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GRI 207: TAX 2019 - MEILENSTEIN FÜR DAS NACHHALTIGKEITSREPORTING IM STEUERRECHT

Dr. Leila Momen, Foto: privat

Das Thema "Nachhaltigkeit" hat auch die Steuerwelt erreicht. Bereits in dem OECD-Projekt "Base Erosion and Profit Shifting" (BEPS), das mit dem Ziel initiiert wurde, gegen den schädlichen Steuerwettbewerb der Staaten und aggressive Steuerplanungen sowie der damit verfolgten Minimierung der Steuerlast international tätiger Konzerne vorzugehen, könnte man einen ersten Meilenstein für die Bereiche "Nachhaltigkeit", "Transparenz" und "Steuern" erkennen.

Der Begriff der Nachhaltigkeit beinhaltet ein ganzheitliches Verständnis von ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten. Die Kombination dieser Aspekte wird auch als ESG ("Environmental, Social, Governance") propagiert. Nachhaltigkeit im steuerlichen Bereich beruht dabei auf der Erkenntnis, dass Steuern ein wichtiger Schlüsselmechanismus sind: zum Erhalt der makroökonomischen Stabilität der Volkswirtschaften zum Beitrag der Unternehmen an die Gesellschaft und als Ausgleich für die Inanspruchnahme von Ressourcen, Infrastruktur, Dienstleistungen, Arbeitskraft und Verwaltung sowie zur Erreichung der 17 Sustainable Development Goals der UN.

Durch die jüngste Ergänzung der Standards der Global Reporting Initiative (GRI) mit dem "GRI 207: Tax 2019" wurde die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch auf den steuerlichen Bereich ausgeweitet. Erste Ansätze zu einem nachhaltigen Reporting finden sich wiederum in dem 2015 veröffentlichten BEPS-Aktionsplan, der Offenlegungspflichten im Rahmen des Country-by-Country-Reportings beinhaltet und in EU-Richtlinien, wie etwa in der DAC 6.

Diese Offenlegungs- und Meldepflichten stellen den Bezug zur Nachhaltigkeit allerdings noch nicht klar in den Fokus und stellen zudem auf das Verhältnis zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden beziehungsweise den Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden ab. Es handelt sich nicht um Offenlegungspflichten gegenüber einem größeren Adressatenkreis, der auch die Öffentlichkeit und diverse Interessensgruppen und Stakeholder involviert. Den klaren Bezug zu Nachhaltigkeit, Transparenz und Steuern sowie den größeren Adressatenkreis greift nun der "GRI 207: Tax 2019" auf, der am 5. Dezember 2019 veröffentlicht wurde, auf Berichte anwendbar ist, die am oder nach dem 1. Januar 2021 veröffentlicht werden und erstmals internationale Anforderungen an das Nachhaltigkeitsreporting im Steuerrecht aufstellt.

Wesentliche Berichtsbestandteile sind Informationen zum strategischen Managementansatz betreffend Steuern, Tax Governance und Management von steuerlichen Risiken sowie zum Umgang mit Stakeholdern und deren steuerlichen Bedenken. Hier sind zum Beispiel folgende Fragen von den Unternehmen zu beantworten: Wie ist die weltweite Steuerstrategie im Kontext der Nachhaltigkeitsstrategie definiert? Gibt es ein weltweites Tax-Compliance-Management-System, wie ist es dokumentiert und wie wird es gelebt? Wie werden Steuerrisiken (finanziell und reputierlich) identifiziert und überwacht? Wie werden die Interessen von Stakeholdern berücksichtigt und wie ist die Zusammenarbeit mit Steuerbehörden? Zum anderen muss der Tax-Standard auch Informationen aufbereiten, die im Wesentlichen das Country-By-Country-Reporting umfassen.

Reporting zu steuerlichen Themen in vier Regelungsbereichen (Disclosures) Quelle: PwC

Der Tax-Standard GRI 207: Tax 2019 soll eine offenere Kultur mit Blick auf die Steuerpraktiken eines Unternehmens vermitteln. Unternehmen sollen durch Anwendung des neuen GRI-Standards in die Lage versetzt werden, transparent und ausgewogen über ihre Steuerstrategie und ihre Steuerpolitik gegenüber Interessensgruppen und der Öffentlichkeit zu berichten. Denn Steuertransparenz soll eine nachhaltige Steuerpraxis von Unternehmen fördern. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass Transparenz Unternehmen in ihrer Geschäftspolitik beeinflussen kann und damit ein Wegbereiter für die materielle Nachhaltigkeit wird.

Unternehmen werden sich bezüglich ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung im steuerlichen Bereich auch untereinander messen lassen müssen. Da der Standard selbst keine Vorgaben gibt, wie eine nachhaltige Steuerstrategie ausgestaltet werden soll, muss das Unternehmen seine eigene, individuelle und in seiner Geschäftspolitik tatsächlich durchsetzbare Antwort auf diese Frage finden. Der neue Standard ist somit ein Einstieg in eine umfassende Diskussion des Zusammenhangs von Steuern und Nachhaltigkeit. Auch Unternehmen der Immobilienbranche werden sich damit im Rahmen ihrer ESG-Gesamtstrategie auseinandersetzen müssen.

Literatur

Schnitger/Holle/Kockrow: Steuern und Nachhaltigkeit - Berichterstattung nach der Global Reporting Initiative (Teil 1), DStR 2020, 1456.

DIE AUTORIN DR. LEILA MOMEN Senior Managerin Real Estate Tax & Legal, PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln
Dr. Leila Momen , Senior Managerin Real Estate Tax & Legal , PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln

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