischen den einzelnen Darlehensgebern. Auch um eine schon zu Beginn der Strukturierung beabsichtigte spätere Syndizierung nach Unterzeichnung der Finanzierungsdokumente kümmert sich der Mandated Lead Arranger, indem er Kreditinstituten, Fonds und sonstigen Finanzierern anbietet, sich als Kreditgeber an dem Darlehen zu beteiligen.

Ermöglichung komplexer und großvolumiger Transaktionen

Dagegen ist es Hauptaufgabe des Agent, nach erster Auszahlung des Darlehens dieses zu verwalten und Ansprechpartner aller Beteiligter für alle Fragen in Zusammenhang mit dem Darlehensverhältnis zu sein. Dem Sicherheitentreuhänder kommt die Funktion zu, die Sicherheiten (hier seien insbesondere die Grundschuld, das abstrakte Schuldversprechen sowie die Abtretung von Mietforderungen genannt) für die Finanzierungsparteien zu halten, zu verwalten und unter bestimmten Voraussetzungen zu verwerten.

Bankenkonsortien leisten insgesamt einen wichtigen Beitrag zur Ermöglichung komplexer, großvolumiger Immobilientransaktionen. Zugleich verteilen sie Risiken auf mehrere Beteiligte und verringern damit systemische Risiken. Bankenkonsortien werden daher auch in der Zukunft das Bild der Immobilienfinanzierung prägen.

Dr. Christian Herweg , Partner, Rechtsanwalt , Hogan Lovells International LLP
Katharina Kranzfelder , Senior Associate, Rechtsanwältin , Hogan Lovells International LLP

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